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Nicht schnuppe. Juliane Götz, Jörg Kunze, und Johannes Heinrichs.
© G. Gnaudschun

Kultur: Wenn Verunsicherung verglüht

Das Kindertheaterstück „Dicke Sternschnuppe“ überzeugt in der Reithalle durch seinen märchenhaften Umgang mit dem Tod

Sternschnuppen haben mehrere Mütter. Wenn eine verglüht, wählen sie eine neue. Bei Menschenkindern ist das leider etwas komplizierter, wie das Kindertheaterstück „Dicke Sternschnuppe“ von Julia Penner und Andreas Wrosch zeigt. Am gestrigen Donnerstag hatte es in der Reithalle des Hans Otto Theaters Premiere und leitete die neue Theatersaison mit einer herzerwärmenden Geschichte über Freundschaft und Tod ein.

Rudy (Johannes Heinrichs) hat vor einem Jahr seine Mutter verloren und das Gefühl, sein Vater habe sie schon längst vergessen. Deswegen beschließt er an seinem neunten Geburtstag, mit seinem besten Plüschfreund Hamster (Jörg Kunze) wegzulaufen und eine Sternschnuppe zu suchen. Mit deren Hilfe möchte er herausfinden, wo genau seine Mutter jetzt ist. Schnuppi (Juliane Götz) – die Sternschnuppe, die ihm schließlich vor die Füße fällt – hat allerdings ganz eigene Probleme. Sie schafft es einfach nicht zu verglühen. Rudy beschließt ihr zu helfen, was Hamster allerdings gar nicht passt. Regisseur Robert Neumann inszeniert „Dicke Sternschnuppe“ als modernes Märchen, das sich ganz behutsam mit dem Tod eines Elternteils auseinandersetzt. Der Tod steht dabei nicht im Vordergrund, sondern ist ein Thema, das wie nebenbei die gesamte Geschichte durchzieht. Vordergründig geht es um Freundschaft. Vor allem darum, Freundschaft in den Momenten zuzulassen, an denen die Einsamkeit, die Furcht vor dem erneuten Verletztwerden am größten ist. Nicht nur bei dem Kind Rudy, sondern auch bei seinem Vater.

Die Regie drückt nicht auf die Tränendrüse, sondern schlägt ein flottes Tempo an, das nicht mit Situationskomik spart. Dabei ist es vor allem den Darstellern zu verdanken, dass jede Pointe sitzt, aber die ernsten Zwischentöne nicht verloren gehen. Johannes Heinrichs mimt den Neunjährigen sehr natürlich und mit erstaunlich beweglicher Mimik. In seiner Trauer liegt keine Theatralik, sondern vielmehr eine Verunsicherung. Die Verunsicherung, ob sein Vater überhaupt noch an die Mutter denkt und ob die anderen Kinder in der Schule ihn so mögen, wie er ist.

Auch ein Thema, das immer wieder leise mitschwingt: die Akzeptanz von anderen. Rudy hat damit kein Problem. Ob Hamster oder Sternschnuppe, Hauptsache Freunde. Der von Jörg Kunze beeindruckend vielschichtig gespielte Hamster hingegen hänselt Schnuppi wegen ihrer rundlichen Figur. Nicht etwa, weil er etwas gegen Dicke hat, sondern weil er glaubt, Rudy habe den von Juliane Götz hinreißend überdreht gespielten Stern lieber als ihn. Seine Verunsicherung – da ist sie wieder – wandelt er in Mobbing um. Auch dieses Thema flicht Regisseur Neuman mühelos in seine Inszenierung ein. Unterstützt wird die Leichtigkeit des Stückes durch die wunderbare Videoinstallation von Silke Pielsticker. Immer wieder springen die Darsteller quasi von der Bühne auf eine runde Leinwand und fliegen somit über die Stadt oder zurück in den Himmel. Trotz seiner Modernität bringt das Videoelement eine zauberhafte, träumerische Stimmung auf die Bühne, die den Märchencharakter des Stückes unterstreicht. Sonst bleibt das Bühnenbild reduziert, was gerade in der Friedhofszene am Ende sehr wichtig ist: Ein einfaches weißes Kreuz symbolisiert das Grab der Mutter. Mehr braucht es nicht. Rudys Erkenntnis, dass die Mutter in seinem Herzen weiterlebt, ist auch so emotional genug. Sarah Kugler

Nächste Vorstellung morgen um 15 Uhr

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