Von Bogenschießen bis Lebendfallen: Viele Ideen für den Kampf gegen Wildschweine
Am Montag diskutierten Experten darüber, wie die Wildschweine in Potsdam-Mittelmark kleinzukriegen sind. Ein Vorschlag von Stahnsdorfs Bürgermeister wurde kritisiert, andere Ideen kamen auf den Prüfstand.
Stahnsdorf - Beim Thema Wildschwein wollen Kommune, Jäger und Bewohner das Gleiche: schnell zurück zur Normalität. Doch während das Ziel definiert ist, sind sich die Beteiligten über den Weg dorthin noch uneins. Am Montag hat die Stahnsdorfer SPD zu einem Runden Tisch geladen, bei dem gemeinsam mit Jagdpächtern, Behördenvertretern und Wildtier-Experten darüber diskutiert werden sollte, wie die Sicherheit im Ort wieder herzustellen und der gestiegenen Wildschweinpopulation beizukommen ist.
Das anberaumte Treffen fand zwar statt, jedoch ohne Beteiligung der Jagdpächter der Jagdgenossenschaft Stahnsdorf-Kleinmachnow, ohne Jagdbehörde des Landkreises als auch der Stahnsdorfer und Kleinmachnower Gemeindeverwaltung. Stattdessen kündigten beide Kommunen ein eigenes Arbeitstreffen an, bei dem die Runde vom Montag noch einmal mit den ferngebliebenen Gästen und weiteren Experten zusammenkommen soll. Die Gemeinden kämen damit dem Wunsch der Jagdpächter nach, sich politisch neutral verhalten zu wollen, erklärte Stahnsdorfs Gemeindesprecher Stephan Reitzig. Auch seien die Fachbereichsleiter der Kommunen wegen der zeitgleich stattfindenden Regionalausschuss-Sitzung nicht abkömmlich gewesen, sagte er.
Diskussion angestoßen
Stahnsdorfs SPD-Ortschef Heinrich Plückelmann bedauerte, dass Verwaltung und Jagdpächter nicht an dem ersten Runden Tisch teilnahmen. Er zog dennoch eine positive Bilanz. „Wir haben den Startschuss gesetzt“, erklärte er. Gemeinsam mit der Oberen Jagdbehörde des Landes, Jägern der Region als auch dem Wildtierbiologen des Landeskompetenzzentrum Forst, Forschungsstelle für Wildökologie und Jagdwirtschaft, Egbert Gleich, sei über Vor- und Nachteile verschiedener Maßnahmen diskutiert worden. Etwa über Fütterungsverbote und notwendige Kontrollen, alternative Abschussmethoden wie dem Bogenschießen als auch dem zuletzt diskutierten Einsatz mobiler Lebendfallen.
Im Ergebnis wolle die SPD gemeinsam mit der Wählergruppe „Wir vier“ einen Antrag in die Stahnsdorfer Gemeindevertretung einbringen, der vorsieht, dass die Gemeinde Lebendfallen kauft und sie den Jägern zur Jagd anbietet. Dazu werde es im Februar eine Schulung mit dem Wildtierbiologen Egbert Gleich geben. SPD-Chef Plückelmann weiß aber auch, dass er noch einige Jäger von der Idee überzeugen muss.
Jagdpächter beklagt zu hohen Druck
Auch der Kleinmachnower Jagdpächter Peter Hemmerden hatte zuletzt kritisiert, dass sich die Lösungssuche zu stark auf den von der Landesregierung propagierten Einsatz der Lebendfallen fokussiere. Er sei nicht gänzlich gegen die Fallen, erklärte er gestern den PNN. Es werde jedoch eine zu hohe Erwartungshaltung geschürt.
Auch beklagt Hemmerden, dass die Verantwortung zu sehr auf die Jäger übertragen werde. Es sei eine tiefere Auseinandersetzung mit den tatsächlichen Ursachen nötig, die er sich nun von den Folgetreffen mit den Experten erhofft. So sei es kaum noch möglich, die Wildschweine zu den Hochsitzen zu locken und dort zu bejagen, weil diese in den Ortschaften immer mehr Nahrung fänden.
Streunende Wildschwein-Rotten hatten zuletzt für großes Aufsehen gesorgt
Zuletzt hatten durch Kleinmachnow ziehende Wildschweinrotten landesweit für Aufmerksamkeit gesorgt. Seit dem Jahreswechsel kursierten diverse Videos in den sozialen Medien. SPD-Ortschef Heinrich Plückelmann sprach davon, dass das Schwarzwild die Macht im Ort übernommen habe. Ziel müsse es daher sein, die Wildschwein-Population in den nächsten Wochen unverzüglich zu reduzieren, erklärte er.
Die Lebendfallen sollen vor allem dort eine Lösung bieten, wo Jäger nicht in der Lage sind, frei auf das Wild zu schießen. Die Tiere werden angelockt und dann in den Fallen zur Strecke gebracht. Dass sie vorab betäubt werden können, wie kolportiert, weist Hemmerden aber zurück. Dazu seien die Jäger nicht befugt. Zudem sei dies problematisch, da das erlegte Wild in den Handel gelange. Nach der aktuellen Jagdstatistik des Landes Brandenburg werden pro Jahr rund 90 000 Wildschweine erlegt, das entspreche etwa 1500 Tonnen Fleisch.
Vorschlag für Waldschänke abgelehnt
Nach Angaben der Stahnsdorfer Gemeindeverwaltung sei die Zahl der Wildhändler, die das Fleisch in der Mittelmark vermarkten, aber rückläufig. Stahnsdorfs Bürgermeister Bernd Albers (Bürger für Bürger) schlug daher vor, bei der gegenwärtigen Suche nach einem neuen Pächter für das Traditionslokal „Waldschänke“ zur Bedingung zu machen, dass dieser regelmäßig Wildschweinfleisch anbiete. SPD-Ortschef Heinrich Plückelmann hält davon allerdings nichts. „Hier werden auf populistische Weise zwei Themen miteinander vermengt“, erklärte er. Es sei schon schwierig genug, überhaupt einen Pächter zu finden, meint er.
Solveig Schuster