140. Baumblütenfest: Stadt und Polizei zufrieden, Einbußen bei Obstbauern
Das 140. Werderaner Baumblütenfest ist zu Ende. Die Stadt Werder und die Polizei ziehen eine positive Bilanz, den Bauern fehlt Umsatz.
Werder (Havel) - Obstweinverkäufer, die gelangweilt aus ihren Ständen schauten, und Familien, die die Bewegungsfreiheit auf der Festmeile genossen: Es war ein ruhiger Sonntag, an dem gestern das 140. Werderaner Baumblütenfest zu Ende ging. Nach neun Tagen fällt die Bilanz gemischt aus: Während Stadt, Polizei und Rettungskräfte mit dem Festverlauf zufrieden waren, sprechen Obstbauern von deutlichen Umsatzrückgängen.
Mit der Bahn seien bis Sonntagmittag etwa 90.000 Besucher nach Werder gekommen, sagte Fabian Kalisch von der Bundespolizei den PNN. Im Vorjahr waren es 82.000. Am größten sei der Andrang am zweiten Festsamstag gewesen, an dem 28.000 Menschen am Werderaner Bahnhof ankamen. Der habe an beiden Samstagen abends immer wieder kurz gesperrt werden müssen, um eine geordnete Abreise zu gewährleisten, was insgesamt aber gut funktioniert habe.
Bürgermeisterin Saß dankt Werderanern für ihre Geduld
Bürgermeisterin Manuela Saß (CDU) lobte am Sonntagnachmittag bei einer Pressekonferenz das Zusammenspiel von Stadt, Polizei, Rettungskräften und Ehrenamtlern und dankte den Werderanern für ihre Geduld. „Das Wetter hat gehalten und es gab viele tolle Momente auf der Festmeile“, so Saß.
Sie verschwieg auch die Probleme des Festes nicht: „Der Obstwein gehört bei uns dazu wie die Maß zum Oktoberfest.“
Unter den Zehntausenden Anreisenden gebe es leider auch „Randalierer und Spinner“, was besonders an den Samstagen zu spüren gewesen sei. „Das soziale Miteinander besteht leider auch nicht immer: Wenn jemand die Wirkung des Obstweins unterschätzt hat, wird er von Freunden manchmal einfach liegengelassen“, so die Bürgermeisterin. Der Veranstalter und die Sicherheitspartner hätten die Lage jedoch immer unter Kontrolle gehabt.
Sozialarbeiter zum ersten Mal auf dem Baumblütenfest
Auf den in diesem Jahr eingeführten Einsatz von Sozialarbeitern, die auf dem Fest unterwegs waren, habe es bisher positive Rückmeldungen gegeben: „Der Jugendschutzbeauftragte des Landkreises sagte uns, dass die Erwartungen übertroffen wurden.“ Die Ansprache sei von den Jugendlichen gut angenommen worden, teilweise hätten sie sich bei den Sozialarbeitern auch bedankt.
Der Einsatz solle nun gemeinsam mit dem Landkreis und dem sozialen Träger Job e.V. evaluiert werden, dann sollen Zahlen genannt werden. Alkoholkonsum bei Jugendlichen sei ein generelles Problem, dem man sich beim Fest aber „verstärkt stellen“ müsse, so Bürgermeisterin Saß.
Besondere Probleme mit Jugendlichen konnte Eddy Benkendorf von der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft (DLRG) nicht ausmachen. „Bei Jugendlichen gab es keine speziellen Ausreißer. Hier und da waren mal Minderjährige dabei, das ist aber bei jedem Volksfest so.“
Bis zu hundert Einsatzkräfte hatte die DLRG an Spitzentagen vor Ort. Verglichen mit den Besucherzahlen habe man „relativ wenig“ zu tun gehabt. Das DLRG hat zum Fest Stützpunkte am Bahnhof, an der Polizeiwache und auf der Insel.
