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Eine Ikone. Aus einer Betriebssportmannschaft formte Bernd Schröder im Laufe der Zeit einen der erfolgreichsten Frauenfußballvereine in Europa. Zweimal führte er Turbine Potsdam auf den Kontinentalthron. Doch nicht nur sein Verein profitierte stark von Bernd Schröders aufopferungsvoller und stets ehrenamtlicher Arbeit, sondern auch der gesamte deutsche Frauenfußball.
©  dpa, PNN-Archiv, Manfred Thomas

Turbine und Bernd Schröder: Schröders Welt

Als Bernd Schröder 1971 die neu gegründete Potsdamer Frauenfußball-Betriebssportmannschaft übernahm, sollte das eigentlich nur vorübergehend sein. Doch es wurde zu einer 45 Jahre währenden Mission. Nun endet diese einzigartige Karriere.

Als vor einigen Wochen die landeseigene Lotto-Gesellschaft ihr Sponsoring für den 1. FFC Turbine Potsdam verlängerte, konnte sich Bernd Schröder noch gut an die Anfänge der Partnerschaft erinnern. „Das war in einem ganz intimen Kreis“, erzählte er und nannte den Brandenburger Ex-Finanzminister Klaus-Dieter Kühbacher und den damaligen Lotto-Chef Klaus Walkenbach. Namen, an die sich in dieser schnelllebigen Zeit kaum jemand erinnert.

Der Name Schröder wird auf lange Zeit mit dem 1. FFC Turbine verbunden sein. Nicht für die Ewigkeit, weil nichts ewig hält. Obwohl es fast so schien, als könne der 73-Jährige etwas anderes beweisen. Denn was den Frauenfußball in Potsdam betrifft, ist er seit ewigen Zeiten Trainer des 1. FFC Turbine. Die Umstände seiner Selbstverpflichtung sind in den vergangenen Wochen in den Jubiläumbeiträgen zum 45-jährigen Bestehen des Vereins mehrfach geschrieben und erzählt worden. Demnach ist der Frauenfußball-Trainer Schröder ein Zufallsprodukt: Der damals 28-jährige Abteilungsleiter des VEB Energieversorgung Potsdam wollte im Betriebs-Klubhaus eigentlich nur zu Abend essen, als sich dort eine Gruppe junger Frauen traf, um ein Fußballteam zu gründen. Und da es sonst niemanden gab, bot sich Schröder als Coach an. Das erste Spiel von Turbine fand bereits zwei Monate später statt. Gegner war die BSG Empor Tangermünde. Schröders Frauen gewannen und die „Brandenburgischen Neuesten Nachrichten“ befanden damals: Es „zeigte sich, dass die Mädchen und Frauen durchaus Verständnis und Geschick für das Fußballspielen aufbringen“.

Meisterschaften sowie nationale und internationale Pokalsiege

Die Schlagzeilen sollten sich ändern, schließlich wurde Turbine unter Schröders – stets ehrenamtlicher – Trainerregie sechs Mal DDR-Meister, genauso oft deutscher Meister, drei Mal DFB-Pokalsieger und sieben Mal DFB-Hallenchampion. Den Gewinn des UEFA-Womens-Cup und der Champions League bezeichnet er in der Rückschau selbst als die größten sportlichen Momente.

Wenn am kommenden Montag nach 90 Minuten des letzten Turbine-Spiels der aktuellen Bundesliga-Saison in Bremen der Abpfiff kommt, ist für Bernd Schröder endgültig Schluss. Aus „übergangsweise“, wie er den Beginn seiner Trainertätigkeit an jenem Klubhaus-Abend terminierte, sind viereinhalb Jahrzehnte geworden. Seine Bekundungen, Schluss zu machen, wurden zu einem Siegel der Beständigkeit. „Ich wollte schon immer aufhören“, sagte er 1990 in einem TV-Interview. Rückblickend war da noch nicht einmal Halbzeit.

Bernd Schröder schuf mit Turbine ein beispielloses Erfolgsmodell

Doch schon zu diesem Zeitpunkt war beides längst eins: Turbine Potsdam – das war Bernd Schröder und umgekehrt. Das eine ohne das andere: unvorstellbar. Aus Turbine und Schröder wurde eine Liebesbeziehung. Die dafür nötigen Zutaten – Herz und Leidenschaft – hat Schröder immer hineingegeben und von seinen Spielerinnen gefordert: nicht für sich als Trainer, sondern für den Verein. Schröder war in seiner Trainerfunktion immer Botschafter, ja Missionar. „Ihr spielt für die Sache des Frauenfußballs“, agitierte er seine Spielerinnen in Zeiten, als der Frauenfußball in Deutschland um Anerkennung kämpfte. Er, der in seiner Lehrzeit in die Tagebauschächte des Erzgebirges stieg, hat den Frauenfußball nach oben befördert. Er wurde zum streitbaren Anwalt seines Sports, rau im Ton, sanft im Herzen.

Später, als es nach dem Mauerfall nicht nur um den Respekt für den Frauenfußball ging, sondern um die Anerkennung ostdeutscher Biografien, Lebensleistungen und auch Werte, schuf Schröder mit Turbine Potsdam ein Erfolgsmodell mit genau diesen Wurzeln. Wie kein anderer ist Schröder mit dem Werdegang des Vereins von Beginn an so eng verbunden. Kaum ein anderer kann tatsächlich nachempfinden, was es bedeutet, es von einem Aufruf am Schwarzen Brett eines Betriebes „Gründen eine Frauen-Fußball-Mannschaft“ bis ins siegreiche Champions-League-Finale von Madrid geschafft zu haben.

Sein großes Ansinnen: "Ein gut bestelltes Feld hinterlassen"

Bis zum Schluss war es Schröder wichtig, dass seine Spielerinnen für den Verein, für Potsdam, für den Osten spielen und sich mit der einzigartigen Geschichte des Klubs identifizieren. Es dürfte ihm zunehmend schwerer gefallen sein, denn der Frauenfußball hat sich gewandelt. Herz und Leidenschaft sind immer noch wichtige Tugenden, aber längst sind professionelle Strukturen im Frauenfußball zu finden, weil große Klubs dahinterstehen: Bayern München, VfL Wolfsburg oder auch Paris St. Germain oder Arsenal London. Identifikationsfaktoren für Fußballerinnen sind nicht mehr nur Tradition und Regionalität, sondern auch Geld, Popularität und internationaler Erfolg.

Vielleicht wird sich Schröders größter Beitrag für den 1. FFC Turbine Potsdam erst in Zukunft messen lassen. Nämlich dann, wenn der Verein auch ohne ihn erfolgreich ist, eine nationale Größe bleibt und junge Talente zu konkurrenzfähigen Fußballerinnen macht. Denn das wollte er immer erreichen: „Ein gut bestelltes Feld hinterlassen.“

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