Töplitz: Kräfte bündeln gegen Lärm
Töplitzer Bürgerinitiative sucht neue Mitstreiter, damit fertig geplanter Lärmschutz auch gebaut wird
Werder (Havel) - Es ist laut in Töplitz. Schon in zwei Metern Entfernung ist das Gespräch zwischen dem Ortsvorsteher Frank Ringel, der Bundestagsabgeordneten Andrea Wicklein (SPD) und Wolfram Lehmann von der Bürgerinitiative Autobahnlärm Werder (Havel) am gestrigen Donnerstag auf dem Gelände des Yachthafens Ringel kaum zu verstehen. Denn in 16 Metern Höhe thront die Autobahnbrücke über dem Ort. Etwa 25 000 Autos nutzen die Überführung der Autobahn 10 über die Havel hier täglich – pro Richtung. Lärmschutz ist seit Jahren geplant, seine Realisierung aber offen.
Der Grund: Der Bund, der für die Autobahnen zuständig ist, ist erst in der Pflicht, Lärmschutz zu schaffen, wenn die Autobahn von vier auf sechs Fahrspuren verbreitert wird. Im aktuellen Bundesverkehrswegeplan ist der Ausbau jedoch nur als Projekt im „weiteren Bedarf mit Planungsrecht“ eingestuft, realisiert werden durch begrenzte Finanzen jedoch nur Projekte, die als „vordringlicher Bedarf“ eingruppiert sind.
Sowohl Wicklein als auch die Töplitzer fordern seit dem vergangenen Herbst deshalb, dass die Lärmschutzarbeiten zwischen Töplitz und Spandau vorgezogen werden. „Die Brücke wurde bei ihrer Sanierung bis 2004 schon für den Bau der Lärmschutzwände vorbereitet“, so Ortsvorsteher Ringel. Es gibt Hülsen, die die Halterungen der Wände aufnehmen können, und auch die Traglast der Brücke sei auf die Schutzwände ausgerichtet. Die Brücke wurde bei ihrer Erneuerung schon mit einer Breite für sechs Fahrspuren gebaut, derzeit sind aber nur vier markiert.
Um mehr Menschen zu erreichen, hat sich die Bürgerinitiative Töplitz nun in Bürgerinitiative Autobahnlärm Werder (Havel) umbenannt. „Wir wollen uns breiter aufstellen und nach ganz Werder ausstrahlen“, so der Vorsitzende Wolfram Lehmann. Deshalb habe man alle Vorsteher der Werderaner Ortsteile angeschrieben, schließlich sind insgesamt mehrere Tausend Menschen, etwa auch die Werderaner Havelauen, Phöben, Kemnitz und Derwitz vom Autobahnlärm betroffen. „Dort suchen wir jetzt Mitstreiter“, so Lehmann. Denn noch gebe es nicht sehr viele aktive Mitstreiter.
Wie viele Mitglieder die Initiative insgesamt hat, kann Lehmann nicht sagen, da keine Auflistungen geführt würden. Den Autobahnausbauplänen zufolge sollen auch in Siedlungsnähe der genannten Ortsteile Lärmschutzwände entstehen. Auch mit den neun anderen Bürgerinitiativen für Lärmschutz, die es inzwischen in mehreren Landkreisen entlang des Berliner Ringes gibt, vernetzte man sich. Treffen gebe es ein bis zwei Mal im Monat, das nächste Mal am 26. April in Birkenwerder (Oberhavel).
Wicklein zufolge ist diese Zusammenführung der Kräfte nötig, damit die Lärmschutzforderungen mehr Gewicht erhalten. Wenn dann auch das Land mehr Druck auf den Bund ausübe, würde das helfen, um den Autobahnausbau doch noch in die höchste Priorität des Verkehrswegeplanes zu bekommen. „Mit einer Umstufung vor der Bundestagswahl im September ist aber in keinem Fall mehr zu rechnen“, so die Bundestagsabgeordnete.
Wie Wickleins Mitarbeiter Norbert Kunz auf Nachfrage beim zuständigen Ministerium erfahren hat, sind die Planungen für den Autobahnabschnitt zwischen dem Dreieck Werder und der Abfahrt Spandau schon lange abgeschlossen. Nur von Spandau zum Dreieck Havelland werden sie derzeit noch erstellt. „Nach Aussagen des Ministeriums sind dazu noch 146 Monate Planungszeit ausstehend“, so Kunz. Also zwölf Jahre und zwei Monate. Anschließend würde der Ausbau der 45,1 Kilometer langen Gesamtstrecke insgesamt 56 Monate dauern und 568 Millionen Euro kosten. Wie viel nur der Bau der Lärmschutzwand kosten würde, ist unklar.
Auf der Südostseite der Brücke sollen die Wände 2,5 Meter hoch werden, auf der Nordwestseite 4,5 Meter. Die Höhen sind nötig, da der Wind den Lärm sonst kilometerweit über die Havel trägt. Selbst der Lärm von der etwa zwei Kilometer entfernten Werderaner Eisenbahnbrücke über den Fluss ist in Töplitz je nach Windrichtung noch zu hören. Auf Nachfrage von Wicklein, ob angesichts der Planungsreife der Ausbau Werder-Spandau vorgezogen werden könnte, hieß es aus dem Bundesverkehrsministerium wie berichtet nur, dass dafür kein Bedarf gesehen werde – obwohl der Verkehr laut Prognosen bis 2025 auf täglich 37 000 Fahrzeuge pro Richtung zunehmen soll, darunter bis zu 22 Prozent Schwerlastverkehr. Das Brandenburger Infrastrukturministerium wollte den Autobahnausbau deshalb auch in den vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplanes bringen, und hatte das auch mit dem wachsenden Logistikstandort in Wustermark, gut 15 Kilometer nördlich von Töplitz, begründet. Außerdem sei eine grundhafte Erneuerung der Autobahn ohnehin unabdingbar.
„Das Land hatte den Ausbau vernünftig angemeldet und begründet“, findet Wicklein, die auch schon 2009 und 2013 – beides Bundestagswahljahre – vor Ort war. Als Wahlkampftermin wollte sie den Auftritt gestern aber nicht sehen, da sie im September nicht mehr antrete.
Interessenten an der Bürgerinitiative können sich per E-Mail an bi@toeplitz.de melden.
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