Armutsbericht: Reiches Potsdam – aber nicht für alle
Potsdam hat die niedrigste Armutsquote der ostdeutschen Großstädte. Doch Kinder, Ausländer und ältere Menschen gehören zu den Verlierern.
Potsdam ist die ostdeutsche Großstadt mit der niedrigsten Armutsquote. Das zeigt der Monitor Nachhaltige Kommune der Bertelsmann Stiftung, der am Dienstag veröffentlicht wurde. Die Armutsquote lag im Jahr 2016 in der Landeshauptstadt bei 10,2 Prozent und damit fast genau beim Bundesdurchschnitt von 10,1.
Potsdam passt damit nicht ganz in das Gesamtbild, das die Studie zeichnet: Deutschlands Großstädte sind demnach stärker von Armut betroffen als in kleineren Kommunen, so die Hauptthese der Studie. Im benachbarten Berlin lag die Quote der Sozialleistungsempfänger mit 18,9 Prozent fast doppelt so hoch, Halle (Saale) kommt sogar auf 19,4 Prozent. Auch in Magdeburg und Cottbus leben über 17 Prozent Sozialleistungsempfänger. Nur Dresden hat im Osten mit 10,4 eine ähnliche Quote wie Potsdam.
Armutsquote sank in Potsdam kontinuierlich
Im Zehnjahresvergleich hat sich die Armut in Deutschland unterschiedlich entwickelt, wie die Studie zeigt. Während sie in allen Städten des Ruhrgebiets seit 2006 zugenommen hat, ist sie in den zehn ostdeutschen Städten mit mehr als 100.000 Einwohnern gesunken. Dort hätten sich „die Lebensverhältnisse im Laufe der Jahre weiter an das Westniveau angeglichen“, heißt es in der Mitteilung der Bertelsmann Stiftung.
Auch in Potsdam ist die Quote in den vergangenen Jahren kontinuierlich gesunken. 2006 bezogen noch 13,6 Prozent der Gesamtbevölkerung Sozialleistungen, 2,4 Prozentpunkte mehr als im Jahr 2016.
Kaufkraft steigt in Potsdam
Die durchschnittliche Kaufkraft lag in Potsdam bei 42.540 Euro pro Haushalt, ein Wert, der in den vergangenen Jahren kontinuierlich zugenommen hat. Zehn Jahre zuvor waren es noch rund 34.300 Euro. Gut die Hälfte der Haushalte hatte dabei 2016 ein Haushaltsnettoeinkommen von unter 25.000 Euro pro Jahr. Ein Drittel der Haushalte verdiente zwischen 25 und 50.000 Euro. Knapp 15 Prozent der Haushalte hat ein Einkommen von mehr als 50.000 Euro jährlich.
Bei der Kaufkraft landete Potsdam damit weit hinter süd- und westdeutschen Städten wie Stuttgart, München oder Frankfurt (Main). Im Vergleich zu den ostdeutschen Großstädten dagegen bedeutet der Wert den eindeutigen Spitzenplatz für Potsdam.
Bei Altersarmut steht Potdam schlecht da
Beim Thema Altersarmut dagegen hat Potsdam im Vergleich zu anderen ostdeutschen Großstädten nicht gut abgeschnitten. Die Quote der Altersarmut lag in der Landeshauptstadt bei 2,5 Prozent, fast doppelt so hoch wieder Brandenburger Schnitt von 1,3 Prozent.
Alle anderen Städte mit mehr als 100.000 Einwohnern im Osten Deutschlands standen laut den Daten der Bertelsmann Stiftung hier besser da als Potsdam, mit Ausnahme von Berlin, wo der Wert mit 5,9 noch einmal deutlich höher war.
Ausländer von Armut betroffen
Besonders betroffen von Armut im Allgemeinen, aber auch von Kinder- und Altersarmut sind Ausländer, auch das zeigen die Daten. Knapp 12.500 Personen mit ausländischen Pass lebten im Jahr 2016 in Potsdam – 27,9 Prozent von ihnen waren arm. Noch höher lag diese Quote bei den Kindern, mit 37,7 Prozent bei mehr als einem Drittel. Noch erschreckender ist der Wert bei der Altersarmut.
Diese liegt bei der ausländischen Bevölkerung bei 63,5 Prozent, zweieinhalb Mal so hoch wie der Landesschnitt und sogar 25 Mal so hoch wie die Altersarmut in der Potsdamer Gesamtbevölkerung.
Auch Kinder und Jugendliche sind in Potsdam stärker von Armut betroffen, als der Rest der Bevölkerung. So betrug die Kinderarmutsquote 15,1 Prozent, die Jugendarmutsquote 13,2 Prozent. Zwar sind auch diese Zahlen in den letzten Jahren gesunken, doch der Anteil der armen Jugendlichen liegt in der Stadt höher als im Landesschnitt.
Umland schneidet besser ab
Das Potsdamer Umland schnitt bei allen Indikatoren zur Armut besser ab, als die Landeshauptstadt. So lag die Armutsquote in Potsdam-Mittelmark 2016 bei 6,2 Prozent, fast vier Prozentpunkte besser als in Potsdam. Auch bei Kinder-, Jugend- und Altersarmut kommt das Umland auf wesentlich bessere Werte als die Landeshauptstadt.
Der Monitoring-Bericht der Bertelsmann Stiftung wurde vor dem Hintergrund der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen verfasst. Dort sind 17 Ziele vereinbart. „Ein Grundgedanke der nachhaltigen Entwicklung besteht darin, Menschen überall auf der Welt so zu unterstützen, dass sie sich aus der Armut in ihren unterschiedlichen Erscheinungsformen befreien können“, heißt es in dem 100-seitigen Papier. „Im Jahr 2030 soll Armut in all ihren Ausprägungen beendet sein.“
Armutskarrieren in dritter Generation
In Potsdam gibt es bisher Einzelinitiativen. Die Arbeiterwohlfahrt (Awo) hat im vergangenen Sommer das Büro Kindermut der gegründet. Dort erhalten bedürftige Kinder zum Beispiel kostenloses Schulmaterial oder Schwimmkurse. Die Awo beobachte in ihrer Arbeit „Armutskarrieren“ zum Teil schon in dritter Generation, heißt es auf der Homepage des Büros. „Ein Ausstieg aus dieser Spirale ist nur möglich, wenn alle Kinder die gleichen Startbedingungen und damit die gleichen Bildungschancen, unabhängig von ihrem Elternhaus, bekommen.“
Ein umfassenden Maßnahmenplan gegen Kinderarmut sollte von der Stadt eigentlich Ende vergangenen Jahres ausgearbeitet werden. Doch weil mehrere Abteilungen an ähnlichen Konzepten für Chancengleichheit arbeiten, sollen diese nun zusammengeführt und erst im Herbst den Stadtverordneten vorgelegt werden. Das erklärte Sozialdezernentin Noosha Aubel (parteilos) im März vor den Stadtverordneten.
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