Homepage: Preußens ältestes Residenzschloss
1968 in Königsberg gesprengt, wird es in einer Monographie von Wulf D. Wagner wieder lebendig
In Berlin und Potsdam waren die Stadtschlösser schon gefallen, da erlitt vor 40 Jahren zeitgleich mit der Potsdamer Garnisonkirche auch das Schloss Königsberg dieses Schicksal. Begründung hier wie im inzwischen russischen Kaliningrad: Ein Symbol des preußischen Militarismus sollte ausgetilgt werden. Inzwischen steht der Schlosswiederaufbau in Berlin und Potsdam bevor, um den der Garnisonkirche bemüht sich eine Fördergesellschaft. Da kommt aus Kaliningrad die Nachricht, auch dort hätten die Behörden Interesse an einer Erneuerung des Schlosses. Inzwischen arbeiten sie, noch vor wenigen Jahren kaum möglich, mit der seinerzeit in Duisburg von Vertriebenen gegründeten „Stadtgemeinschaft Königsberg“ und ihrem Museum zusammen, das 2009 eine Ausstellung über Königsberg berühmtesten Sohn, den Philosophen Immanuel Kant, zeigen wird.
Die heutigen Kaliningrader sind auf dem Weg, die fast fünf Jahrhunderte währende deutsche Vergangenheit ihrer Stadt nicht länger zu verteufeln, sondern mit ihr zu leben. Einen weiteren Schritt aufeinander zu bedeutet die von Wulf Dietrich Wagner verfasste und im Verlag Schnell & Steiner erschienene Monographie „Das Schloss Königsberg“. Sie wurde vom Deutschen Kulturforum östliches Europa, das in Potsdam beheimatet ist, am Montagabend im Schloss Berlin-Charlottenburg präsentiert. Der brechend volle Weiße Saal, in dem einst Friedrich der Große tafelte, dokumentierte das erstaunlich große Interesse an der schon fast vergessenen Kulturlandschaft Ostpreußen und ihrer wichtigsten Stadt. Dieses so fern und fremd erscheinende Gebiet rücke seit dem politischen Wandel immer stärker ins Bewusstsein der deutschen Öffentlichkeit, meinte dazu der Autor, ein Berliner Architekturhistoriker. Doch architektonisch ist das Schloss, an dem keine hochkarätigen Baumeister und Künstler mitgewirkt haben, nie so ernst genommen worden wie die auf Knobelsdorff, Schinkel, Lepsius oder Lenné zurückgehenden Perlen an Havel und Spree. Kunsthistoriker haben sich in den letzten Jahrzehnten kaum damit beschäftigt und auf die schlechte Quellenlage hingewiesen. Das stimmt aber nicht, denn das Königsberger Stadtarchiv wurde über den Zweiten Weltkrieg gerettet. Wagner hat im Geheimen Staatsarchiv Berlin-Dahlem und in der Plansammlung der Potsdamer Schlösserstiftung - deren damals staatlicher Verwaltung unterstand das Königsberger Schloss - reichlich bisher unausgewertetes Material gefunden.
Für die Geschichte Preußens und in dessen Politik habe das Schloss eine wichtige Rolle gespielt, legte Wagner dar. 1255 durch die Kreuzritter des Deutschen Ordens angelegt, wurde die Burg zur Keimzelle des preußischen Königsreichs und war dessen älteste Residenz. Mit der von Martin Luther persönlich angeregten Umwandlung des Ordenslandes in ein weltliches Herzogtum schuf Hochmeister Albrecht von Brandenburg-Ansbach 1525 den ersten protestantischen Staat in Europa, der wirtschaftlich und sozial aufblühte. Der Bau war eines des ersten und größten Renaissanceschlösser im Osten, dann unter dem Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm und seiner niederländischen Gemahlin Henriette schon vor Schloss Oranienburg erstes Beispiel für den holländischen Frühbarock. Hier wurde 1701 der erste König in Preußen, Friedrich I., gekrönt.
Wulf D. Wagner kann diese Beispiele bis ins 20. Jahrhundert fortsetzen, und das will er auch tun. Die zum Schloss vorgelegte Bau- und Kulturgeschichte reicht nämlich nur bis 1740, dem Ende der Regierung Friedrich Wilhelms I.; ein für Herbst angekündigter zweiter Band wird die Zeitreise bis zur Sprengung 1968 fortsetzen. Der spartanische Soldatenkönig erwies sich übrigens gleich nach seiner Thronbesteigung 1713 als Spielverderber, ließ den barocken Umbau des Schlosses abbrechen und quartierte die Landesverwaltung ein. Auch der in Potsdam vor allem von der Schülerschaft hoch verehrte Dichter Heinrich von Kleist stand hier 1805 bis 1807 als Finanzbeamter am Schreibpult, verfasste jedoch in dieser Zeit nebenher seine unsterbliche Justizschelte „Der zerbrochene Krug“. So setzt die Geschichte des Schlosses auch weiterhin Glanzpunkte, von der Königskrönung Wilhelms I. 1861 bis zum mysteriösen, bis heute ungeklärten Verschwinden des hier eingelagerten St. Petersburger Bernsteinzimmers am Ende des Zweiten Weltkrieges.
Wie alle Autoren möchte Wagner, dass sein Buch über die Fachwelt hinaus ein breites Publikum erreicht. Dazu werden die detaillierte Schilderung des Königsberger Hoflebens und eingestreute Anekdoten beitragen. So soll ein Hofmusikus mit seiner Familie und mehr als zehn seiner Schüler in zwei Zimmern des Turms untergebracht worden sein. Erst als beobachtet wurde, wie er bei der Heimkehr aus dem Wirtshaus angesäuselt mit brennender Laterne hinauf stieg, bekam er eine geräumigere Wohnung zugewiesen. Der Magistrat befürchtete, er werde hinunterstürzen und mit der Laterne die ganze Stadt in Brand setzen.
Wulf. D. Wagner, Das Königsberger Schloss. Eine Bau- und Kulutrgeschichte, Band I., Verlag Schnell & Steiner. Regensburg 2008, 76 Euro, ISBN 978-3-7954-1936-3
Erhart Hohenstein
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