Busse konnten gar nicht alle Fahrgäste mitnehmen
Jenseits der Sicherheitsfragen und des Alkoholkonsums ist es laut Bürgermeisterin Saß ein großer Erfolg, dass das Fest am Obstpanoramaweg bei Glindow mit vielen Plantagen wieder zu seinem Ursprung zurückgefunden hat. „Die Busse konnten an den beiden Samstagen gar nicht alle Fahrgäste mitnehmen, die vom Bahnhof auf die Höfe wollten.“ An den anderen Tagen sei es dort jedoch sehr ruhig gewesen, sagte Stefan Lindicke, Obstbauer und Geschäftsführer des Obst- und Gartenbauvereines, den PNN. „Ich würde schätzen, dass wir 30 Prozent weniger Gäste in den Gärten hatten als im Vorjahr.“ Lindicke ist am Obstpanoramaweg und mit einem Garten im Hohen Weg beim Baumblütenfest vertreten. Auch andere Händler hätten ihm versichert, weniger Gäste als im Vorjahr gezählt zu haben, als es an den Festtagen sonnig und warm war.
"Blüten sind meist schon weg"
Am ersten Sonntag seien so wenig Menschen wie wohl bei noch keinem Blütenfest gekommen. Auch am Freitag seien deutlich weniger Besucher unterwegs gewesen. „Die Blüten sind meist schon weg, dazu war es kalt und windig. Da bleibt man nun mal nicht gern im Garten sitzen.“ Normalerweise würden die Besucher in den Hohen Weg kommen, wenn es auf der Insel zu voll wird, das sei jedoch nicht vorgekommen. Trotzdem ist Lindicke optimistisch: Das Fest sei friedlich gewesen, nächstes Jahr brauche man einfach wieder besseres Wetter.
Weniger Umsatz, laute Jugendliche
Frank Wache, der seinen Obstgarten direkt auf der Insel hat, spricht zwar von etwa der gleichen Anzahl an Gästen wie im Vorjahr – sie hätten aber weniger Umsatz gebracht. Besonders an den Samstagen und am 30. April seien viele Jugendliche unterwegs gewesen, die laute Musik aus eigenen Boxen gehört und so Stammkunden vertrieben hätten. „Die kommen auch teilweise schon betrunken an oder nehmen sich gleich härtere Sachen mit auf das Fest“, so Wache. Die Sonntage und der 1. Mai seien aber angenehm gewesen. „Der Wein hat geschmeckt, das ist das Wichtigste“, sagte der Obstbauer.
Hintergrund: Weniger Straftaten als 2018
Die Zahl der Straftaten auf dem Baumblütenfest ist im Vergleich zum Vorjahr gesunken: Während die Polizei auf dem Festgelände im vergangenen Jahr bis Sonntagmittag 284 Straftaten registrierte, waren es in diesem Jahr bis 21 Uhr am Samstag 203 Straftaten. Das teilte Andreas Wimmer von der Polizeidirektion West am Sonntagnachmittag bei einer Pressekonferenz mit. Aktuellere Zahlen konnte die Polizei bis Redaktionsschluss nicht liefern. Etwa ein Drittel aller Delikte waren Körperverletzungen, ein weiteres Drittel Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz – hauptsächlich wurde Cannabis gefunden. Der Rest verteile sich etwa auf Diebstähle, Beleidigungen und ähnliches. Am Samstag wurde zudem eine sexuelle Belästigung angezeigt, eine Frau sei auf dem Rückweg nach Brandenburg/
Havel im Zug unsittlich berührt worden, die Ermittlungen laufen. Schwerwiegende Fälle wie im Vorjahr, als eine damals 18-Jährige mutmaßlich vergewaltigt und eine weitere Frau an einem Fahrgeschäft schwer verletzt wurde, sind bisher nicht gemeldet worden. Deutlich gestiegen ist die Zahl der Platzverweise von 245 auf 367. Rund um den Werderaner Bahnhof blieb die Zahl der Straftaten in etwa gleich: 150 registrierte die Bundespolizei bis Samstagabend, im vergangenen Jahr waren es 148. Laut Fabian Kalisch von der Bundespolizei, waren etwa ein Viertel Gewaltdelikte. Hauptsächlich seien Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz verzeichnet worden.