Imker in Potsdam-Mittelmark: Mit Blühstreifen gegen das Bienensterben
40 Prozent der Brandenburger Bienen-Völker haben den Winter nicht überlebt. Regionale Bauern initiieren jetzt ein Blüten-Projekt zum Erhalt der Artenvielfalt.
Kleinmachnow - Sie krabbeln auf den Boxen und ziehen surrend ihre Kreise, einige bringen bereits erste Pollen ein. Bodo Wackrow hebt den Deckel eines seiner Bienenstände an und fährt ruhig mit der Hand über die Folie, unter der sich die Insekten ihren Weg suchen. „Die Bienen, die ich eingewintert habe, habe ich auch wieder ausgewintert“, erklärt er. Mehr als zehn Völker hält sich der Kleinmachnower Imker auf seinem Gartengelände am Teltowkanal – alle hat er durchgebracht. Nach dem Winter bauen sich die Bienenstämme nun allmählich wieder auf. Von rund 20 000 bis 25 000 Bienen pro Volk werden sie, wenn alles gut geht, bis zum Sommer auf etwa das Doppelte anwachsen.
Der Chef des Imkervereins Region Teltow hat offenbar gut vorgebaut. Im restlichen Brandenburg sieht es hingegen düster aus: Mehr als 40 Prozent der rund 22 000 Bienenvölker, die es vor dem Winter in der Mark gab, sollen ihn nach Angaben des Brandenburgischen Imkerverbandes nicht überlebt haben. Ein einmalig hoher Verlust, normal seien etwa zehn bis 15 Prozent, die es nicht über den Winter schaffen. „Die Zahlen sind erschütternd“, kommentiert Bodo Wackrow die statistische Erhebung. Für die Region Teltow, Kleinmachnow, Stahnsdorf kann er sie aber nicht bestätigen. Es gebe Verluste, aber nicht so große, auch hätten die Imker noch bis Ende April Zeit, ihre Bienenzahlen zu melden, sagt Wackrow, dessen Verein etwa 75 Imker zählt. Zurzeit lägen die gemeldeten Verluste in der Region bei acht bis neun Prozent.
Varroamilbe ist hauptsächlich für Bienensterben verantwortlich
Hauptursache für das Bienensterben ist laut Imkerverband die Varroamilbe, die den Bienenzüchtern schon seit Jahren zu schaffen macht. Sie kann unter den Bienen Viren und Bakterien verbreiten. Das Imkern erfordere Aufmerksamkeit und Zeit, erklärt Wackrow. Man kann Bienen mit Milben imkern, dürfe nur nicht nachlässig sein, meint der 77-Jährige. Im Herbst, wenn kein Honig mehr entnommen werde, lasse sich die Milbe bekämpfen, etwa mit Ameisensäure. Noch wichtiger sei die biologische Methode, jetzt im März, sagt Wackrow. Die Milbe gehe vorzugsweise in die Drohnenbrut. Entscheidend sei es, die befallene Brut aus dem Volk zu entnehmen.
Ein weiteres Problem, das Imker und Bauern jüngst zusammengebracht hat, ist der Einsatz von Insektenschutzmitteln in der Landwirtschaft. Es existierten immer noch Wirkstoffe, die für Bienen, aber auch für andere Insekten schädlich sind, so Wackrow. Wichtig sei, mit den Landwirten in Kontakt zu kommen und sich abzusprechen. Einmal pro Jahr packe er seine Bienenhäuser auf den Autoanhänger und fahre hinaus auf ein Rapsfeld in der Mittelmark. Der Landwirt berücksichtige dies in der Spritzfolge. Verluste erlitt Wackrow hier noch nie. Problematischer werde es für Wanderimker, die mal hier und mal da unterwegs sind und die lokalen Gepflogenheiten nicht kennen, erklärt der Pressesprecher des Landesbauernverbands Brandenburg, Sebastian Scholze. Auch er plädiert dafür, sich besser abzustimmen. Zudem hat der Landesbauernverband ein Projekt initiiert, mit dem er auf die Imker zugehen und „einen Teil zu einer positiven Entwicklung der Artenvielfalt des Landes“ beitragen will. Rund 20 Bauern aus dem Land hätten bereits Interesse an dem so genannten Blühstreifen-Projekt angemeldet. Auf rund 400 000 Quadratmetern Fläche sollen an den Rändern von Äckern Blühmischungen ausgesät werden, die parallel zu den Feldpflanzen wachsen und den Bienen und Insekten alternative Nahrung bieten. Imker Wackrow hält das für eine gute Idee. Neu ist sie nicht. Er meint, dass noch viel mehr ungenutzte Flächen dafür aktiviert werden könnten, etwa entlang der Autobahn, aber auch in den Orten.
"Blühstreifen Beelitz" zum Wohle der Bienen und anderen Insekten
Ab April werde das Saatgut ausgebracht, erklärt Bauernverbandssprecher Scholze, im Sommer könnten die ersten Pflanzen am Rande der Felder blühen. Bisher hätten Betriebe aus den Landkreisen Oberhavel, Teltow-Fläming und Spree-Neiße ihre Mitarbeit zugesagt, Potsdam-Mittelmärker seien noch nicht dabei. Jedoch hat sich in Beelitz ein eigenes Projekt gegründet. Hier soll eine „blühende Modellregion Buchholz-Wittbrietzen“ entstehen. Ab dem Frühjahr wollen Beelitzer Landwirte zwölf Hektar Nutzfläche in Blütenwiesen umwandeln. Ein eigens gegründeter Verein namens „Blühstreifen Beelitz“ soll das Projekt umsetzen. 40 bis 50 verschiedene heimische Wildpflanzenarten wie Kornblumen, Margeriten oder Malven, aber auch Sonnen- und Ringelblumen sollen dort in den nächsten Wochen ausgesät werden, so Koordinatorin Kerstin Pahl. Nicht nur zum Wohle der Bienen, sondern der gesamten Insektenpopulation, die um 80 Prozent zurückgegangen sei.
Bodo Wackrow, schon seit mehr als 30 Jahren Imker in der Region, kann sich über mangelnde Unterstützung nicht beklagen. In der Gemeinde Kleinmachnow werde das Thema Bienen „sehr positiv bewertet“, sagt er. Seit einigen Jahren platziert Wackrow zwei Bienenstände auf dem Rathausdach. Mittlerweile gibt es einen eigenen Rathaushonig mit extra Etikett, mit dem die Gemeinde für die Imkerei werbe. Auch das Angebot an blühenden Pflanzen in der Region sei hoch. Allerdings könnte es knapper werden. Einige Kleinmachnower wollen die nicht heimischen Robinien aus dem Ort entfernen, das ärgert ihn. Im Bürgerhaushalt wurde solch ein Vorschlag gemacht. Gerade die weit verbreiteten Robinien seien für die Bienen ein wichtiges Angebot, insbesondere in der Zeit, wenn der Ahorn nicht mehr und die Linde noch nicht blüht, sagt Wackrow.
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