Personalmangel bei den Freiwilligen Feuerwehren: Flächenbrand beim Ehrenamt
Nicht nur in Potsdam-Mittelmark fehlen den Freiwilligen Feuerwehren Mitglieder. Die SPD hat nun Gesprächsbedarf – allerdings keine Lösungen.
Schwielowsee - Im Saal rumort es. Die etwa 30 Gäste im Bankettsaal des Hotels Müllerhof in Caputh, die meisten von ihnen anhand ihrer Uniform als Feuerwehrleute zu erkennen, sind unzufrieden. Grund für den Unmut: Der Personalnotstand bei den Freiwilligen Feuerwehren. Und: Das Gefühl, dass die Politiker, die ihnen gegenübersitzen, nicht genug dagegen tun.
Der SPD-Ortsverein Schwielowsee hatte zum Diskussionsabend eingeladen. Im Jahr der Bundestagswahl war die Runde hochkarätig besetzt. Neben lokalen Feuerwehrvertretern waren die Innenstaatssekretärin Katrin Lange, die Bundestagskandidatin Manja Schüle sowie Werner-Siegwart Schippel (alle SPD), Landtagsmitglied und Landesfeuerwehrverbandspräsident, nach Schwielowsee gekommen. „Bei der Feuerwehr brennt’s – wenn Helfer Hilfe brauchen“ war das Motto.
Nur noch bedingt einsatzbereit
Denn die Freiwilligen Feuerwehren in Brandenburg schrumpfen. Schon vor vier Jahren warnte Herbert Baier, Kreisbrandmeister für Potsdam-Mittelmark, vor dem Personalnotstand im Landkreis. Die Wehren, so Baier, seien nur noch bedingt einsatzbereit. Seitdem hat sich die Lage noch verschlechtert. Zwischen den Jahren 2013 und 2016 ging die Zahl der aktiven Feuerwehrleute im Landkreis von 3974 auf 3464 zurück – ein Minus von knapp 13 Prozent.
Landesfeuerwehrverbandspräsident Schippel nannte die Situation am Donnerstagabend dementsprechend „bescheiden“. Für die kommenden Jahre erwartet er in Brandenburg weiter sinkende Zahlen. Hauptproblem sei es bereits jetzt, während der Woche tagsüber die Einsatzbereitschaft aufrechtzuerhalten. Eine beunruhigende Vorstellung. Schließlich übernehmen die Freiwilligen Feuerwehren in Brandenburg 96 Prozent der Rettungseinsätze. Die Gründe für den Rückgang sind vielfältig. Gerade in den Pendlerhochburgen des Landkreises sind viele Anwohner wochentags nicht greifbar. Andere haben trotz entsprechender gesetzlicher Bestimmungen Schwierigkeiten, von der Arbeit freigestellt zu werden. Selbstständige müssen mit Verdienstausfall rechnen. Der Nachwuchs mache hingegen Hoffnung. Die Zahl der Aktiven in den Jugendfeuerwehren im Landkreis ist zwischen 2013 und 2016 von 1192 auf 1366 gestiegen. Schwierigkeiten treten jedoch auf, wenn die Jungen in die reguläre Feuerwehr wechseln sollen. Denn oft verlassen sie für die Ausbildung den Landkreis.
Hilfe bei der Wohnungssuche
Alexander Scholz kennt das Problem. Der Gemeindewehrführer der Freiwilligen Feuerwehr Kleinmachnow hat zwar nicht die großen Personalsorgen seiner Kollegen. Seit Jahren ist die Einsatzabteilung konstant mit 40 bis 45 Mann besetzt, auch dank Schichtarbeitern und Angestellten der Verwaltung in der Gemeinde. Doch damit die jungen Mitglieder nach der Schule vor Ort bleiben, müssen sie dort auch eine Perspektive haben. „Die Mieten sind hoch“, sagt Scholz. So helfe die Feuerwehr auch schon mal bei der Suche nach einer bezahlbaren Wohnung. Vor zwei Jahren bereits warben die Kleinmachnower mit der vielbeachteten Image-Kampagne „Wer mit dem Feuer spielt“ um neue Mitglieder. Denn die Einsätze werden auch in Kleinmachnow mehr und erhöhen den Leistungsdruck auf die Wehr.
Verbesserte Image-Pflege war auch ein Lösungsansatz, der am Donnerstag in Caputh diskutiert wurde. Landesfeuerwehrverbandspräsident Schippel sagte, vielen Menschen sei nicht bewusst, dass es sich beim Feuerwehrdienst um das einzige Ehrenamt handele, das eine kommunale Pflichtaufgabe erfülle. Gleichzeitig sagte Schippel, dass die Strukturen der Freiwilligen Feuerwehren sich ändern müssten. Dass dies nicht einfach werden wird, zeigten die vielfältigen Meinungen und Lösungsvorschläge im Saal: Während die einen bessere Entschädigung für Berufstätige und Selbstständige forderten, wünschten sich andere mehr Druck durch die Politik auf Unternehmer bei Freistellungen. Wieder andere warben für Doppelmitgliedschaften, damit Pendler auch an ihrem Arbeitsort Einsätze fahren könnten.
Möglicherweise mehr Berufsfeuerwehrleute
Einig war man sich dabei, dass die Politik etwas tun müsse. Staatssekretärin Lange vertröstete die Kameraden auf später. Zwar will die Landesregierung noch in diesem Jahr ein erstes Reformkonzept vorlegen. Einen Gesetzestext werde es aber wohl nicht vor 2018 geben. Schippel berichtete von den Regionalkonferenzen, die der Landesfeuerwehrverband in den vergangenen Wochen abgehalten hatte. Die Anregungen aus den Wehren würden derzeit ausgewertet. Er wolle dem Ergebnis nicht vorgreifen, aber „es zeichnet sich ab, dass es mehr Unterstützung des Ehrenamts durch Hauptamtliche“ geben könnte. Im Klartext: Möglicherweise wird es in Brandenburg mehr Berufsfeuerwehrleute geben als bisher. Auch eine Abschaffung der Altersobergrenze sei denkbar, sagte Schippel. Den Vorschlag von der Potsdamer Parteikollegin Manja Schüle, Verstärkung über Freiwilligendienste zu holen, lehnte er allerdings ab.
Konkrete Antworten gab es am Donnerstag also nicht. Ein Feuerwehrmann aus Werder mahnte die Politiker zum Schluss zur Eile: „Das Problem ist seit 15 Jahren bekannt. In fünf Jahren wird es nicht mehr lösbar sein.“
Martin Anton
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