Bürgerbegehren startet: Schuberts Pläne für das Klinikum sorgen für Skepsis
Die Debatte um die Entlohnung am städtischen Krankenhaus geht weiter: Der Chef des Hauses zeigt sich skeptisch - allerdings aus anderen Gründen als die Initiatoren des Bürgerbehrens für bessere Arbeitsbedingungen in dem Unternehmen.
Potsdam - In der Diskussion um die von der Mehrheit der Stadtpolitik geforderte Rückkehr des städtischen Ernst-von-Bergmann-Klinikums in den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) hat sich dessen Chef Steffen Grebner skeptisch gezeigt, ob das für sein Haus wirklich auch finanzierbar ist. „Ich kann nur das ausgeben, was ich auch einnehme“, sagte der Geschäftsführer am Montag den PNN. Und leider beteilige sich das Land Brandenburg noch viel zu wenig an den Investitionskosten des Hauses, die daher selbst getragen werden müssten.
Klinikum setzt auf mehr Auszubildende und will mehr Landeshilfe
Anlass für die PNN-Nachfragen war ein Termin, bei dem Grebner eine Ausbildungsoffensive verkündete – mit 160 Azubis bilde man so viele junge Leute aus wie noch nie, diesen zahle man auch „TVöD-konform“. Mehr noch: Man habe die Ausweitung der Kapazitäten beantragt, auch um – bundesweite – Versäumnisse der vergangenen Jahre bei der Nachwuchsgewinnung auszugleichen. Grebner machte dabei aber deutlich, dass gerade beim Fachkräftemangel und der deswegen nötigen Personalgewinnung das Thema tarifgerechter Bezahlung eher zweitrangig sei – im benachbarten Berlin zahlten manche Konkurrenzkrankenhäuser inzwischen auch TVöD. Deswegen seien dorthin aber nicht mehr Mitarbeiter gewechselt. Ferner bekämen die Berliner Krankenhäuser mehr finanzielle Unterstützung von der Senatsverwaltung. Auf solche Hilfe hoffe man auch in Brandenburg – ob das komme, werde man nach der Bildung einer neuen Landesregierung wissen, so Grebner.
Zugleich betonte er mehrfach die Anstrengungen des eigenen Hauses zur Gewinnung ausländischer Fachkräfte, hier ist das Klinikum insbesondere in der Ukraine aktiv: Im einheimischen Markt werde man schlicht nicht mehr genug Personal finden, so der Klinikum-Geschäftsführer. Leasing-Kräfte, die zum Teil im Klinikum schon arbeiten, seien keine dauerhafte Lösung – zumal sie auch weniger Nachtdienste absolvieren müssen als die fest angestellten Kollegen, wie es hieß. Allerdings hielt sich Grebner mit einer generellen Kritik an der Rückkehr in den TVöD zurück.
Sondersitzung am Mittwoch
Wie berichtet wollen die Stadtverordneten am Mittwoch bei einer Sondersitzung über die bessere Bezahlung entscheiden und Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) ein Mandat für weitere Verhandlungen geben. Eine Zustimmung gilt, auch angesichts des neuen rot-grün-roten Rathausbündnisses, als sicher. Allerdings würde die TVöD-Rückkehr das Ergebnis des Klinikums belasten, allein für die in Potsdam ansässigen Teile des Gesamtkonzerns geht es insgesamt um etwa neun Millionen Euro Zusatzkosten pro Jahr. Notfalls hat Schubert nach PNN-Informationen bereits Hilfen aus dem Stadthaushalt in Aussicht gestellt – allerdings unter der Maßgabe, dass an anderer Stelle dann auch eingespart werden muss.
Bürgerbegehren ab Mittwoch
Unterdessen soll am Mittwoch das schon länger angekündigte und nun zweigeteilte Bürgerbegehren zum Klinikum starten – und zwar ab 15 Uhr vor dem Stadthaus. Am Donnerstagmorgen wolle man dann vor dem Klinikum Unterschriften sammeln, erklärte am Montag der Initiator Jörg Kwapis von der Initiative „Gesund Zukunft“. Beim Bürgerbegehren können die Potsdamer gleich zwei Forderungen unterschreiben. Einmal soll es demnach einen Personalbesetzungs- und Entlastungsplan geben, der Mindestvorgaben für die Personalbesetzung regeln soll – und in dem festgeschrieben ist, dass bei zu wenig Mitarbeitern auch die Belegung reduziert wird. Häufige Überlastungssituationen würden auch Patienten gefährden, so die Initiatoren. Die Stadt hatte erklärt, es bestehe ein „adäquates Verhältnis“ von examinierten Pflegekräften und aufgestellten Betten. Die Pflegekräfte würden darüber hinaus etwa durch Pflegehelfer oder Servicekräfte unterstützt, so die Stadt. Gleichwohl hatten Mitarbeiter des Klinikums mehrfach – auch bei Demonstrationen – über Überlastung geklagt.
Darüber hinaus soll das Bürgerbegehren aber auch für eine „faire Bezahlung“ am Klinikum sorgen, eben für die Rückkehr zum TVöD bis zum 1. Juni 2020 – hier war das Klinikum zusammen mit anderen ostdeutschen Krankenhäusern 2006 ausgeschert, vor allem wegen unterschiedlicher Leistungsentgelte in Ost und West. Eine höhere Bezahlung sei mit Blick auf die späteren Rentenansprüche nötig, so Kwapis. Ebenso gehe es um Fachkräftebindung, auch Reinigungs- oder Patiententransportkräfte seien viel zu gering entlohnt. Skeptisch äußerte man sich zu der Vorlage, über die die Stadtverordneten am Mittwoch entscheiden soll – in dieser ist nur von einer stufenweisen Umsetzung die Rede. Doch es fehle eine „eine konkrete Terminsetzung, bis wann eine TVöD-gerechte Bezahlung erfolgen“ soll. Insofern fürchte man, dass weiter eine Strategie des Verzögerns und Vorenthaltens betrieben werden, selbst von „einer Mogelpackung und erneuten Betrug an Mitarbeitern“ war die Rede. Grebner hingegen sagte, „schon jetzt zahlen wir die höchsten Löhne“ im Vergleich zu anderen Kliniken in Brandenburg.
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