Streit um Depot-Standort in Stahnsdorf: Widerstand gegen Feuerwache wächst
Die Freiwillige Feuerwehr in Stahnsdorf braucht dringend ein neues Gebäude. Doch jetzt machen Anwohner und Naturschützer gegen die Bebauungspläne mobil.
Stahnsdorf - Das neue Feuerwehrdepot in Stahnsdorf schien mit dem fraktionsübergreifend befürworteten Kompromiss-Standort im Landschaftsschutzgebiet am Güterfelder Damm so greifbar wie nie zuvor. Nun aber regt sich Widerstand. Eine Bürgerinitiative will verhindern, dass die dafür benötigte, etwa 1,2 Hektar große Fläche in den Upstallwiesen aus dem Landschaftsschutzgebiet herausgelöst wird. Weitere Anwohner machen zudem gegen den Grundstückskauf mobil. In einer Beschwerde an die Kommunalaufsicht des Landkreises kritisieren sie, dass die Gemeinde beim Erwerb des Grundstücks, auf dem die neue Feuerwache entstehen soll, gegen die Grundsätze der sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung verstoßen habe. Zudem soll Stahnsdorf einen der Grundstückseigentümer unzulässig bevorteilt haben – so der Vorwurf. Wie berichtet hatte die Gemeinde im Februar dieses Jahres beschlossen, mehrere im Landschaftsschutzgebiet Upstallwiesen gelegene Grundstücke zwischen Güterfelder Damm und Friedrich-Naumann-Straße in Stahnsdorf zu kaufen, um dort die dringend benötigte neue Feuerwache zu errichten. Insgesamt umfassen die Grundstücke rund 7500 Quadratmeter, für die Stahnsdorf zusammen mehr als eine halbe Million Euro bezahlen will. Und das, obwohl gemeindeeigene Flächen zur Verfügung stünden, für die die Kommune keinen Cent zusätzlich bezahlen müsste, heißt es in dem Schreiben an die Kommunalaufsicht.
Grünfläche in Bauland umgewandelt
Ein besonderes Geschmäckle bekommt der Grundstückskauf nach Ansicht der Anwohner aber vor dem Hintergrund, dass einer Erbengemeinschaft, die über Flächenanteile in dem für die Feuerwehr in Rede stehenden Areal verfügt, zuvor ein anderes ihrer Grundstücke an den Upstallwiesen ohne Not in Bauland umgewandelt worden war. Eigens für ein rund 600 Quadratmeter großes Grundstück hatten die Gemeindevertreter im Juli 2015 den Flächennutzungsplan geändert, um auf dem zuvor als Grünfläche ausgewiesenen Grundstück eine Wohnbebauung zu ermöglichen. Dies sei jedoch mit dem Bauplanungsrecht nicht zu vereinbaren, argumentieren die Anwohner.Die Gemeinde hätte ohne städtebauliches Ziel lediglich das private Interesse des Eigentümers befriedigt, so der Anwalt der Nachbarn. Er spricht von einer "Gefälligkeitsplanung". Zudem vermutet der Anwalt einen Zusammenhang zwischen dem geänderten Flächennutzungsplan zugunsten des Eigentümers und dem Erwerb von Flächen desselben Eigentümers für den Bau der neuen Feuerwache und fordert die Kommunalaufsicht auf, den Gesamtvorgang entsprechend zu prüfen.
Stahnsdorf weist Vorwürfe zurück
Die Behörde konnte auf PNN-Anfrage zunächst noch keine Stellungnahme zu der aktuellen Beschwerde abgeben. Das am Freitag versandte Schriftstück hatte die Kommunalaufsicht nach eigenen Angaben am gestrigen Montag noch nicht erreicht. Die Gemeinde Stahnsdorf wies indes gegenüber den PNN die Vorwürfe zurück. Es bestünde zwischen Flächennutzungsplanänderung und Grundstückskauf weder ein zeitlicher Zusammenhang noch würden die Eigentümer identisch sein, erklärte Gemeindesprecher Stephan Reitzig. Darüber hinaus sei der Preis für das Feuerwehr-Grundstück zuvor in einem Gespräch mit der Kommunalaufsicht thematisiert worden. Diese habe seinerzeit die Auffassung vertreten, dass die Fläche zu einem Kaufpreis für ein Gewerbegrundstück erworben werden könne, wenn planungsrechtlich die Nutzung als Feuerwehrstandort sichergestellt sei, sagte er.
Pläne liegen bis Monatsende öffentlich aus
Ab dem morgigen Mittwoch bis zum 30. November liegen die Pläne für das neue Feuerwehrdepot in der Stahnsdorfer Gemeindeverwaltung öffentlich aus. Wer gegen das Vorhaben ist, kann Hinweise und Beschwerden einreichen, zudem werden die so genannten Träger öffentlicher Belange – darunter auch die Naturschutzverbände – gehört.
Bürgerinitiative mobilisiert Naturschutzverbände
Gegen den Neubau will auch die Bürgerinitiative „Feuerwehr und Natur Stahnsdorf“ nun verstärkt mobil machen. Die rund 30 Gegner haben im Vorfeld bereits Naturschutzverbände angeschrieben und wollen mit ihrer Hilfe notfalls auch klagen.Auch die Untere Naturschutzbehörde, die entscheiden wird, ob die benötigte Fläche für die Feuerwehr aus dem Landschaftsschutzgebiet ausgegliedert werden kann, haben die Naturschützer im Fokus. In einer vierseitigen Stellungnahme an die Behörde listet die Bürgerinitiative Gründe auf, die zeigen, dass für den Erhalt der Grünfläche „Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses“ vorliegen. „Schutzbedürftige und -würdige Landschaftsteile können nur für die gemeindliche Planung in Anspruch genommen werden, wenn die Nutzung von Alternativflächen nicht zumutbar ist“, heißt es in dem Schreiben. Das sei in Stahnsdorf aber nicht der Fall. Die Upstallwiesen gehören zu einem Grünstreifen, der Stahnsdorf durchziehe und der für den Luftaustausch in der Gemeinde wichtig sei, argumentieren die Gegner darüber hinaus. Würde mit dem Bau der Wache das grüne Band versperrt, sei „eine kleinklimatische Überhitzung des Grashüpferviertels nicht auszuschließen“, so der Sprecher der Bürgerinitiative Oliver Sill. Und fügt verärgert hinzu: „Dann ist hier alles nur noch Siedlungsbrei.“
Grundstück an der Annastraße bleibt Alternative
Zu dem Grundstück am Güterfelder Damm gebe es mindestens ein bis zwei Alternativstandorte, betont Thomas Michel (Grüne), der im Gemeindeparlament sitzt als auch in der Bürgerinitiative aktiv ist. Vor allem die Fläche hinter dem Rathaus in der Annastraße sei nach wie vor eine gute Alternative, erklärt er – auch wenn der Gemeinderat nach jahrelangem politischen Streit den Standort aufgegeben hat. Laut dem jetzt ausliegenden Vorentwurf des Bebauungsplanes soll die Annastraße als Schulstandort freigehalten werden. Abschließend soll nach Angaben von Gemeindesprecher Reitzig über das Grundstück aber erst entschieden werden, wenn geklärt ist, ob das neue Feuerwehrhaus im Landschaftsschutzgebiet am Güterfelder Damm entsteht.