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Update

Nach Absage des Baumblütenfestes: Werders Verwaltung muss sich verantworten

SPD und Stadtmitgestalter fordern den Rücktritt von Bürgermeisterin Manuela Saß (CDU). Die Grünen und der Glindower Ortschef Sigmar Wilhelm wollen, dass die Stadt schnell eine Lösung präsentiert für das eigentlich abgesagte Baumblütenfest 2020. 


Werder (Havel) - Die SPD Werder und die Fraktion Stadtmitgestalter/Ingo Krüger fordern als Konsequenz aus der Absage des Baumblütenfestes den Rücktritt von Werders Bürgermeisterin Manuela Saß (CDU). Saß müsste "für die Fehlentwicklungen in unserer Stadt, insbesondere die Absage des Baumblütenfestes, die Verantwortung übernehmen und zurücktreten". Das teilte der SPD-Ortsverband in einer Pressemitteilung vom späten Sonntagabend mit. Die Absage des Baumblütenfestes durch die Bürgermeisterin bedeute für die Stadt einen unvergleichbaren überregionalen Ansehens- und Imageverlust sowie erheblichen wirtschaftlichen Schaden. Viele Einwohner, die sich zu einem Großteil auch über das Baumblütenfest mit  Werder identifizieren würden, seien von der Absage betroffen, heißt es in der SPD-Mitteilung. Die Baumblüte sichere die Existenz für die Obstbauern, Hotels, Pensionen, Gaststätten und Schausteller in der Stadt und Region. 

Stadtmitgestalter fordern auch Großes Abwahl 

"Auch wir sind der Meinung, dass die eklatanten Fehler der Vergangenheit und Gegenwart in der Verwaltung personelle Konsequenzen haben müssen. Viele Entscheidungen wirken oft gehetzt, schlecht vorbereitet und sprunghaft. Schon länger beobachten wir die Vergabeverfahren der Stadt mit Sorge. Der durch schlechte Vergabepolitik entstandene Schaden für die Stadt ist groß“, sagte der Stadtverordnete Elmar Schlenke (Stadtmitgestalter). Neben der Rücktrittsforderung an die Bürgermeisterin spricht sich Schlenkes Fraktion auch für ein Abwahlverfahren gegen den 1. Beigeordneten Christian Große (CDU) aus. Das Vertrauen in die Stadtspitze sei verloren gegangen, was sich vor allem im Umgang miteinander zeige, so die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Anika Lorentz. 

Grüne wollen Rücktrittsdebatte in wenigen Wochen führen

Für verfrüht halten die Grünen in Werder die derzeitigen Rücktrittsforderungen: "Die Vorwürfe sind grundsätzlich richtig", sagte Stadtverordneter Markus Altmann den PNN auf Anfrage. "Wir Grünen sind davon überzeugt, dass in der derzeit hitzigen und emotionalen Debatte um die Absage des Baumblütenfestes eine Rücktrittsforderung noch zu früh ist." Da für die Rettung des Festes im kommenden Jahr die Zeit dränge, müsste man abwarten, in welche Richtung sich die Diskussionen um das Fest in den kommenden ein bis zwei Wochen entwickeln, so Altmann. "Danach kann das Handeln von Frau Saß und Herrn Große im Fokus stehen." 

Manuela Saß (links) eröffnet mit der Baumblütenkönigin das Baumblütenfest 2019.
Manuela Saß (links) eröffnet mit der Baumblütenkönigin das Baumblütenfest 2019.
© Sebastian Gabsch PNN

Der Glindower Ortschef Sigmar Wilhelm (Freie Bürger) spricht sich gegen einen Rücktritt von Saß aus. "Mit einem Rücktritt schaffen wir nur ein neues Problem und haben noch immer keine Lösung." Für ihn sei wichtiger, aufzuarbeiten, wie es zu der Absage kommen konnte und welche Fehler die Stadtspitze womöglich gemacht hat. Wilhelm erwartet indes von der Verwaltung, dass "bis Donnerstag eine akzeptable Lösung her muss". Den derzeitigen Unmut in der Stadt, die vielen Diskussionen, könne das Rathaus nicht unbeachtet lassen. 

Höhepunkt des Missmanagements

„Nach dem Desaster um die Blütentherme, Fehlplanungen im Kita- und Schulbereich der Stadt ist die Absage des Festes in der Baumblütenstadt Werder der Höhepunkt des Missmanagements in der Stadtverwaltung", erklärt der Vorsitzende der SPD Werder, Steven Bahl. Der viel zu spät gestartete Vergabeprozess, die fehlende Auseinandersetzung mit einem verbesserten Veranstaltungskonzept und schließlich die "kopflose Absage" des Festes mit einem "desaströsen Krisenmanagement" seien Ausdruck des Versagens. "Das Vertrauen der Bürger in die Stadtverwaltung ist nicht mehr gegeben", so Bahl.

