Coronavirus in Potsdam: Potsdam weiß sich in der Corona-Krise zu helfen
Einkaufshilfe oder Streamingdienst: Viele Potsdamer wollen ihren Nachbarn während der Krise helfen. Bei der Awo gibt es Sorgenbriefkästen, die mehrmals täglich geleert werden.
Potsdam - „Guten Mittag Nachbarn. Ich bin 18 Jahre alt und habe wie alle Schüler frei aufgrund des Covid-19-Virus. Ich biete Kinderbetreuung an und kann prinzipiell von morgens bis abends arbeiten.“ Oder: „Auch ich möchte meine Hilfe gerne anbieten, wer jemanden zum Einkaufen benötigt, gerne Bescheid sagen.“ Viele solcher Hilfsangebote finden sich jetzt auf der Internetplattform nebenan.de, wo sich auch Potsdamer Nachbarn vernetzen. „Hier melden sich gerade sehr viele, die helfen wollen.“ heißt es aus der Pressestelle. Damit Angebot und Nachfrage nun auch zusammenfinden, soll es in Kürze eine Telefonnummer geben, vor allem für ältere Menschen, die nicht das Internet nutzen. Manchmal reichen zur Kontaktaufnahme auch ganz simple Dinge, so die Sprecherin: „Man kann einfach einen Zettel im Hausflur anbringen, auf unserer Internetseite gibt’s dafür auch einen Vordruck.“
Die Bereitschaft zur Nachbarschaftshilfe wächst in vielen Bereichen der Stadt. Allerdings vernetzen sich die meisten derzeit ausschließlich übers Internet, zum Beispiel über Facebookgruppen, wo Einkaufshilfe, Gassi gehen mit Hunden oder Kinderbetreuung angeboten werden.
Auf eher traditionelle Kontaktaufnahme setzt die Potsdamer Arbeiterwohlfahrt (Awo). „Unsere Einrichtungen, Bürgerhäuser, Mehrgenerationenhäuser, Seniorenklubs und die Schatztruhe, sind zwar geschlossen, aber besetzt“, sagt Awo-Chefin Angela Schweers. „Wer Hilfe braucht, kann dort anrufen oder bei unserer zentralen Nummer (0331) 73 04 17 70.“ Jedes Haus hat auch einen Briefkasten. Dort können Menschen Zettel mit ihrem Anliegen, mit Fragen, Sorgen und auch dringenden Angelegenheiten und Bitten einwerfen. Die Kästen werden alle 90 Minuten gelehrt. Wichtig sei, dass die Menschen Adresse, Mailadresse oder Telefonnummer für einen Rückruf angeben.
Sollte auch die Ausgabestelle der Potsdamer Tafel geschlossen werden, befürchtet Schweers, dass manche Menschen in Not geraten, weil ihnen die Lebensmittel ausgehen. „Wir haben Mitte des Monats, bei manchen Menschen wird das Geld dann schon knapp.“ Wer Hilfe braucht, und seien es nur zwei Dosen Suppe, solle sich unbedingt melden. Bisher gebe es genügend Helfer, die benötigte Sachen den Menschen zur Tür bringen oder bei Bedarf mit dem Hund Gassi gehen. Auch für ein kleines Gespräch vom Bürgersteig aus sei bestimmt Zeit. Die Internetseite www.awo-potsdam.de führt zudem einen Corona-Liveticker, der die wichtigsten Fragen beantwortet.
Imke Eisenblätter, Leiterin der Tafel versichert, dass die Ausgabestellen weiterhin offenbleiben, allerdings im Notbetrieb: Die Ausgabe der Lebensmittel erfolgen an einem Fenster. Es werden allerdings mehr Helfer gebraucht. Sollten Restaurants aufgrund einer Schließung Lebensmittel übrig haben und spenden wollen, bietet die Tafel an, diese abzuholen.“
Kostenfreies Streaming
Eine andere Art der Hilfe kommt aus der Potsdamer Kreativbranche. Wenn die Menschen nicht in Konzerte und Theater gehen können, bringen sie die Kunst zu den Menschen. Das Potsdamer Unternehmen „wirstreamen.es“ bietet an, diverse Veranstaltungen und Termine zu filmen und dann ins Netz zu stellen – in Zeiten der Coronakrise sogar kostenlos. „Wir sind drei professionelle Techniker, Musiker und Produzenten, wir haben Erfahrung, die nötige Technik und jetzt viel Zeit, weil alle Veranstaltungen, für die wir normalerweise arbeiten, ausfallen“, sagt Robert Klix, der Tonmeister ist. Zur Firma gehören auch Sebastian Rauer, Interfacedesigner, und Studiotechniker Jörg Zinke. Seit Samstag haben sie ihre Internetseite mit dem Corona-Spezial online. „Wir bieten ab sofort – über den Zeitraum der Corona Pandemie – unser Streaming-Angebot in vollem Umfang für euch an. Kostenfrei! Alles was ihr dafür tun müsst ist uns anzusprechen. Wir prüfen jede Anfrage ganz individuell und priorisieren nach Dringlichkeit“, heißt es auf der Internetseite. „Direkter Draht zum Team: 0162 / 20 29 259“.
