Betrug in Michendorf: Es blieb viel ungeprüft
Ein Bericht zum SRS-Skandal belastet die Michendorfer Verwaltung und das Rechnungsprüfungsamt
Michendorf - In der Michendofer Verwaltung gab es von 2009 bis 2016 erhebliche Versäumnisse, die dazu geführt haben, dass der SRS-Skandal mit der Veruntreuung von 1,5 Millionen Euro lange unbemerkt blieb. Das ist das Ergebnis des Untersuchungsberichtes der Potsdamer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Acco, der am Dienstagabend auszugsweise bei einer Sitzung der Arbeitsgruppe (AG) der Gemeinde vorgestellt wurde, die sich mit der Aufarbeitung des Falles beschäftigt. So wurden die von der SRS vorgelegten Abrechnungen zu den kommunalen Wohnhäusern von der Gemeindeverwaltung „wohl nicht geprüft“, heißt es in dem Bericht. Es wurden „vorgesehene Prüfzeichen nicht angebracht“, sprich: Die Abrechnungen wurden nicht abgehakt.
Laut Acco habe die Buchführung der SRS nicht den Paragraphen 44 und 45 der Kommunalen Haushalts- und Kassenverwaltung entsprochen und war dadurch ohnehin „nicht prüfbar“: „Hieraus resultieren zahlreiche Folgeverstöße gegen die Verordnung über die Aufstellung und Ausführung des Haushaltsplans der Gemeinde“, heißt es in dem Bericht.
Spielschulden als Grund für den Betrug
Der Skandal um den Abrechnungsbetrug war wie berichtet 2016 publik geworden: Zu diesem Zeitpunkt verwaltete die mittlerweile insolvente SRS mehr als 80 kommunale und private Wohnungen in Michendorf. Zwischen 2009 und 2016 hatte der ehemalige SRS-Mitarbeiter, gegen den die Staatsanwaltschaft Potsdam ermittelt, mutmaßlich die Treuhandkonten der Kunden geplündert. Ein Grund dafür sollen Spielschulden gewesen sein.
Die Miete war zunächst auf Konten der SRS überwiesen worden, die wiederum das Geld abzüglich der Betriebskosten und einiger Entgelte an die Kommune überweisen sollte. Dem Michendorfer Finanzausschuss waren im Laufe der Jahre Unregelmäßigkeiten aufgefallen: Mehrmals hatte das Gremium nachgefragt, warum Mieteinnahmen niedrig seien, aber nie eindeutige Antworten bekommen.
Auch Rechnungsprüfungsamt habe nichts gemerkt
Mieteinnahmen und Bewirtschaftungskosten waren von der SRS nicht einzeln ausgeführt, sondern zu einem Abrechnungsergebnis zusammengefasst worden, was zur Verschleierung der mutmaßlichen Veruntreuung durch den ehemaligen kaufmännischen Geschäftsführer der SRS beigetragen haben dürfte. Die Gemeindeverwaltung hatte diese Zahlen nicht hinterfragt, sondern sie in ihre Buchführung übernommen. „Die Mitarbeiter von Kämmerei und Bürgerservice waren aus Sicht der AG überfordert“, heißt es in einem vorläufigen Entwurf des Abschlussberichtes der AG, der am Dienstag diskutiert wurde.
Nicht nur die Gemeindeverwaltung war nachlässig: Laut dem Acco-Bericht habe auch das Rechnungsprüfungsamt des Landkreises viele Jahre lang nichts von den Unstimmigkeiten bemerkt, dessen Prüfungsberichte zwischen 2010 und 2015 seien jeweils positiv ausgefallen. Einzige Ausnahme sei das Jahr 2011 gewesen, hier hatte das Amt bemängelt, dass der Haushaltsplan nicht eingehalten wurde. Auch im vorläufigen Entwurf des Abschlussberichtes der AG heißt es: „Die Mietrückstände und Fehlbeträge waren auch für das Rechnungsprüfungsamt erkennbar“, es hätten entsprechende Hinweise an die Gemeinde erfolgen müssen.
Unregelmäßigkeiten fielen auf
Nach Bekanntwerden des Abrechnungsbetruges hatte sich eine aus Gemeindevertretern bestehende AG gegründet, um die Versäumnisse innerhalb der Michendorfer Verwaltung aufzuklären. Die Acco wurde mit der Untersuchung der Verwaltungsvorgänge beauftragt, über tausend Akten mussten dafür ausgewertet werden.
Dabei traten auch andere Unregelmäßigkeiten zu Tage: So habe SRS laut Acco keine Haushaltsverträge für gesamte Wohnobjekte geschlossen, sondern jeweils mit einzelnen Wohnungen. Abgesehen von den genannten Versäumnissen bescheinigt Acco der Verwaltung ansonsten aber keine Fehler: „Die Arbeitsprozesse in der Verwaltung sind zweckmäßig und sachgerecht organisiert.“ Nur einzelne Dienstanweisungen würden punktuelle Mängel enthalten, so der Bericht.
Konsequenzen für den Bürgermeister?
Welche Konsequenzen der Bericht konkret haben wird, ließ die AG am Dienstag offen: „Eine abschließende Antwort ist erst möglich, wenn der fertige Bericht der ACCO GmbH vorliegt und die AG ihren Abschlussbericht der Gemeindevertretung vorgelegt hat“, sagte Christoph Marius Gerhardt, Mitglied der AG und Bauamtsleiter der Gemeinde Michendorf. Verabschiedet wird der Abschlussbericht in der nächsten AG-Sitzung am 17. April.
In Frage stehen vor allem Konsequenzen für den amtierenden Michendorfer Bürgermeister Reinhard Mirbach (CDU), der 2017 von der Michendorfer SPD-Fraktion wegen des SRS-Skandals zum Rücktritt aufgefordert wurde. Mirbach hat persönliche Fehler in der Affäre bislang jedoch ausgeschlossen. Im Herbst 2017 hatte die Sitzung der Gemeindevertreter Michendorfs dank einer Mehrheit der CDU Mirbach für seine Haushaltsführung von 2013 bis 2015 entlastet, was zu Kritik von Seiten der SPD geführt hatte.
Verwaltungsvorgänge wurden bereits verändert
Andere mussten ihren Hut bereits nehmen: „Die damals mit der Hausverwaltung betrauten Mitarbeiter sindentweder nicht mehr in der Verwaltung tätig oder die Aufgaben wurden ihnen bereits bei Bekanntwerden des Sachverhalts noch vor Durchführung der Untersuchung entzogen“, sagte Gerhardt.
Außerdem wurden bereits die Verwaltungsvorgänge verändert, um künftigen Betrugsversuchen vorzubeugen, so Gerhardt: So müssen Hausverwaltungen oder andere Institutionen ihre Abrechnungen jetzt nach dem Brutto-Prinzip an die Gemeinde weiterleiten, also mit jeweils aufgeschlüsselten Einnahmen und Ausgaben.
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