Werder (Havel): Drei Paar Schuhe für ein Baumblütenkleid
Franziska Barche ist Werders neue Majestät auf Zeit. Heute eröffnet sie mit Bürgermeister Werner Große das 135. Baumblütenfest
Werder (Havel) - Wenn nach dem warmen ersten Baumblütenwochenende auch die letzten Obstbäume abgeblüht sind, muss sie die Werderaner und ihre Gäste ohne die Hilfe der Natur verzaubern: Franziska Barche ist Werders 135. Baumblütenkönigin.
Die 24-Jährige ist in Glindow geboren, lebt in Werder und ist Krankenschwester. Sie wird sich also gut um die Gäste des größten ostdeutschen Volksfestes kümmern können. Um auf dem Ball für alle Eventualitäten vorbereitet zu sein, brachte sie gleich drei Paar Schuhe mit. „So war ich mir sicher, dass wenigstens eines zum Kleid passt“, sagte Barche. Die Werderaner Männerwelt muss sie enttäuschen: Einen Blütenprinzen gibt es bereits in ihrem Leben. In weiser Vorausahnung hat sich Franziska nun gleich zwei Wochen Urlaub genommen, so kann sie die Blüte in Ruhe angehen. „Ich will auf jeden Fall Zeit mit meinen Freunden verbringen und auch mal außerhalb der Innenstadt in den Plantagen feiern.“ Natürlich nur, sofern es die Zeit zulässt. Die nächsten Tage sind für die Königin erfahrungsgemäß die stressigsten im Jahr. Bereits in Vorbereitung auf den Baumblütenball musste sie mit ihrem Vater proben, um den Eröffnungswalzer hinzubekommen.
Gemeinsam mit Werner Große fegte sie gestern zum Baumblütenball über das Parkett des Festsaales der Bismarckhöhe. Für Große, seit einem Vierteljahrhundert Bürgermeister der Blütenstadt, war es der letzte Eröffnungstanz als Stadtchef. Mit ihm könnte auch die Tradition verändert werden: Sollte seine Wunsch-Nachfolgerin Manuela Saß im September die Bürgermeisterwahl gewinnen, werde es im nächsten Jahr trotzdem kein Tänzchen zweier Frauen geben, so Große. „Wir werden schon einen Mann finden, der dann mit der Königin tanzen wird.“
Offiziell eröffnen wird Werner Große das Blütenfest am heutigen Samstag um 14.30 Uhr auf dem Inselmarkt, nachdem er ab 13 Uhr an der Spitze des traditionellen Umzuges gemeinsam mit Franziska durch die Innenstadt gefahren ist. Am 180 Meter langen Umzug sind diesmal 78 Vereine, Schulen, Kitas, Spielmannszüge und Karnevalsvereine beteiligt. Nachdem heute der Auftakt mit Obstwein von einem der mehr als hundert Stände, die im Stadtgebiet Wein verkaufen, begossen wurde, geht es am Sonntag sportlicher zu. Der Stadtsportbund lädt ab 9.30 Uhr zum Baumblütenlauf in den Werderaner Stadtwald. Interessierte können sich vor Ort kostenlos anmelden. Gelaufen wird in verschiedenen Altersklassen, die Anmeldung ist jeweils bis 30 Minuten vor dem Start möglich. Startberechtigt ist jeder ab dem 6. Lebensjahr, auch Nicht-Werderaner sind willkommen.
Für Besucher, die dem reinen Trinkgenuß frönen wollen, hat Frank Wache vom Werderaner Obst- und Gartenbauverein einen Geheimtipp: Hagebuttenwein. „Der war früher ein Studentengetränk, ist aber etwas in Vergessenheit geraten.“ Jetzt finde man aber wieder zu den alten Sorten zurück. Da es vergleichsweise wenige Hagebutten in Werder gibt, sei der Wein meist nach dem ersten Wochenende alle. Den besten Hagebuttenwein – er wurde mit der Bronzenen Kruke in der Kategorie Wildobst ausgezeichnet – gibt es im Blütengarten der Familie Lorenz in der Glindower Gartenstraße. Sollte der Hagebuttenwein eher ausgehen als gedacht, gebe es Wache zufolge dort auch noch andere Obstweinsorten zu trinken.
Der Obstbauer selbst hat zudem auf der Werderaner Insel seinen Stand direkt am Wasser zwischen dem Bootsanleger und dem Ruderverein aufgestellt. Bei den Gästen beliebt seien Weine aus der schwarzen Johannisbeere, der Sauerkirsche oder der Birne. „An den typischen Erdbeerwein trauen sich viele Kunden nicht mehr heran“, so Wache. Daran seien vor allem schlechte Erfahrungen aus der Jugend schuld. Viele hätten damals die Wirkung des Alkohols in dem süßlichen Getränk unterschätzt.
Der schwarzen Johannisbeere als beliebtestem Wein wird allerdings der Rang durch einen Neuankömmling strittig gemacht: Der Aronia-Beere. Das aus Nordamerika stammende Obst ist stark im Kommen, sagt Walter Kassin, Vorsitzender des Obst- und Gartenbauvereines. „Der Geschmack ähnelt dem der Johannisbeere, selbst ich habe da Schwierigkeiten, die Sorten zu unterscheiden.“
Kassin zufolge sind nach dem Wochenende die Bäume in den Obstgärten abgeblüht, Festbesucher können aber trotzdem kleine Schönheiten entdecken: In einigen Gärten hat Walter Kassin bereits fingernagelgroße Kirschen gesichtet.
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