Stellvertretender Rathauschef macht Stimmung gegen Landkreis: Streit um Flüchtlingsunterkunft in Werder eskaliert
Werders 1. Beigeordneter Christian Große geht gegen die Eröffnung des Heims auf die Barrikaden und bringt Stadtbewohner in sozialen Netzwerken gegen den Landkreis auf. Nicht jedem gefällt der Ton, den der CDU-Politiker anschlägt.
Werder (Havel) - Der Streit um den Zuzug von Geflüchteten in Werder (Havel) eskaliert. Über die Webseite der Stadtverwaltung und das soziale Netzwerk Facebook hat sich jetzt Werders 1. Beigeordneter Christian Große (CDU) mit scharfer Kritik gegen den Kreis gewandt, der am 1. Oktober die ersten von bis zu 240 Geflüchteten im neuen Wohnheim auf der Bismarckhöhe unterbringen will.
Der Grund: Große und seine Verwaltung werfen dem Kreis, der für das Heim zuständig ist, schlechte Kommunikation vor. Erst vor wenigen Tagen sei die Verwaltung über die Eröffnung der Unterkunft in rund sechs Wochen informiert worden, „viele andere wichtigen Informationen werden uns seit Monaten vorenthalten“, kritisiert Große. Kommunikationsausfälle dieser Art seien im Herbst 2015 nachvollziehbar gewesen, als viele Geflüchtete nach Deutschland kamen. Jetzt aber nicht mehr. „Als die Entscheidung für eine neue Unterkunft in Werder fiel, standen Plätze in Unterkünften des Landeskreises frei, es wurden Heime aufgegeben“, schreibt Große in einer Mitteilung. Nur aus der Presse habe Werder bisher über die Pläne des Kreises erfahren.
„Bevor wir solche Informationen nicht aus erster Hand erhalten, kann es keine Unterstützung für eine Flüchtlingsunterkunft in Werder geben“, kündigt Große an und bittet die Werderaner um Verständnis für seine Entscheidung. Auch die für den 11. September geplante Infoveranstaltung werde die Stadt nicht unterstützen. Werder trotzt: Es gebe hohe Erwartungen an die Verwaltung, aber keine konkreten Informationen – und das seit Monaten. Wie berichtet sind in dem ehemaligen Lehrlingswohnheim auf der Bismarckhöhe rund 46 Einzelwohnungen entstanden. Einziehen sollen Familien, die bisher in anderen Heimen untergebracht waren sowie Familien aus der Erstaufnahme in Eisenhüttenstadt.
Mitten im Sommer herrscht Eiszeit zwischen Werder und der Kreisverwaltung
Dass die Stimmung derzeit auf dem Tiefpunkt ist, bestätigt auch Kreissprecherin Andrea Metzler. „Die Stadt wusste langfristig, dass dieses Thema auf sie zukommen wird“, so Metzler gegenüber den PNN. Der Beschluss für das Heim in Werder sei bereits vor zwei Jahren vom Kreistag gefällt worden. „Leider gab es beim Bau immer wieder Verzögerungen, sodass auch beim Landkreis der Zeitpunkt der Unterbringung immer wieder in der Schwebe war.“ Jedoch habe es ständigen Kontakt zwischen dem Landkreis und der Stadt gegeben, betont Metzler. Doch die Kommunikation war offensichtlich nicht immer ganz deutlich: „Einige Aussagen wurden leider auf beiden Seiten missverstanden“, räumt die Kreissprecherin ein. Der Kreis will Ende des Monats erneut das Gespräch mit der Stadt suchen.
Metzlers Sicht teilt Große nicht: So sei Werders Bürgermeisterin Manuela Saß (CDU) erst im April diesen Jahres bei einem Flurgespräch über die Pläne informiert worden. Saß habe daraufhin umgehend Landrat Wolfgang Blasig (SPD) um Klärung gebeten. In einer ersten schriftlichen Information des Kreises, die erst vor gut einer Woche in Werder ankam, gab es weder Antworten auf die Frage, wer und wie viele Geflüchtete kommen werden, noch konnten Fragen zum Heimkonzept beantwortet werden. „Es wird unmöglich sein, bis Oktober pädagogisches Personal zu bekommen, geschweige denn in einer schon angespannten Situation die räumlichen Kapazitäten zu schaffen“, schreibt Große.
Einzelne Stimmen gegen den Kurs von Große
Und erntet dafür besonders auf Facebook Zustimmung. Lediglich eine Nutzerin fragt sich, warum die Stadt ausgerechnet im sozialen Netzwerk ihre Position kundtun muss: „Um noch mehr Bürger zu verunsichern, denn jetzt ist auch die Stadt selbst gegen die Unterkunft.“ Auch Simone Holzwarth vom Aktionsbündnis Weltoffenes Werder kritisiert die jetzige Haltung der Stadt. Aus ihrer Sicht handele es sich um eine politische Schlammschlacht zwischen der schwarzen Stadtverwaltung und dem roten Landrat. „Es gibt eine klare Verpflichtung auf Seiten der Kommunen sich angemessen zu verhalten und die Flüchtlinge willkommen zu heißen.“ Von Große fordert sie mehr politische Kompetenz in dieser Sache.
Werder ist derzeit nicht die einzige Kommune, die auf Geflüchtete wartet. Seit Jahren schon wartet man in Michendorf darauf, dass in das ehemalige Sens-Convent Hotel in der Potsdamer Allee Geflüchtete einziehen sollen. Der Kreistag hatte bereits Ende 2016 grünes Licht für den Kauf des Gebäudes gegeben. Jüngst hatte die Michendorfer CDU den Zuzug von weniger als 100 Geflüchteten gefordert, alles andere, so stellte deren Vorsitzende Marion Baltzer klar, würde Michendorf überfordern. Auch dort fehle es an Plätzen in Kitas und Schulen.
Das Sens-Convent ist für maximal 250 Menschen ausgelegt, zuletzt war die Rede von 180 Geflüchteten, die dort einziehen sollen. Kreissprecherin Metzler bestätigte am Donnerstag, dass es sich um alleinstehende Männer und Familien handelt, die nach Michendorf kommen sollen. Einen konkreten Termin gibt es noch immer nicht, die Rede ist von Herbst diesen Jahres. „Genauere Pläne kennen wir auch nicht“, so Rathaussprecherin Stefanie Amelung. Mit einem Einzug im September rechne man indes nicht mehr, heißt es aus der Verwaltung.
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