Wegen fehlender Schutzausrüstung: Corona-Abstrich im Garten
Die Kleinmachnower Hausärztin Margit Inacker hat ihre Praxis geschlossen, um ihre Patienten, ihre Mitarbeiter und sich zu schützen. Jetzt bietet sie Telefon- und Videosprechstunden an.
Kleinmachnow - Auf einem kleinen Holztischen liegt ein Röhrchen mit Wattestab bereit, ein Corona-Abstrichtest. Die Kleinmachnower Hausärztin Margit Inacker zeigt dem Patienten, wie er den Abstrich selbst durchführt. Die 56-jährige Ärztin empfängt ihre Patienten ab jetzt nur noch im Garten. Die Glasscheibe der Terrassentür dient als Schutz vor einer Ansteckung mit dem Virus.
Seit Wochen arbeitet sie ohne Schutzausrüstung
Was nach kreativem Einfall klingen mag, ist in Wahrheit eine Notlösung, die Margit Inacker große Sorgen bereitet. Seit Wochen arbeitet sie ohne Schutzausrüstung, in ihrer Praxis gibt es genau zwei Atemschutzmasken – mehr nicht.
Als Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) vor rund zwei Wochen ankündigte, dass die Hausärzte selbst für die Beschaffung der Schutzausrüstung verantwortlich seien, da sei es schon zu spät gewesen, sagt die Kleinmachnower Hausärztin. „Man konnte nichts mehr bestellen.“ Ob sie von der am Wochenende in Brandenburg eingetroffenen Lieferung an Schutzausrüstung etwas bekommen wird, weiß sie noch nicht. „Ich fühle mich von Herrn Spahn und der Kassenärztlichen Vereinigung im Stich gelassen.“
"Wir warten händeringend auf weitere Lieferung"
Dass die Situation für niedergelassene Ärzte schwierig ist, bestätigt auch die Kassenärztliche Vereinigung Brandenburg (KVBB). „Wir sind froh, dass die erste Charge Schutzmasken am Wochenende an Corona-Abklärungsstellen im Land Brandenburg ausgeliefert werden konnte“, sagte KVBB-Sprecher Christian Wehry. Dies wurde von der KVBB logistisch organisiert und finanziert, wie auch die Schutzmasken. Geordert habe die Schutzmasken das Land, „daher konnten wir die Masken leider nicht in eigener Hoheit verteilen“. Wehry machte deutlich, dass die erste Charge nicht reichen wird: „Wir warten händeringend auf weitere angekündigte Lieferungen für die ambulant tätigen Ärzte im Land.“
"Ich habe Angst um meine Frau"
Eine Nachricht des ehemaligen Vize-Chefredakteur des „Handelsblatt“, Michael Inacker, vergangene Woche auf dem Kurznachrichtendienst Twitter hat gezeigt, wie dramatisch die Situation ist. Dort schrieb Inacker: „Liebe Frau Bundeskanzlerin ... Meine Frau ist Hausärztin. Sie steht wie andere Ärzte an der Corona-Front. Bis heute hat sie weder Schutzmaske noch Schutzkleidung und behandelt trotzdem. Ihr Dank an die Ärzte ist hohl. Ich habe Angst um meine Frau.“ Die Resonanz auf den Tweet war groß, zuerst hat die „Bild“-Zeitung berichtet.
Mittlerweile hat die Kleinmachnower Hausärztin die Notbremse gezogen. Seit dem gestrigen Montag ist ihre Praxis für den Publikumsverkehr geschlossen. Ab jetzt gibt es Videosprechstunden und Telefonate. Jeden Morgen arbeitet sich Inacker durch viele E-mails, die Patienten hätten ein enormes Informationsbedürfnis.
Am Freitag wurde in ihrer Praxis erstmals ein Patient positiv auf das Coronavirus getestet. Inacker hatte zuvor bereits die Abstandsmaßnahmen verschärft: Patienten durften nur nach vorherigem Anruf und Klingeln herein. Die Praxis durfte nur noch einzeln betreten werden. Über das Problem der fehlenden Schutzausrüstung hat Inacker schon frühzeitig die Kassenärztliche Vereinigung und ihre Kollegen ins Bild gesetzt. Die Warnung verhallte. Aktuell sorgt sie sich um die Versorgung mit Medikamenten, erste Patienten wollten von ihr bereits die drei- bis vierfache Menge der üblichen Ration verschrieben bekommen. „Das mache ich nicht und das geht auch nicht.“
Kleinmachnow bisher am stärksten betroffen
Wie wichtig insbesondere der Schutz für in Kleinmachnow praktizierende Ärzte ist, zeigen die aktuellen Zahlen. Die bisher am stärksten von Covid 19-Fällen betroffene Kommune im Landkreis mit derzeit neun Patienten ist Kleinmachnow (Stand Montagmittag). In allen anderen betroffenen Kommunen des Kreises liegt die Zahl der Infizierten mit Stand Montag deutlich darunter. Die Praxis von Inacker war in den letzten Wochen gut besucht, berichtet die Ärztin. Bis zu 60 Patienten behandelt sie pro Tag – ohne jeglichen Schutz.