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Temporeich. In Potsdam wurde Lisa Buckwitz eine Top-Anschieberin.
© Patrick Pleul/dpa

Potsdam und die Olympischen Winterspiele 2018: Rasante Entwicklung zur Olympionikin

Vor vier Jahren begann Lisa Buckwitz mit dem Bobsport. Nun startet die Potsdamer Anschieberin bereits bei Olympia und muss bis zum Wettkampf mit ihrer Partnerin noch Routine finden. Auch an den Winterspielen 2022 möchte Buckwitz teilnehmen - aber in anderer Funktion.

Man muss genau hinsehen. Der Glücksbringer, den die drei Brandenburger Olympiastarter bei ihrer offiziellen Verabschiedung mit auf den Weg nach Pyeongchang bekommen haben, ist ziemlich klein, geradezu winzig. Ein Nano-Origami. Hauchdünnes Papier zu einer Skulptur gefaltet und das in einem Schlüsselanhänger untergebracht. Lisa Buckwitz würde es reizen, so etwas mal selbst zu versuchen. Das kleine Kunstwerk hält sie behutsam auf der rechten Handfläche und verrät, gerne zu zeichnen sowie zu basteln. „Das ist immer ein schöner Ausgleich zu meinem Sport“, sagt sie. „Irgendwie genau das Gegenteil.“ Ruhe und Gelassenheit statt Geschwindigkeitsrausch und Adrenalinkick.

Lisa Buckwitz ist Bobanschieberin, düst mit weit über 100 Stundenkilometern Eiskanäle hinunter und wird nun erstmalig an Olympischen Winterspielen teilnehmen. Das von der Brandenburgischen Sporthilfe überreichte NanoOrigami soll helfen, dass dabei ihr Medaillentraum wahr wird. Schließlich steckt in dem Schlüsselanhänger ein Kranich – in Südkorea das Tiersymbol für Glück, Erfolg und ewigen Ruhm. Sie lacht. „Na, das klingt doch super. Kann ich gut gebrauchen“, erzählt die Frau vom SC Potsdam, deren bisherige Entwicklung ebenso temporeich ist wie die Fahrt in einem der Hightech-Schlitten.

"Das richtige Gefühl dafür, etwas wegzuschieben"

2014 wechselte Lisa Buckwitz vom Leichtathletik-Siebenkampf aus Berlin an den Luftschiffhafen, um sich dort zur Bobsportlerin machen zu lassen. Lediglich vier Jahre, also genau einen Olympiazyklus später ist sie Bobolympionikin. „Den trainingsmethodischen Aufbau haben wir uns exakt so erhofft. Es ist perfekt gelaufen“, erklärt Trainer Jörg Weber. Sehr ehrgeizig sei sein Schützling, verfüge über herausragende Konzentrationsfähigkeit. Und dann ist da dieses Talent. Für den Laien mag es skurril klingen, für Bobathleten jedoch ist es ein ganz entscheidendes Gütekriterium. „Lisa gehört zu denjenigen“, sagt Weber, „die von Anfang an das richtige Gefühl dafür haben, etwas wegzuschieben.“

Entsprechend rasant kamen die Erfolge. Zweimal wurde die 23-Jährige Junioren-Weltmeisterin, belegte bei der Elite-WM 2016 Rang vier und holte im selben Jahr Bronze bei der Europameisterschaft. Diese Saison schaffte sie bei der Hälfte der acht Weltcups den Sprung auf das Podium, wobei ihr das Rennen in Innsbruck zugleich EM-Silber einbrachte. Letzteres gelang Lisa Buckwitz mit Mariama Jamanka. Beide werden auch in Pyeongchang zusammen starten, erst ihr dritter Wettkampf als Duo. Zuvor bildete Buckwitz drei Jahre lang ein Gespann mit Stephanie Schneider, einer Ex-Werferin aus Potsdam. Doch für die anstehenden Winterspiele beschloss das deutsche Trainerkollegium, die Besatzungen zu verändern.

Lisa Buckwitz geht in die Lehre an den Lenkseilen

Stephanie Schneider/Annika Drazek sollen über besonders schnelle Startzeiten weit nach vorne kommen – die ebenfalls sprintstarke Lisa Buckwitz hat wiederum mit Mariama Jamanka die nicht ganz so flotte, aber am konstantesten fahrende Pilotin der Nationalauswahl an Bord. „Für mich ist das nicht wirklich entscheidend, hinter wem ich sitze. Da gibt es nichts Schlechteres oder Besseres“, meint Buckwitz. „Am Ende sind wir bei Olympia alle als Team Deutschland.“ Dennoch sei es natürlich eine große Herausforderung, erst nach zwei gemeinsamen Weltcups bereits den großen Wintersport-Höhepunkt zu absolvieren. „Ein bisschen Eingewöhnung ist nötig, wir müssen Routine reinbringen“, sagt die Potsdamerin, die künftig weiter auf den Spuren ihrer neuen Frontfrau wandeln wird.

Mariama Jamanka war einst auch Leichtathletin in Berlin, wurde dann Bobanschieberin mit dem Trainingsmittelpunkt Luftschiffhafen und machte letztlich die Pilotenausbildung. Voraussichtlich ab September wird auch Sportsoldatin Lisa Buckwitz in die Lehre an den Lenkseilen gehen. „Das ist wieder etwas Neues. Ich mag neue Aufgaben“, sagt sie und hofft, 2022 in Peking Olympia am Steuer zu erleben. „Aber das ist noch Zukunftsmusik“, betont die SCP-Athletin. Ihr Fokus liegt jetzt einzig auf Anschubpower in Südkorea. Mit der unterstützenden Kraft des Mini-Kranichs.

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