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Die alte Stammbahntrasse zwischen dem Kleinmachnower Europarc und Berlin Wannsee.
© Enrico Bellin

Wiederaufbau der Stammbahn: Bahn frei für Züge nach Kleinmachnow

Im Deutschlandtakt des Bundes war der Wiederaufbau der Stammbahn für Regionalzüge nicht mehr enthalten. Auf Druck der Länder hat der Bund das nun geändert.

Kleinmachnow - Die Streichung des Wiederaufbaus der Stammbahn aus dem Deutschlandtakt ist vom Tisch. Wie das Bundesverkehrsministerium am Montagabend auf Anfrage der PNN mitteilte, wird die Stammbahn nach Rückmeldung der Länder Berlin und Brandenburg zum sogenannten zweiten Gutachterentwurf des Deutschlandtaktes „wieder als Regionallinie aufgenommen und ist damit in zukünftigen Arbeitsständen enthalten“. Weiter heißt es in der Antwort aus dem Bundesministerium: „Um der wachsenden Metropolregion Berlin/Potsdam auch in Zukunft gerecht zu werden, sind im derzeitigen Gutachterentwurf Taktverdichtungen und Mehrverkehre zugrunde gelegt.“

Die Zahl der Fahrgäste soll verdoppelt werden

Der Deutschlandtakt ist ein System, das es ermöglichen soll, bundesweit einen sogenannten Integrierten Taktfahrplan einzuführen – also einen Fahrplan, bei dem Regional- und Fernzüge in jeder Stunde zur gleichen Zeit abfahren und man an großen Bahnhöfen von jedem Zug in jeden anderen umsteigen kann. Die Zahl der Bahnfahrgäste soll mit dem Konzept bis 2030 verdoppelt werden. Im ersten Entwurf dieses Taktes war die Stammbahn noch als Regionalbahnstrecke enthalten, im zweiten nicht mehr. Das hatte bei Landespolitikern, dem Fahrgastverband Pro Bahn und auch im Landesverkehrsministerium wie berichtet für große Kritik gesorgt. Die scheint beim Bundesverkehrsministerium nun gehört worden zu sein.

Die Bahn prüft die Kapazität des Nord-Süd-Tunnels

Zum Wiederaufbau der Stammbahn laufen derzeit Grundlagenplanungen. Die Bahn ist dem Konzernbevollmächtigten Alexander Kaczmarek zufolge derzeit dabei, eine Studie zu erstellen, wie viele Züge pro Stunde durch den Berliner Nord-Süd-Tunnel passen und wie die Fahrpläne dafür aussehen sollen. Durch den Tunnel müssten die von der Stammbahn kommenden Züge; sie müssten sich die Gleise aber mit Fernzügen, mehreren Regionalzügen und dem künftigen Flughafenexpress teilen. „Ich habe aber wenig Befürchtungen, dass es nicht passt“, sagt Kaczmarek am Montag den PNN. Er setzt sich seit Jahren für einen Wiederaufbau der Strecke von Potsdam-Griebnitzsee über Kleinmachnow und Zehlendorf zum Potsdamer Platz in Berlin ein.

Im ersten Entwurf des neuen Deutschlandtaktes war wie berichtet vorgesehen, die Stammbahn nicht in ganzer Länge, sondern von Potsdam aus nur bis Schöneberg auszubauen. Dort sollte sie auf den Berliner Südring führen, Züge sollten so am Stadtzentrum vorbei zum Ostkreuz fahren können. Dafür müssten jedoch Gleise auf dem Südring wieder aufgebaut und elektrifiziert werden. Laut Kaczmarek war dieser Entwurf „nicht der Idealfall“. Schließlich wollten die meisten Pendler in die Berliner Mitte und nicht um die Mitte herum gefahren werden. Grund für diese Planung durch den Bund war die Befürchtung, dass zusätzliche Regionalzüge von der Stammbahn keinen Platz mehr im Berliner Nord-Süd-Tunnel hätten.

Auf der Strecke könnten S- oder Regionalbahnen fahren

Die derzeit laufende Bahn-Studie zum Tunnel ist Teil der Untersuchungen im Rahmen des Investitionsprojektes i2030, mit dem Berlin, Brandenburg und die Deutsche Bahn die Verkehrsbeziehungen zwischen beiden Ländern verbessern wollen. Wie berichtet werden dabei für die Region mehrere Varianten geprüft: So könnte auf der früheren Stammbahnstrecke eine S- oder eine Regionalbahn fahren. Auch könnten Regionalbahnen auf einem weitgehend bestehenden Gleis von Potsdam nach Wannsee über Zehlendorf zum Potsdamer Platz fahren. Dann müsste ein kürzeres Streckenstück neu gebaut werden. Die Züge würden jedoch Kleinmachnow, Brandenburgs bisher größte Gemeinde ohne Bahnanschluss, weiterhin umfahren. Geprüft wird zudem eine Verlängerung der S-Bahn von Teltow zur Sputendorfer Straße in Stahnsdorf.

Einen Zeitplan gibt es noch nicht

Federführend für diese Untersuchungen ist der Verkehrsverbund Berlin Brandenburg (VBB). Auch er sieht keine Auswirkungen des Deutschlandtaktes auf seine Pläne, hieß es auf PNN-Anfrage. Wann eine Entscheidung für eine Ausbauvariante fällt, ist weiterhin offen – auch wenn die Untersuchungen bereits im Oktober 2017 begonnen wurden. „Derzeit können wir leider noch keinen konkreten Zeitpunkt nennen“, heißt es vom VBB. Sowohl der Fahrgastverband Pro Bahn als auch die Bürgerinitiative Stammbahn, die sich inzwischen seit zwei Jahrzehnten für den Wiederaufbau der 1945 unterbrochenen Bahnstrecke einsetzt, kritisieren angesichts der langen Planungsphasen die brandenburgische Landesregierung, die sich beim Bund nicht genug für den Wiederaufbau der Stammbahn einsetze. „Es geht um eine Ergänzung des Zug-Angebotes für die Pendler aus Brandenburg, die täglich in überfüllten Zügen nach Berlin Mitte und zurück fahren müssen“, sagt Hubertus Bösken, Sprecher der Bürgerinitiative Stammbahn.  Wenn im Land Konsens darüber bestünde, würden laut Bösken alle Varianten zum Wiederaufbau als S-Bahn nicht mehr geprüft werden. Von der hätten die Pendler außerhalb von Potsdam und Kleinmachnow schließlich nichts. Auf einer Regionalbahnstrecke hingegen könnten auch zusätzliche Züge aus Golm oder Werder (Havel) bis in die Berliner Innenstadt fahren.

Enrico Bellin

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