Strecke zwischen Berlin und Potsdam: Brandenburgs Bahnchef will die Stammbahn
Auch Bahnkundenverband für Wiederaufbau der Strecke über Kleinmachnow. Das Ministerium zögert.
Kleinmachnow - Der Wiederaufbau der Stammbahn von Potsdam über Kleinmachnow nach Berlin findet immer mehr Befürworter. Am gestrigen Mittwoch hat sich nun auch der Bahnbeauftragte für Brandenburg, Joachim Trettin, gegenüber den PNN für den Wiederaufbau der Bahnstrecke ausgesprochen. „Es wäre sicher gut, zwei Bahnstrecken zwischen den wachsenden Städten Berlin und Potsdam zu haben“, so Trettin.
Er begrüßt die Pläne des Berliner Senats, eine neue Nutzen-Kosten-Analyse für Wiederaufbau und Betrieb der Stammbahn durchzuführen (PNN berichteten). Die Stammbahn wurde 1938 als erste Preußische Bahnstrecke und kürzeste Verbindung von Potsdam über Dreilinden, Düppel und Zehlendorf zum Potsdamer Platz errichtet. Seit 1945 gibt es keinen durchgehenden Verkehr mehr. Zwar ergab eine Untersuchung aus dem Jahr 2008, dass ein Wiederaufbau der etwa 160 Millionen Euro teuren Strecke nicht wirtschaftlich sei. Trettin zufolge haben sich die Rahmenbedingungen seither jedoch geändert. „Im Zeitraum vor 2008, als die Daten der ersten Analyse erhoben wurden, war Berlin ja noch eine schrumpfende Stadt.“ Heute wächst die Stadt jährlich um etwa 40 000 Einwohner, auch Potsdam und Kleinmachnow sind seit 2008 gewachsen.
Trettin teilt die Einschätzung seines Berliner Kollegen Alexander Kazcmarek, dass die Stammbahn 12 bis 13 Jahre nach einer politischen Entscheidung wieder aufgebaut sein könnte. Ob die Deutsche Bahn nach dem Aufbau, mit dem kürzere Fahrzeiten zwischen Berlin und Potsdam möglich wären, auch mehr Fernzüge wie ICEs nach Potsdam fahren lassen würde, kann er nicht einschätzen. Da es noch keine Entscheidung über den Streckenaufbau gibt, habe sich die DB Fernverkehr noch nicht mit dem Thema befasst. „Entscheidend für den Wiederaufbau der Strecke ist, dass die Länder prüfen, wieviel Geld sie künftig für den Nahverkehr haben und wo sie es einsetzen wollen“, so der Bahnbeauftragte.
Auch für Steffen Streu, dem Sprecher des brandenburgischen Infrastrukturministeriums, ist die Verteilung der so genannten Regionalisierungsmittel, aus der die Länder den Nahverkehr bezahlen, ein Knackpunkt. Die Höhe der Mittel für die kommenden Jahre sei noch sehr unklar. Zwar untersucht der Verkehrsverbund Berlin Brandenburg (VBB) im Auftrag des Landes derzeit mehrere Verkehrskorridore auf mögliche Ausbauten. „Es ist derzeit aber spekulativ, ob überhaupt eine neue Strecke gebaut wird“, so Streu. Im ersten Halbjahr kommenden Jahres sollen Ergebnisse der Untersuchung vorliegen, dann wolle man sich mit dem Berliner Senat abstimmen. Was passieren könnte, wenn aus der Korridoruntersuchung des VBB nicht die Stammbahn als nötigster Ausbau hervorgeht, das Land Berlin diesen aber weiterhin vorantreiben will, wollte Streu nicht kommentieren.
Laut Frank Böhnke, dem Landesvorsitzenden des Deutschen Bahnkundenverbandes (DBV), ist die unsichere Finanzierung kein Argument gegen den Stammbahnausbau. „Das Land hat die Mittel, die nur zur Finanzierung des Verkehrs gedacht sind, bisher auch für andere Zwecke genutzt.“ So wurden Schüler- und Sozialtickets mit dem Geld finanziert, die aber eher aus dem Sozialhaushalt des Landes unterstützt werden müssten.
Auch der DBV hält den Wiederaufbau der Stammbahn für eine sinnvolle Lösung der Verkehrsprobleme und setzt sich für eine neue Nutzen-Kosten-Analyse ein. Für die negative Analyse von 2008 habe man nicht nur falsche Einwohnerzahlen herangezogen. „Damals wurde auch nur eine Variante untersucht, in der die Züge zwischen Zehlendorf und dem Potsdamer Platz durchgefahren wären.“ Dabei waren vorher auch Halte in Steglitz und Schöneberg angedacht.
Die würden zwar die Fahrzeit der Züge verlängern. Mit dem Halt in Steglitz würden aber mehr Fahrgäste von der dort fahrenden S-Bahn auf die Regionalbahn umsteigen und so die S-Bahn entlasten – zur Hauptverkehrszeit fahren dort derzeit doppelt so viele Fahrgäste mit wie Sitzplätze vorhanden sind. Und mit einem Regionalzughalt in Schöneberg hätten Fahrgäste eine schnelle Verbindung zur Berliner Ringbahn. Die Fahrzeit vom Potsdamer Hauptbahnhof zum Berliner Südkreuz etwa, an dem die Fernzüge gen Süden abfahren, würde sich so von 40 Minuten auf etwa 25 Minuten verkürzen. Auch die Fahrzeit von Kleinmachnow zum Potsdamer Platz würde sich auf etwa 17 Minuten mehr als halbieren.
Zwischen Potsdam und dem Potsdamer Platz würde die Fahrzeit von heute mindestens 37 Minuten auf etwa 25 Minuten sinken. Auf eine Anfrage der CDU hatte die Bundesregierung im Jahr 2005 für die Stammbahn ein Potential von 12 000 Fahrgästen täglich gesehen. Frank Böhnke zufolge sei die Fahrgastzahl inzwischen weit höher anzusetzen.
Der Bahnkundenverband schlägt als Zwischenlösung bis zu einem vollständigen Wiederaufbau der Stammbahn eine Verlängerung einzelner Regionalzüge von Wannsee bis mindestens Zehlendorf vor. Eine eingleisige Dieselstrecke neben den Gleisen der S 1 ist vorhanden und befahrbar, es müsse lediglich ein neuer Bahnsteig in Zehlendorf angelegt werden. „Teilweise stehen die Dieselzüge, die von Jüterborg über Beelitz und Rehbrücke nach Wannsee fahren, dort eine Stunde herum“, so Frank Böhnke. In der Zeit könnten sie locker nach Zehlendorf und wieder zurück fahren.
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