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Die unvollendete Therme in Werder.
© Lutz Hannemann

Unterlegene Bieter kritisieren Stadt: Neue Turbulenzen um Werders Therme

Zwei unterlegene Bieter greifen das Vergabeverfahren an – es laufen Nachprüfungen. Die Stadt weist alle Vorwürfe entschieden zurück.

Von Enrico Bellin

Werder (Havel) - Hatte die Firma Schauer bei ihrer Bewerbung um Vollendung und Betrieb der Werderaner Blütentherme einen Informationsvorsprung gegenüber ihren Konkurrenten? Diesen Vorwurf erhebt Volker Kurz, Geschäftsführer der Stuttgarter InterSpa-Gruppe. Auch er hatte sich um Bau und Betrieb der Therme beworben. „Das gleiche Architekturbüro, das die Stadt im Jahr 2016 beraten hat, ist jetzt das Architekturbüro von Herrn Schauer“, sagte Kurz gegenüber den PNN. Stadtverwaltung, Schauer und das Architekturbüro weisen jedoch entschieden zurück, dass Schauer dadurch Vorteile hatte.

Wie berichtet hat die Stadt Werder (Havel) Andreas Schauer als Bestbieter für Vollendung und Betrieb der Therme auserkoren, die Stadtverordneten sollen dem Vertragsschluss mit Schauer am heutigen Mittwoch zustimmen. Schauer will für knapp 28,3 Millionen Euro, die die Stadt zahlen soll, die Bauruine Blütentherme vollenden und sie als „Haveltherme“ dann ohne Zuschuss betreiben.

Das Architekturbüro, das mit Schauer zusammenarbeitet, ist die Hamburger Geising + Böker GmbH. Dieses Büro hat schon im Jahr 2016 im Auftrag der Stadt einen Masterplan für die Entwicklung des Thermenumfelds erstellt. Auch arbeitet es seit 1998 mit der Firma Schauer zusammen.

„Wer die Stadt berät, sollte nicht derjenige sein, der hinterher auch anbietet“

„Natürlich haben die Architekten dadurch einen Informationsvorsprung. Wer die Stadt berät, sollte nicht derjenige sein, der hinterher auch anbietet“, so Kurz von InterSpa. Er habe bei den Verhandlungen gemerkt, dass er „nicht willkommen“ sei. So habe die Stadt, anders als es bei Vergaben üblich sei, nicht gesagt, was sie maximal als Bausumme ausgeben wolle oder einen maximalen jährlichen Zuschuss genannt. Kurz zweifelt auch an, dass die von Schauer geplante Therme für 28,3 Millionen Euro fertiggestellt werden kann. Er habe ein Konzept mit ähnlichem Umfang eingereicht, jedoch ohne Seesauna und auffahrbares Dach, das allein mehrere Millionen koste. Trotzdem habe er für seinen Bau etwa 30 Millionen Euro einkalkuliert.

Und das, obwohl er nur eine halbe Million Euro als Puffer für Baumängel eingerechnet habe. Beim Angebot von Andreas Schauer sind es zwei Millionen Euro Puffer. Die Bieter, die das Risiko einpreisen sollten, haben Volker Kurz zufolge nicht genügend Einblick in den vorhandenen Bau erhalten. Deshalb habe er die Stadt gerügt; die Antwort aus dem Rathaus darauf prüfe er gerade – und ebenso, ob er gegen die Vergabe an Schauer vorgeht. Ein Nachprüfverfahren eines weiteren Bieters läuft derzeit. Da das Vergabeverfahren an sich geheim ist, ist nicht bekannt, welche Firma das Verfahren beantragt hat.

Stadt Werder versichert, dass die Therme nicht teurer wird

Die Stadtverwaltung betont, dass das EU-Vergabeverfahren mit wettbewerbskonformen Rahmenbedingungen stattfand und -findet. Allen Verfahrensteilnehmern seien gleichberechtigt alle relevanten Unterlagen zur Verfügung gestellt worden, auch der Masterplan des Architekturbüros. Die Bewerber „hatten hinlänglich Zeit, die Therme zu begutachten“, so die Verwaltung in einer Pressemitteilung. „Anderslautende Vorwürfe und Mutmaßungen weist die Stadt Werder entschieden zurück und wird sie gegebenenfalls einer juristischen Prüfung unterziehen lassen.“

Auch den Vorwurf, die von Bestbieter Schauer geplante Therme könne teurer werden, weist die Stadt zurück. Die Kosten für die Fertigstellung der Therme seien im Vertrag fixiert. Welcher Unternehmen sich Schauer bediene, obliege nicht der Verantwortung der Stadt.

Andreas Schauer findet es sogar logisch, mit dem Büro zusammenzuarbeiten, das den Masterplan erstellt hat. „Jeder Bewerber hätte bei diesen Architekten anrufen können“, so Schauer gegenüber den PNN. Zwar habe er schon beim Bau der Saarlandtherme nahe Saarbrücken mit Geisinger+Böker zusammengearbeitet, beide seien aber keine exklusiven Partner. Für ein aktuelles Thermenprojekt am Bodensee etwa beschäftige er ein anderes Architekturbüro.

Verfahren „ganz regulär gewonnen"?

Auch im Hamburger Architekturbüro kann man die Vorwürfe nicht nachvollziehen. „Wir haben das Verfahren ganz regulär gewonnen“, so Geschäftsführer Rolf Böker. In 2016 habe sich sein Büro bei der Erstellung eines Masterplans vor allem mit der Umfeldgestaltung der Therme befasst, weniger mit dem Baukörper an sich. Zudem seien die Unterlagen, die das Büro erstellt hat, alle öffentlich geworden und so für alle Bewerber zugänglich gewesen.

Die Vorsitzende des Badausschusses, die SPD-Fraktionsvorsitzende Anja Spiegel, findet es jedoch auch „auffällig, wenn das beratende Architekturbüro das ist, was jetzt ausführen soll“. In der Badausschusssitzung am Montagabend haben sie und Peter Hinze (Linke) gegen einen Vertragsschluss zwischen Stadt und Schauer gestimmt, die fünf Ausschussmitglieder von CDU und Freien Bürgern waren jedoch dafür.

Das laufende Nachprüfverfahren sieht Spiegel bisher gelassen. „Es ist ganz normal bei solchen Vergaben, dass unterlegene Bieter das fordern.“ Ob der unterlegene Bieter Chancen hat, gegen das Verfahren vorzugehen, könne sie nicht einschätzen, so Spiegel. Allerdings kann der endgültige Zuschlag für den Thermenbau an Schauer erst erteilt werden, wenn das Nachprüfverfahren abgeschlossen ist. Bis dahin kann der Vertrag mit Schauer aber ausverhandelt werden.

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