So funktioniert es: Beim Kunden wird zunächst geprüft, wie relevant das Thema oder der Termin ist. Abgesagte Konzerte können zum Beispiel im Studio oder im Wohnzimmer stattfinden und dann live auf einer Facebook- oder Internetseite gezeigt und auch später weiterhin abgerufen werden. Denkbar sind auch Theatervorstellungen oder Puppenspielaufführungen für Kinder. Sehr praktisch ist es für Lehrer, die ihren Schülern Unterrichtseinheiten schicken wollen. „Wir hatten auch schon eine Anfrage von einem Messeveranstalter. Die Messe fällt jetzt aus und er möchte seinen Kunden das Programm, zum Beispiel Produktvorstellungen, per Video schicken“, sagt Robert Klix. Die Techniker beraten auch zu den benötigten Geräten und allgemein zum Verfahren. „Manchmal sind schon Kameras vorhanden, und wir müssen nur erklären, wie es genau geht.“
Angedacht ist eine Kooperation mit dem Brandenburger Bildungsministerium, um Lehrer zu unterstützen. Aufgrund der Schulschließungen rechnet Klix mit vielen Anfragen. „Wir würden deshalb gerne mit weiteren Technikern zusammenarbeiten, die entweder die Leute telefonisch beraten und anleiten oder oder sogar ihre eigene Technik mitbringen.“
Unterricht per Videochat
Auf virtuelle Wege setzen auch private Potsdamer Musikschulen. Die Musikschule Bertheau & Morgenstern hat 3300 Schüler. Bisher ist die Schule nicht komplett geschlossen, lediglich Veranstaltungen wie Konzerte sowie Gruppenunterricht finden nicht mehr statt. „Da wir aber auch Räume in Potsdamer Schulen nutzen und diese geschlossen sind, fehlen und jetzt Unterrichtsräume“, sagt Martin Behm, Mitinhaber der Musikschule. Man werde den Kindern, die nun schulfrei und Zeit haben, anbieten, ihren Unterricht auf den Vormittag zu legen. Dann kann dieser in Räumen der Musikschule stattfinden. Viele Lehrer bieten zudem an, den Unterricht per Videochat stattfinden zu lassen oder ein Unterrichtsvideo zu verschicken. „Das wird individuell abgesprochen.“ Es soll möglichst für alle Schüler eine Lösung gefunden werden. Es wäre schön, wenn nicht alles still steht, sondern zum Beispiel der Musikunterricht weitergeht.“ Außerdem sei damit auch den Lehrern geholfen. Viele sind Freiberufler und können dadurch weiter arbeiten und Geld verdienen. Unterricht per Video oder Livechat bietet auch die Freie Musikschule Potsdam an.
Die seit dieser Woche geschlossene Stadt- und Landesbibliothek bietet ihren Lesern weiterhin die Ausleihe von E-Books, Audiodateien, E-Papern sowie das Streamen von Filmen an. Das funktioniert nur mit einem Bibliotheksausweis. Wer noch keinen hat, kann online einen beantragen, mit dem allerdings ausschließlich die elektronische Ausleihe funktioniert. Dazu muss der Personalausweis gescannt werden, die Bezahlung erfolgt per Rechnung. Mit elf Euro ist man für ein Jahr dabei, sagt Bibliothekschefin Marion Mattekat. Bestehende, aber demnächst auslaufende Bibliotheksausweise werden automatisch und kostenlos um zwei Monate verlängert.
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