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Wachsame Nachbarn. Die Sicherheitspartner haben eigene Shirts angeschafft, damit sie nicht selbst für dubiose Gestalten gehalten werden. Meist laufen sie in Zweierteams zu unterschiedlichen Zeiten durch den Ort und beobachten etwa, ob ein Auto verdächtig langsam durch die Wohngebiete fährt.
© Andreas Klaer

Sicherheitspartner: Bürgerpatrouille gegen Einbrecher

In Fichtenwalde haben Bürger im Sommer 2015 eine Einbruchserie erlebt. Mittlerweile haben die Sicherheitspartner so viel Zulauf, dass es eine Warteliste gibt.

Beelitz - Ein Hund kommt wild kläffend zum Zaun gerannt, als Reinhard Scheiper, Axel Werner und Heinrich Dankers ein Wohngebiet in Fichtenwalde betreten. „Nicht aufregen, wir sind die Guten!“, ruft Axel Werner dem Tier zu. Die drei Männer gehören zu den „Sicherheitspartnern Fichtenwalde“, einer Gruppe von 20 Personen, die sich laut eigener Aussage „um die Sicherheit der Bewohner von Fichtenwalde kümmern“. Normalerweise gehen sie in Zweier-Teams durch den Ort, unregelmäßig, aber jedes Team mindestens zwei Mal pro Monat. Für die Presse ist dieses Mal auch Reinhard Scheiper dabei, der Leiter der ehrenamtlichen Truppe.

Dankers und Scheiper, beide Rentner, und Werner, der als Zollbeamter arbeitet, beobachten die Umgebung. Weit und breit ist kein Mensch zu sehen, es ist ein ruhiger, sonniger Nachmittag mitten in der Woche. Aber das kann täuschen, wie Axel Werner weiß: „Das Haus da hinten ist geradezu ein Paradies für Einbrecher“, sagt er und zeigt auf ein Wohngebäude, dessen Grundstück von hohen, dichten Hecken eingefasst ist. An allen Fenstern sind die Rollläden heruntergelassen – ein mögliches Indiz dafür, dass die Bewohner nicht zu Hause sind. Wer das Grundstück erst eine Weile auskundschaften wolle, finde dafür außerdem hinter den Hecken ein perfektes Versteck, erklärt Werner. Wenn jetzt ein Unbekannter das Grundstück betreten würde, dann würde einer von ihnen sicher die 110 wählen. Viele Bürger hätten Hemmungen, die Polizei zu rufen, wenn sie sich nicht sicher seien, ob eine Situation verdächtig ist oder nicht. „Da funktionieren wir als Bindeglied“, sagt Heinrich Dankers über die Sicherheitspartner.

2015 war in Fichtenwalde Sommer der Einbrecher: 10 Taten in einer Woche

Im Sommer 2015 gab es im Ort eine Einbruchsserie, die vielen Fichtenwaldern noch immer in den Knochen steckt: Zehn Taten in einer Woche wurden damals verübt. Die Sicherheitspartner gab es zu diesem Zeitpunkt zwar schon lange, allerdings in deutlich dünnerer Besetzung. „Bis Sommer 2015 war unsere Truppe auf acht Personen abgeschmolzen“, sagt Scheiper. Nach den Einbrüchen änderte sich das schlagartig. Auf einer Veranstaltung zum Thema Einbruchsprävention erzählte Scheiper von der Nachbarschaftsgruppe. Danach hätten sich plötzlich so viele Menschen gemeldet, die dabei sein wollten, dass die Gruppe inzwischen eine Warteliste führt.

Um Sicherheitspartner zu werden, müssen Interessenten einen Bewerberfragebogen ausfüllen und ein polizeiliches Führungszeugnis vorlegen. Regelmäßig stehen die Sicherheitspartner mit der Polizei in Kontakt, Revierpolizistin Claudia Ritter informiert per Mail oder Telefon über Vorfälle in Fichtenwalde und umgekehrt berichten ihr die Sicherheitspartner von Beobachtungen während ihrer Streifzüge. Das müssen nicht unbedingt dubiose Gestalten mit Brecheisen in der Hand sein. „Bei einem Waldspaziergang neulich bin ich auf einen völlig zerstörten Audi gestoßen, der dort im Unterholz abgestellt worden war“, erzählt Axel Werner. Auch das habe er selbstverständlich der Polizei weitergegeben.

