zum Hauptinhalt
Die Haveltherme in Werder (Havel).
© Andreas Klaer (Archiv)

Pfusch auf der Großbaustelle in Werder (Havel): Gutachten zeigt massive Mängel an der Haveltherme

Dass die unfertige Haveltherme in Werder (Havel) bereits jetzt schon viele Mängel hat, ist klar. Ein neues Gutachten verdeutlicht nun das Ausmaß der Fehlplanungen.

Von Enrico Bellin

Werder (Havel) - Ein falsch geplantes Dach und fehlende Technik zur Wasseraufbereitung: Dass die Thermenbaustelle in den Werderaner Havelauen viele Mängel hat, ist bekannt. Ein Zustandsbericht der Baustelle des Bielefelder Gutachterbüros Constrata vom Juni 2018 verdeutlicht allerdings anschaulich das Ausmaß der Fehlplanung an der Baustelle. „Die geplante Dachentwässerung ist ein Desaster und muss neu konzipiert werden“, heißt es in dem Bericht, der den PNN in Ausschnitten vorliegt. Zuvor hatte die „Märkische Allgemeine Zeitung“ über das Gutachten berichtet, das Bestandteil des Bauvertrages ist, den die Stadt Werder (Havel) im Sommer mit der Firma Schauer geschlossen hat. Diese soll den Bau vollenden.

Am Dach fehlen Lüftungseinrichtungen

Nach Öffnung des Daches hatten die Gutachter etwa „freies Wasser“ in der Dämmung gefunden. Wie berichtet fehlen derzeit Lüftungseinrichtungen am Dach. Die Trocknung ist laut Gutachten zwar möglich, allerdings könne keine Aussage zur Qualität der Konstruktion gemacht werden, da sich „die innenklimatischen Verhältnisse in den Räumen in dem Moment ändern, in dem Wasser in die Becken gelassen“ und die Temperatur angehoben werde. Neben dem Dach könnten auch die Übergänge zur Fassade betroffen sein. Bei der Trinkwasserverteilung sei „nicht ausreichend Rücksicht auf gesetzliche Anforderungen“ genommen worden, was zu Betriebsproblemen führe, die „eine Schließung des Bades durch das Gesundheitsamt“ zur Folge haben kann. Andere Schwachstellen in der Technik würden zu „vermeidbaren hohen Betriebskosten“ führen. Lüftungsgeräte seien zwar vorhanden, im 2011 begonnenen Rohbau aber inzwischen in „desolatem Zustand“.

Werders Bürgermeisterin Manuela Saß (CDU) zufolge ist die Beseitigung all dieser im Gutachten aufgenommenen Schäden mit der Firma Schauer vertraglich vereinbart worden. Somit ist sie Bestandteil der 28,3 Millionen Euro, die die Stadt in die Vollendung der Therme investiert, die am Ende mehr als 50 Millionen Euro gekostet haben wird. „Bei dem Gutachten handelt es sich um einen Zustandsbericht über einen Baukörper, der nicht betriebsbereit und nicht abgenommen ist“, betont die Bürgermeisterin.

Kreilinger: Es sei sogar gut, dass so viele Mängel im Prüfbericht auftreten

Wie Peter Kreilinger (CDU), stellvertretender Vorsitzender des Badausschusses, den PNN erklärte, sei es sogar gut, dass so viele Mängel im Prüfbericht auftreten. Denn in den 28,3 Millionen Euro sind zwei Millionen Euro als Puffer für die Beseitigung verdeckter Mängel enthalten. Da die aufgeführten Mängel nach dem Gutachten aber nicht mehr verdeckt sind, kann deren Behebung nicht aus diesem Budget bezahlt werden.

Andreas Schauer kannte die Mängel, bevor er für die Therme bot. 
Andreas Schauer kannte die Mängel, bevor er für die Therme bot. 
© Andreas Klaer

Andreas Schauer, der mit seiner Firma die Therme bis zum Frühjahr 2021 vollenden will, sieht keine unerwarteten Probleme im Gutachten beschrieben. „Wir sind ja nicht blauäugig durch die Landschaft gelaufen“, er selbst habe bereits vor der Angebotsabgabe ein Gutachten über den Bauzustand in Auftrag gegeben. Ohne solche Untersuchungen hätte er nach eigenen Angaben ohnehin keine Zwischenfinanzierung für das Projekt erhalten. Den Baustart für die Thermenvollendung erwartet er nach wie vor im Frühjahr.

