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Nach dem Unwetter in Klaistow: Ein Bild der Verwüstung

Nur ein paar Minuten dauerte der Sturm. Doch er richtete Schäden an, die selbst Alteingesessene noch nicht erlebt haben. Jetzt räumt Klaistow auf.

Beelitz - Bernd und Christel Niederland waren auf der Landesgartenschau in Wittstock, als der Sturm am Sonntagabend in ihrem eigenen Garten ein Bild der Verwüstung schuf. „Zwei 40 Jahre alte Bäume sind entwurzelt worden und haben riesige Löcher in den Boden gerissen, Dachrinnen, Schneegitter und fast alle Ziegel unseres Torhauses sind weggeflogen“, zählt Bernd Niederland auf. Seit 1974 lebt Niederland in Klaistow, seine Frau Christel ist in Fichtenwalde geboren. Sturmfolgen wie die vom Sonntagabend hat noch keiner der beiden gesehen. Bernd Niederland rechnet mit Kosten von rund 5000 Euro für Fäll- und Aufräumarbeiten sowie einen Dachdecker. Wie viel davon die Versicherung tragen wird, ist noch völlig unklar. „Wir versuchen, es positiv zu sehen“, sagt Bernd Niederland. „Immerhin wurde niemand bei dem Sturm verletzt.“

Auf das denkmalgeschützte Schäferhaus in Klaistow sind zwei Birken gefallen.
Auf das denkmalgeschützte Schäferhaus in Klaistow sind zwei Birken gefallen.
© Andreas Klaer

Tornado oder Fallbö: Wetterdienst prüft noch

Das Wetterereignis, das am Sonntagabend über die Orte Klaistow und Kanin hinwegfegte, dauerte nur wenige Minuten. Zunächst hatten einige Medien von einem möglichen Tornado berichtet, der Deutsche Wetterdienst (DWD) in Offenbach ordnete das Naturereignis allerdings bisher anders ein. „Wir gehen eher davon aus, dass es sich um eine Gewitterfallböe gehandelt hat“, sagte der Tornadobeauftragte des Deutschen Wetterdienstes, Andreas Friedrich, am Montag auf PNN-Anfrage.

Gewitterfallböen erreichen Geschwindigkeiten von bis zu 180 Stundenkilometern. Sie treten 100-mal häufiger auf als Tornados und unterscheiden sich von letzteren durch ihre fehlende Drehbewegung. „Die Gewitterfallböe bewegt sich wie eine Walze durch ein eng begrenztes Gebiet, dabei fliegt alles, was ihr in die Quere kommt in eine Richtung“, sagt Friedrich. Tornados entstünden dagegen unter besonders tief hängenden Gewitterwolken. Sie zeichnen sich durch ihren charakteristischen Windtrichter aus, der in rasendem Tempo alles mitreißt, was sich ihm in den Weg stellt. Die mitgenommenen Gegenstände wirbeln kreisförmig in alle Richtungen davon. „Da kommt es dann sogar vor, dass sich ein Trümmerteil von hinten ins Haus bohrt“, so der Wetterexperte. Um welches von beiden Wetterereignisse es sich im Einzelfall gehandelt hat, versuchen sogenannte Sturmjäger des DWD vor Ort anhand von Schäden, Augenzeugenberichten, Fotos und Videos herauszufinden. In manchen Fällen fänden die Experten allerdings nie eine eindeutige Antwort, so Friedrich.

Ein Garagendach ist auf einen Lieferwagen gestürzt.
Ein Garagendach ist auf einen Lieferwagen gestürzt.
© Andreas Klaer

Fast alle Häuser betroffen

Ob Tornado oder Gewitterfallböe – der kurze, heftige Sturm am Sonntagabend hat in ganz Klaistow starke Schäden verursacht. „Fast alle Häuser sind betroffen, sieben davon schwer“, sagte Bürgermeister Bernhard Knuth (Unabhängiges Kommunalbündnis) am Montag der Deutschen Presseagentur. Er könne die Lage der Betroffenen gut nachvollziehen, da sein eigenes Haus im Jahr 2007 von Orkan Kyrill beschädigt wurde, sagte der Bürgermeister. „Man ist dem hilflos ausgeliefert.“

Auf der Landstraße zwischen Klaistow und Kanin seien acht Bäume entwurzelt worden, die zum Glück zumindest nicht auf die Fahrbahn, sondern auf Felder fielen, so Knuth. Laut Polizei war die Fahrbahn jedoch zunächst von herabgefallenen Ästen blockiert. Ein Carport in Klaistow stürzte komplett ein, zahlreiche Dächer wurden abgedeckt, etwa 20 Bäume entwurzelt. Die älteste Feldsteinkirche Brandenburgs, die im Nachbarort Kanin steht, verlor ebenfalls einige Dachziegel. Verletzt wurde bei dem Unwetter hingegen niemand. „Alle sind gesund, das ist das Wichtigste für uns“, sagte Mathias Gedicke, der Ortsvorsteher von Klaistow, Kanin und Busendorf, als er vor Ort die Schäden in Augenschein nahm. „Die Häuser sind sehr in Mitleidenschaft gezogen, aber die kann man reparieren, da sind wir fleißig dabei.“ Gedicke schätzte, dass die Aufräumarbeiten noch zwei bis drei Tage andauern werden.

Diese Garage konnte das Auto leider nicht vor Sturmschäden schützen.
Diese Garage konnte das Auto leider nicht vor Sturmschäden schützen.
© Andreas Klaer

Spargelfelder haben nichts abbekommen

Auch auf das denkmalgeschützte Schäferhaus in Klaistow fielen bei dem Sturm zwei Birken. „Sie wurden aber von einem Zaun aufgehalten und haben zum Glück nur eine Delle im Dach hinterlassen“, sagt Natalie Gommert. Ihr Mann, der Potsdamer Architekt Christian Wendland, und sie hatten das denkmalgeschützte Gebäude vor einigen Jahren gekauft. Während des Sturms befanden sich beide nicht im Haus. „Wir waren erleichtert, als wir ankamen, weil wir nach den ersten Schilderungen viel Schlimmeres befürchtet hatten“, so Gommert.

Komplett von dem Sturm verschont wurde der Spargelhof Klaistow. „Wir hatten Glück, auch unsere Felder haben gar nichts abbekommen“, sagte Sprecherin Maika Ziehl auf PNN-Anfrage. Der Sturm, der auch mit starkem Regen einherging, hatte am Sonntagabend gegen 18 Uhr begonnen. Bereits kurz nach Ende des Gewitters waren mehrere Feuerwehren ausgerückt, um Gefahrstellen zu sichern. Anwohner wurden zunächst aufgefordert, in ihren Häusern zu bleiben, um sich vor herabfallenden Ästen und Gebäudeteilen zu schützen. Bernhard Knuth lobte den raschen Einsatz der Feuerwehr. Die Einsatzkräfte hätten hervorragende Arbeit geleistet, so der Bürgermeister. Die rund 100 Einwohner Klaistows seien gut organisiert und hätten sich gegenseitig geholfen. (mit dpa)

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