"Der III. Weg" demonstrierte in Werder: Schlager gegen Neonazis
Fast 100 Werderaner demonstrierten am Samstag gegen die Kundgebung des „III. Weges“, von dem nur knapp 30 Personen anwesend waren.
Werder (Havel) - Kaum in Werder angekommen merkt man am Samstag, dass etwas anders ist. „Hier sind überall Polizisten und Fotografen. Ich glaub, ich muss hier erst mal weg“, sagt eine Frau aufgebracht am Telefon nahe dem Einkaufszentrum Werderpark. Anlass für die Aufregung ist eine Kundgebung der rechtsextremen Splitterpartei „Der III. Weg“. 30 Personen protestieren für einen „Ausländerstopp“. Etwa dreimal so viele stellen sich ihnen entgegen, zeigen, warum die Stadt den Titel „Ort der Vielfalt“ trägt.
Versammlungsleiter der „III. Weg“- Kundgebung ist Maik Eminger. Vom Verfassungsschutz wird er als Szenegröße mit bundesweiter Bedeutung eingeschätzt, sein Zwillingsbruder André sitzt im NSU-Prozess auf der Anklagebank (PNN berichteten). Nach kurzer Einleitung einer seiner Gefolgsleute tritt er ans Rednerpult, schreit geradezu in das Mikrofon. Das muss er auch, um gegen die Gegenproteste anzukommen. Ein ständiges Pfeifkonzert zur Linken der Neonazis, angemeldet vom Werderaner Anti-Rassismus-Bündnis Kurage, und frontale Beschallung von einer spontan angemeldeten Versammlung, der Großteil der Teilnehmer sind junge Erwachsene.
Musik von Helene Fischer und Wolfgang Petry
Vom Eingang des Werderparks dröhnen den Rechtsextremen außerdem Schlagerlieder entgegen – von Helene Fischers „Atemlos“ bis hin zu Wolfang Petrys „Weiß der Geier“, daneben englischsprachige Hits wie „Cheri, Cheri Lady“ von Modern Talking. „Wir wollten den Rechten mit Fröhlichkeit begegnen“, erklärt Werderpark-Leiter Alexander Plattner, extra laut habe man die Lautsprecher gedreht. Und dann sind da auch noch die vorbeifahrenden Autos, deren Fahrer kräftig auf die Hupe drücken, um die Reden des „III. Wegs“ zu übertönen. Einige von ihnen werden anschließend von der Polizei ermahnt, die Hupe sei schließlich ein Warnsignal.
Maik Eminger schürt in seiner Rede Ängste vor „kriminellen Ausländern“, mehrmals muss er wegen der hupenden Autofahrer pausieren. Eine ältere Dame hört von der anderen Straßenseite zu. „Jetzt sei doch endlich stille“, sagt sie dann mehr zu sich selbst und geht.
"National, revolutionär, sozialistisch" steht auf den T-Shirts
Ein weiterer Redner bei der Aktion der Rechtsextremen ist Pascal Stolle. Vor allem in Bad Belzig ist er noch für seine NPD-Zugehörigkeit bekannt, bis Anfang März saß er für die Rechtsextremen im Stadtparlament. In Werder trägt er, wie auch Maik Eminger, ein T-Shirt vom „III. Weg“ - „national, revolutionär, sozialistisch“ steht auf dem Rücken. Seit Januar dieses Jahres ist Stolle nach eigenen Angaben Mitglied in der Splitterpartei und beendete aus diesem Grund auch sein NPD-Engagement. Wie sein Vorredner Eminger schürt Stolle Überfremdungsängste und kündigt allerdings auch weitere Kundgebungen des "III. Wegs" in den nächsten 14 Tagen an, mit denen man für den "Nationalen Arbeiterkampftag" am 1. Mai im thüringischen Saarfeld mobilisieren wolle. Anschließend gibt Eminger, ehe er die Versammlung auflöst, die Gründung eines „III. Weg“-Stützpunkts im Land Brandenburg bekannt, vieles hatte im Vorfeld bereits darauf hingedeutet.
Nach 90 Minuten ist der Spuk vorbei
90 Minuten stehen die Neonazis insgesamt am Werderpark. 80 Polizisten waren im Einsatz, Festnahmen gab es keine, teilte die Polizei im Anschluss auf Anfrage mit. Uwe Dinjus, der Vorsitzende vom Kurage-Bündnis, spricht von einem gelungenen Gegenprotest. „Das war heute sehr erfolgreich“, sagt er und weist darauf hin, dass sich – neben allen Rathausfraktionen – auch Werders Bürgermeisterin Manuela Saß (CDU) den Rechten entgegenstellte. „Werder hat heute Flagge gezeigt“, resümiert er.
Nachdem die „III. Weg“-Aktivisten ihre Materialien eingepackt haben, verabschieden sie sich aus Werder mit einem „Frei, sozial und national!“, steigen in ihre Autos und fahren Richtung Brandenburg/Havel, wo sie ebenfalls noch eine Kundgebung abhalten werden. Das gleiche Programm wie in Werder, allerdings ohne Gegenprotest.
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