Das Dach an sich ist dicht

Schauers Co-Geschäftsführer Roland Eberle, der das Bau- und Projektmanagement der Werderaner Therme leitet, erläutert den PNN, wie die Fehler vertragsgemäß behoben werden sollen: In das Dach sollen etwa nachträglich 25 Öffnungen für den Rauch- und Wärmeabzug eingebaut werden. Bei dem im Gutachten erwähnten freien Wasser handele es sich um „Schwitzwasser“, das bei der Kondensation entsteht. Das wellenförmige Dach sei an sich dicht. Eberle spricht auch nur von „minimalen feuchten Stellen“, die es gebe.

Auch hygienische Probleme beim Trinkwasser gebe es nicht. So würden Spülleitungen eingebaut, um wenig durchflossene Rohre regelmäßig reinigen zu können. In den Warmwasserleitungen würden zudem stets mindestens 60 Grad Celsius herrschen, um Legionellen abzutöten. Außerdem würden automatische Einrichtungen installiert, die ermöglichen, außerhalb der Öffnungszeiten auch die Duschen mit 70 Grad heißem Wasser durchzuspülen. 

Keine weiteren Mängel im Gutachten

„Detailabstimmungen hierzu fanden bereits mit dem Gesundheitsamt vor Ort statt“, so Eberle. Bisher habe man dem Projektmanager zufolge auf der Baustelle keine Mängel gefunden, die nicht in dem Gutachten aufgeführt waren. Falls doch weitere auftreten, gebe es den Puffer.

Geld von der Kristall Bäder AG, die den Thermenrohbau zu verantworten hat, kann die Stadt für die Mängel nicht zurückverlangen. Mit einem Vergleich hatten sich Kristall und Stadt im Frühjahr 2016 getrennt. Zusätzlich zu den bereits gezahlten etwa 18 Millionen Euro für die Baustelle hatten die Stadt und ihre Grundstücksgesellschaft knapp sechs Millionen Euro Trennungsgeld gezahlt. Dafür haben sie vergünstigt 25 000 Quadratmeter Fläche rund um das Bad erhalten, die inzwischen auch deutlich an Wert gestiegen ist.

Meiko Rachimow, stellvertretender Vorsitzender der Wählergruppe Stadtmitgestalter, kritisierte gegenüber den PNN, dass der frühere Partner aus dem Projekt „so wunderbar herausgekommen“ war und die Stadt auf den Kosten sitzengeblieben sei. Auch sei es fragwürdig, dass Werner Große (CDU), der als früherer Bürgermeister den Vertrag mit der Kristall Bäder AG geschlossen hatte, noch immer als Stadtverordneter über die Thermenzukunft mitentscheide. Rachimow war von der Stadtverwaltung Einsicht in das Bauzustandsgutachten gewährt worden. Wie berichtet kritisierte er aber, dass ihm Einsicht in Wirtschaftlichkeitsberechnungen noch nicht gewährt wurde. Die Stadt prüft seinen Antrag derzeit.

Kritik an der Wählergruppe der Stadtmitgestalter

CDU-Stadtverordneter Kreilinger schloss sich dem Wunsch nach Transparenz im gesamten Vorgang um die Therme an. Falls Andreas Schauer nichts dagegen habe, könnte die Stadt die Akteneinsicht seiner Ansicht nach gewähren. Er kritisierte aber scharf das Verhalten der Wählergruppe, die nun bekannte Baumängel „mit Getöse verbreitet, als sei das eine skandalöse Neuigkeit“. „Zu Wahlkampfzwecken wird die Rufschädigung eines wichtigen Projektes der Stadt bewusst in Kauf genommen“, so der stellvertretende Badausschussvorsitzende.

Auch Gunter Schinke (Linke), der Vorsitzende des Ausschusses zur Therme, kann den Wirbel um die aufgetretenen Baumängel nicht nachvollziehen. „Es ist klar, dass Herr Schauer nicht weitermachen kann, ohne die Fehler zu beheben“, so Schinke gegenüber den PNN. Bisher habe Schauer zudem verabredete Zeitpläne eingehalten. Er gehe davon aus, dass die Baugenehmigung, die im Dezember beantragt wurde, im März erteilt wird.

Zur Startseite