Lesestoff: Warschauer Pakt: Von der Gründung bis zum Zusammenbruch
Er sollte ein Gegengewicht zur Nato bilden, und seine Gründung am 14. Mai 1955 war eine Reaktion auf den Beitritt der Bundesrepublik zum Nordatlantikpakt. Doch das von acht Ostblockstaaten geschlossene Bündnis war keinesfalls so monolithisch, wie es über weite Strecken in Ost und West empfunden wurde.
Dies ist eine der wichtigsten Erkenntnisse, die der 16. Band zur Militärgeschichte der DDR, herausgegeben vom Militärgeschichtlichen Forschungsamt in Potsdam, vermittelt. Von Moskau wurde der Pakt auch als wirksames Instrument der Einflussnahme und Kontrolle seiner Marionettenstaaten betrachtet. Geostrategisch bildeten sie einen Riegel zwischen der Sowjetunion und Westeuropa. Die vertragliche Zusicherung, einen „sofortigen Beistand ... mit allen Mitteln“ für den Fall zu leisten, dass einer dieser Staaten angegriffen würde, wurde zunächst vielleicht noch als Sicherheitsgarant verstanden. Doch diese Einschätzung wandelte sich, je stärker die Teilnehmerstaaten ihre Eigeninteressen entwickelten. Zunehmend empfanden sie die Bündnisverpflichtungen als Korsett oder gar als Risiko. Albanien etwa stellte angesichts der aggressiven sowjetischen Außenpolitik 1962 seine Mitarbeit ein und trat 1968 aus dem Pakt aus. Auch Rumänien und Polen bekundeten immer wieder ihre Zweifel an der Sinnhaftigkeit des Bündnisses. Die DDR galt dagegen als „Primusvasall im sozialistischen Paktsystem“, wie Torsten Diedrich, einer der Herausgeber, schreibt. Die militärdoktrinären Auffassungen der Sowjetunion stellten die DDR vor beträchtliche Probleme – nicht nur wirtschaftlich. Vielmehr hatte die SED-Führung zu akzeptieren, dass Ostdeutschland wegen der militärgeografischen Lage die Rolle als Aufmarschbasis der Paktarmee im Falle eines militärischen Konflikts mit dem Westen zugewiesen war. Der vorliegende Band ergänzt die fundierte Monografie „Das rote Bündnis“ von Frank Umbach aus dem Jahr 2005. Befasste sich diese vorrangig mit der Geschichte des Paktes aus Moskauer Sicht, fügt dieser Band die Perspektive der übrigen Bündnispartner hinzu. Die Beiträge gehen zurück auf eine Tagung, die das Forschungsamt gemeinsam mit dem Cold War International History Project in Washington veranstaltet hat.
T. Diedrich, W. Heinemann, C.F. Ostermann (Hrsg.): Der Warschauer Pakt. Von der Gründung bis zum Zusammenbruch 1955 bis 1991. Ch. Links Verlag, Berlin 2009. 367 Seiten, 34,90 Euro.
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