Protest gegen Deponie-Pläne in Michendorf: Bauschutt im Schutzgebiet
Mitten im Landschaftsschutzgebiet soll bei Michendorf eine Deponie entstehen. Eine Wanderung mit den Gegnern.
Tremsdorf/Wildenbruch - Mitten im Wald in der Fresdorfer Heide geht es tief nach unten. Die Gletscher und das Schmelzwasser der Eiszeit haben in dem heutigen Naturschutzgebiet mächtige Rinnen hinterlassen, die sich an einigen Stellen durch die Landschaft bahnen. In naher Zukunft könnte nur wenige Meter entfernt eine große Mülldeponie entstehen.
Zu einer Wanderung durch den Wald hatten am Freitag der Landtagsabgeordnete Benjamin Raschke (Grüne), der Landschafts-Förderverein Nuthe-Nieplitz-Niederungen sowie Mitglieder der Bürgerinitiative „Depo-Nie in der Fresdorfer Heide“ eingeladen. Wie berichtet, plant das Unternehmen Bauzuschlagstoffe und Recycling GmbH (BZR) in dem zwischen den Michendorfer Ortsteilen Tremsdorf und Wildenbruch gelegenen Gebiet eine große Deponie für Bauschutt und Hochofenschlacke zu errichten. Die Firma betreibt dort seit Mitte der 90er Jahre einen Kiessandtagebau.
Vor einigen Jahren war die BZR wegen illegaler Müllentsorgung in die Schlagzeilen geraten. Die Firma hatte zu dem Zeitpunkt nur eine Genehmigung Stoffe, die beim Bergbau anfielen, vorzusortieren. Das Unternehmen soll jedoch von Herbst 2006 bis August 2007 gefährlichen Gewerbe- und Industriemüll in ihrer Kiesgrube entsorgt haben. Der damalige Geschäftsführer Götz Eckert wurde zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.
Derzeit laufen zwei Planfestellungsverfahren des Unternehmens. Beim Bergbauamt in Cottbus hat die BZR einen Antrag zur Vergrößerung ihres Kiessandtagebaus gestellt. Die bisherige Fläche soll um ein Drittel, rund 16,4 Hektar, wachsen. Ein zweiter Antrag für die Errichtung der Deponie liegt beim Landesumweltamt. „Das wäre dann die zweitgrößte Mineralstoffdeponie in Brandenburg“, erklärt Elisabeth Schroedter, stellvertretende Vorsitzende des Landschafts-Fördervereins Nuthe-Nieplitz-Niederungen und frühere Europaabgeordnete der Grünen. Minerale, Hochofenasche, Bauschutt, aber auch teilweise verseuchte Böden von abgetragenen alten Fabriken würden dann dort abgelagert werden. Insgesamt 5,3 Millionen Kubikmeter Abfall.
Der Müll käme nicht nur aus der näheren Umgebung, sondern auch aus Sachsen-Anhalt. Laut der eigenen Gutachten der BZR würden dann 160 bis 250 Lastwagen am Tag zusätzlich das Gelände anfahren, so Schroedter. Das würde eine enorme Belastung mit Lärm und Verkehr für die Umgebung bedeuten.
Neben den Pilzsammlern im Herbst kämen viele Wanderer in die Gegend, die die weiten Landschaften schätzen. „Das Nuthetal ist geprägt von Endmoränen, Mooren, Niederungen“, erklärt Schroedter. Gerade diese typischen Hinterlassenschaften aus der Eiszeit seien durch den Tagebau und die Deponie in Gefahr. „Hier führt der europäische Wanderweg E 10 entlang, weil hier eine der schönsten Ecken der Landschaft liegt“, erklärt sie am Rande der eiszeitlichen Rinnen. Wenn die Deponie kommt, soll genau an den Rinnen eine Sickergrube entstehen.
Natürlich verspräche das Unternehmen geeignete Maßnahmen zum Schutz vor einem Überlaufen, etwa bei Starkregen. Doch nach dem Skandal ist das Vertrauen auf Seiten des Fördervereins sowie der Bürgerinitiative gering. Die Initiative ist seit rund zweieinhalb Jahren aktiv. Im Kern besteht sie aus 20 bis 30 Mitstreitern. Mit dem Betreiber des Kiessandtagebaus gibt es Auseinandersetzungen. Wegen eventueller Gerichtsverfahren wollen die Mitglieder anonym bleiben.
Noch immer sind auf dem Areal des Tagebaus große Hügel, sogenannte Haufwerke, mit Müll dazwischen zu sehen. Eigentlich sollten die längst vom Unternehmen entsorgt worden sein, wie Schroedter erklärt. Zudem sollte die Kiesgrube nach dem ursprünglichen Rahmenbetriebsplan für den Tagebau renaturiert werden. Das sei, bis auf ganz wenige Stellen, nie passiert, so Schroedter. Sie und die Bürgerinitiative haben den Verdacht, dass die BZR von Beginn an eine Deponie errichten wollte und das Kiesgrubentagewerk eine Taktik war, um die Rechte für die Müllablage Stück für Stück zu erreichen.
„Hätte das Unternehmen von Anfang an zugegeben, eine Deponie im Landschaftsschutzgebiet errichten wollen, hätten sie niemals die Genehmigung bekommen“, sagt Benjamin Raschke. „Natürlich muss auch irgendwo Kies abgebaut, der Schutt abgelagert werden. Aber warum ausgerechnet hier, mitten in einem Naturschutzgebiet?“ Der Grünen-Politiker ist derzeit auf seiner großen Sommertour „Abfuhr für illegalen Müll“. Anlass sind die illegalen Deponien im Land. Mehr als 150 sind es in Brandenburg, wie die Landesregierung im vergangenen Jahr auf eine kleine Anfrage von Raschke erklärte. „Mit meiner Tour will ich ein wenig Druck machen und Aufmerksamkeit gewinnen“, so Raschke.
Die Bürgerinitiative rechnet noch in diesem Jahr mit einer Anhörung vor dem Bergamt. Sie und ihre Unterstützer haben rund 700 Einwendungen gegen die Pläne der BZR eingereicht. Allein die Verzögerung der Deponie sei schon ein Erfolg, wie einer der Sprecher der Initiative erklärt. Am 9. Oktober findet eine Diskussionsrunde, zu der die Initiative Vertreter der Landtagsfraktionen eingeladen haben, statt. Beginn ist um 19 Uhr im Gemeindezentrum „Zum Apfelbaum“ in Michendorf.
Sarah Stoffers
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