Christian Große mit der Beelitzer Baumblütenkönigin Christin Schiffner auf dem Spargelfest 2017. 
Christian Große mit der Beelitzer Baumblütenkönigin Christin Schiffner auf dem Spargelfest 2017. 
© Manfred Thomas Tsp

Parallel dazu hat die SPD einen Dringlichkeitsantrag für die Stadtverordnetenversammlung am Donnerstag eingereicht. Darin fordert sie die Verwaltung auf, sicherzustellen, dass Ostdeutschlands größtes Volksfest auch 2020 und 2021 weiterhin stattfinden soll. Wie berichtet hatte die Stadtverwaltung überraschend das Fest für die nächsten zwei Jahre abgesagt, weil sie sich mit dem bisherigen Betreiber zu Fragen der Kosten für die Sicherheit sowie der Ausrichtung des Festes nicht einig geworden ist. Weitere Bewerber, die das Fest veranstalten wollen, soll es nicht gegeben haben. Die Stadt hatte seit März nach einem Veranstalter gesucht. 

SPD stellt langen Katalog mit Forderungen auf

Der Forderungskatalog der SPD, den Fraktionschefin Anja Spiegel am Montag der Presse vorab zusandte, ist umfangreich und bereits sehr konkret. 

So soll die Stadt mit dem bisherigen Betreiber unverzüglich die Verhandlungen wieder aufnehmen, um das Fest für 2020 und 2021 zu planen. Der bisherige Betreiber ist die Wohlthat Entertainment GmbH mit Sitz in Berlin. Ziel der Verhandlungen ist die Durchführung des Baumblütenfestes in den beiden Jahren bei verringerter Belastung für die Bewohner der Insel, heißt es in dem SPD-Antrag. 

Weniger Trubel auf der Insel, dafür familienfreundliche Angebote

So sollen ausschließlich kindgerechte Fahrgeschäfte künftig auf der Insel stehen, der bisherige Rummel dort soll reduziert werden. Die SPD fordert daher, nur eine Bühne auf der Insel aufzubauen. Um die Anwohner besser zu schützen, sollen alle Bereiche , die nicht zur Feststrecke gehören, abgesperrt werden. Eine weitere Idee sieht vor, dass die Jugend nicht wie bisher Programm geboten bekommt, sondern auf der Bismarckhöhe oder Friedrichshöhe feiern soll. 

Die Stadt soll parallel dazu, mit anderen Betreiberfirmen verhandeln, wie im Rahmen einer freihändigen Vergabe sichergestellt werden kann, dass eine erfahrene Betreiberfirma die Stadt bei der Organisation unterstützt. Sollte der derzeitige Betreiber sich nicht auf die Vorschläge einlassen wollen, hätte die Stadt damit eine weitere Option, das Fest trotzdem auszurichten.

Neuausrichtung soll ein Jahr früher als geplant stehen 

Im Sinne der Obstbauern fordert die SPD, dass es wie bisher einen Bus-Shuttle zu den Plantagen und auf die Obsthöfe geben soll. Auch sollen wie bisher die Obstgärten und Höfe in der Stadt geöffnet werden dürfen. Auch kleine Bühnenprogramme sollen wie auch sonst dort zulässig sein. 

Eine weitere Forderung der SPD: Die Wegstrecke des Baumblütenumzugs ist umzukehren, um die Insel zu entlasten. Die Sozialdemokraten betonen, dass die Stadtverwaltung sich mit den Sicherheitspartnern beraten muss, denn auch trotz öffentlichkeitswirksamer Absage müsse man davon ausgehen, dass möglicherweise es doch zu einem "Besucherzustrom" kommen könnte. 

Hinsichtlich des von Saß angestoßenen umfassenden Einwohnerbeteiligungsprozesses drängt die SPD auf schnellere Ergebnisse: So solle der Prozess schon jetzt und nicht wie geplant im November starten, Ziel sollte sein, dass die Neuausrichtung bis zum Frühsommer 2020 steht. Der Text der Ausschreibung solle den Stadtverordneten im Herbst 2020 zur Abstimmung vorliegen, heißt es weiter. 

Unklar blieb am Montagvormittag noch, ob der bisherige Betreiber sich auf weitere Gespräche einlässt. Die PNN-Redaktion hat die Stadt um eine Reaktion auf die SPD-Forderungen gebeten. Bislang hat die Stadt sich jedoch nicht geäußert.

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