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Potsdam: „Psychogramm eines Verwirrten“

Streit bei den Potsdamer Grünen: Der Stadtverordnete Menzel will Baudezernent Klipp vors Schiedsgericht der Partei ziehen

Der Tonfall ist harsch. „Die Verwirrtheit von Herrn Menzel scheint eine neue Stufe erreicht zu haben“, hat Potsdams Baubeigeordneter Matthias Klipp (Grüne) am 12. November um 18.47 Uhr seinem Parteikollegen Andreas Menzel per E-Mail geschrieben – und mehr als 100 andere Parteimitglieder konnten mitlesen.

Wegen dieser und anderer E-Mails stehen die Potsdamer Bündnisgrünen kurz vor Weihnachten vor einer Zerreißprobe. Einmal mehr im Mittelpunkt des Konflikts: Der umtriebige Stadtverordnete Andreas Menzel und Baudezernent Klipp. Ihr Dauerkonflikt eskaliert nun: Für eine Grünen-Mitgliederversammlung am kommenden Donnerstag hat Menzel den Antrag gestellt, Klipp eine Rüge auszusprechen und beim Landesschiedsgericht der Partei eine Strafe für den Beigeordneten zu beantragen.

Der Anlass für die Attacke sind halb öffentliche E-Mail-Wechsel zwischen Klipp und Menzel, die über den internen Internetverteiler der Grünen liefen. Menzel beklagt, Klipp habe ihn dabei mehrfach persönlich angegriffen – mit dem Ziel, ihn zu diskreditieren. Als Beleg zitiert Menzel aus mehreren E-Mails von Klipp, auch vom besagten 12. November. Damals stritten beide unter anderem um das Thema Baumschutz. „Liebe Freundinnen und Freunde“, beginnt Klipp eine Mail um 20.09 Uhr. Und fährt fort: „Die Verwirrtheit von Herrn Menzel treibt auch hier absurde Blüten.“ Später wirft Menzel Klipp vor, ihn zu mobben. Doch dafür hat der Baudezernent nur Spott übrig. „Er, der Aufrechte, ganz allein. Umgeben von einer Welt von Feinden. Das ist das Psychogramm eines Verwirrten“, schreibt Klipp über Menzel.

In einem ähnlichen Tonfall sind auch die anderen Klipp-E-Mails gehalten. So sieht Klipp bei Menzel im Zusammenhang mit dessen Kritik am Ausbau der Seepromenade in Groß Glienicke ein „Musterbeispiel an gestörter Wahrnehmung“. Und am 22. Juni erklärte der Dezernent dem Stadtverordneten Menzel bei einem Streit zum Thema Speicherstadt: „Andreas, du leidest offenbar unter Verfolgungswahn.“ Sollte Menzel falsche Tatsachenbehauptungen zu dem Thema wiederholen, so droht Klipp, „werde ich mich zu schützen wissen“. Auch diese Erklärungen lasen alle Potsdamer Grünen, die im E-Mail-Verteiler der Partei eingetragen sind.

Für Menzel reicht es jetzt. Das Verhalten von Klipp überschreite mit seinen „Verbalinjurien das Maß einer achtsamen und respektvollen Streitkultur“, heißt es in dem Antrag Menzels.

Klipp sagte am Donnerstag den PNN, er wolle die Aktivitäten von Menzel nicht weiter kommentieren. Auffällig sei aber die selektive Wahrnehmung von Menzel, so Klipp: „Verbreitet hat er die Zitate aus meinen Reaktionen, vergessen hat er offenbar seine eigenen Aktionen, die dem zugrunde liegen.“

Unklar ist nun, ob die Grünen-Basis tatsächlich für eine Rüge stimmt. Selbst wohlmeinende Parteifreunde haben Menzel nach PNN-Informationen davon abgeraten, eine solche Machtprobe zu wagen und Klipp lieber privat zu verklagen. Doch Menzel lässt es auf eine Kampfabstimmung ankommen. Es ist nicht das erste Mal, dass Menzel und Klipp heftig aneinandergeraten. In der Stadtverordnetenversammlung liefern sie sich regelmäßig Rededuelle. Und vor fast einem Jahr hatte Klipp bei einer Grünen-Mitgliederversammlung versucht, die Entsendung von Menzel in den Aufsichtsrat der kommunalen Pro Potsdam noch rückwirkend zu torpedieren – ohne Erfolg.

Als ob sein Antrag auf Rüge nicht genug Konfliktpotential hätte, bringt Menzel für die Grünen-Mitgliederversammlung noch einen weiteren Antrag zu einem strittigen Thema ein: Über Kandidaturen zu Wahlen soll die Grünen-Basis künftig, analog zur Bundespartei, per Urabstimmung entscheiden können. Schon für die Bundestagswahl soll das gelten, fordert Menzel. Auch das bedeutet Streit: In Brandenburg galt bisher die Grünen-Landesvorsitzende Annalena Baerbock als gesetzte Nummer-Eins-Direktkandidatin für ihre Partei.

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