Waffen und Gewalt verboten

Skeptisch sind die Sicherheitspartner auch, wenn sie unbekannte Fahrzeuge in Fichtenwalde sehen, die sich im Schritttempo durch die Straßen bewegen. Bei den Einbrüchen im Juni 2015 stellten sich die Täter zunächst mit einem Lieferwagen auf einen Supermarkt-Parkplatz gegenüber eines Wohngebiets und beobachteten von dort, wer ein- und ausging, wie die Polizei später herausfand.

Damit sie nicht selbst für dubiose Gestalten gehalten werden, tragen die Sicherheitspartner seit ein paar Jahren Kleidung mit klar erkennbaren Schriftzügen: In der kalten Jahreszeit Jacken mit Leuchtschrift, die ihnen das Brandenburger Innenministerium spendierte, im Sommer dunkelblaue Polo-Shirts mit eingesticktem weißen Schriftzug, die sie sich selbst angeschafft haben. Außer dieser Kleidung unterscheidet die 19 Männer und eine Frau nichts von normalen Bürgern, die einen wachsamen Spaziergang machen. Sie dürfen weder Waffen tragen, noch Gewalt gegen Verdächtige ausüben.

Abgrenzen von gewaltbereiten Bürgerwehren mit rechtsextremer Gesinnung

Deutlich abgrenzen wollen sich die Sicherheitspartner von gewaltbereiten Bürgerwehren mit rechtsextremer Gesinnung, wie sie seit einigen Jahren vor allem in Sachsen Schlagzeilen machen. „Wenn so eine Haltung bei einem unserer Mitglieder bekannt würde, wäre der sofort raus“, sagt Axel Werner. In dem 2700-Einwohner-Ortsteil würden sich die meisten ohnehin kennen. Von einer solchen politischen Haltung bei jemandem würde man wissen, glauben auch Reinhard Scheiper und Heinrich Dankers.

Für die drei ist der Hauptanreiz für ihr Engagement die Dankbarkeit, die viele Fichtenwalder zeigen würden. So wie Petra Eichler, die an diesem Dienstagnachmittag ihren Garten wässert, als die drei vorbeikommen. „Ich fühle mich tatsächlich sicherer, seit es hier wieder mehr Sicherheitspartner gibt“, sagt sie. Wichtig sei aber auch, dass Nachbarn aufeinander achtgeben. Den Briefkasten leeren, wenn der andere verreist ist oder hin und wieder mal einen Blick aus dem Fenster werfen. „Was Einbrecher am meisten abschreckt, ist tatsächlich ein Schild, auf dem ,Wachsamer Nachbar‘ steht“, sagt Scheiper. Das sei oft wirksamer als ein laut kläffender Wachhund.

Hintergrund: Seit mehr als 20 Jahren sind im Land Brandenburg Sicherheitspartnerschaften möglich. Grundlage ist ein Erlass zur „Kommunalen Kriminalitätsverhütung“, Polizei und Kommune suchen die Mitglieder der Partnerschaften aus. Im Land gibt es insgesamt rund 70 Sicherheitspartnerschaften mit mehr als 400 Freiwilligen. In der Region gibt es solche Organisationen etwa in Nuthetal oder Kleinmachnow. Auch in Potsdam wird auf Antrag der CDU/ANW-Fraktion über die Einführung von Sicherheitspartnern diskutiert. Das Innenministerium unterstützt die Sicherheitspartner, nachdem sich in den vergangenen 13 Jahren deren Mitgliederzahl landesweit halbiert hat. So haben die Gruppen in Fichtenwalde und Kleinmachnow etwa Jacken geschenkt bekommen. PNN

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