Jüdisches Filmfest Berlin Brandenburg in Potsdam: Über das Jüdischsein in der DDR
Im Filmmuseum Potsdam stellt Frank Gutermuth ein Porträt vor: "Once we were Jews" über den jüdischen Kommunisten Klaus Steinitz. Ein Film darüber, was eine Familie zusammenhält.
Potsdam - Ein alter Mann sitzt am Schreibtisch, im Hintergrund eine Bücherwand. Er blättert in einem Fotoalbum. Schwarz-Weiß Bilder einer vergangenen Zeit. Er spricht überlegt und zugewandt, manchmal fast als würde er schmunzeln über das, was er sagt. Er spricht über seine Familie. "Steinitz zu sein bedeutet Teil einer großen wissenschaftlichen Familie zu sein. Und es bedeutet Teil einer Familie zu sein, die über die ganze Welt zerstreut ist."
Der Mann heißt Klaus Steinitz, Jahrgang 1932. Sein Vater war der Linguist Wolfgang Steinitz. Man mag Klaus Steinitz als Wirtschaftswissenschaftler kennen, als Mitglied der Akademie der Wissenschaften der DDR, als PDS-Mitglied. Er war all das. Aber in dem Film, den Regisseur Frank Gutermuth im Rahmen des 26. Jüdischen Filmfestivals Berlin Brandenburg, der letzten von Nicola Galliner kuratierten Ausgabe, im Filmmuseum Potsdam vorstellen wird, ist davon kaum die Rede. Hierin spricht er über eine andere Facette seiner Identität, sein Jüdischsein.
Eine Familie, die das Streiten gelernt hat
Dass er Jude war, habe er in der DDR nie versteckt, aber auch nie betont, sagt Klaus Steinitz. "Ich bin einfach nie gefragt worden." Die politische Allianz war für ihn als Kommunisten immer klar: mit den Palästinensern, nicht mit dem Staat Israel. Das Anti-Jüdische, sagt er, spielte seiner Erfahrung nach in der DDR eine geringere Rolle als in der UDSSR. "Er war ein Träger des Systems", sagt seine Tochter, die in dem Film zu Wort kommt, ebenso wie seine beiden Enkelsöhne, geboren in den 1980-er Jahren. Seine Tochter sagt auch: "Wo das System sein unmenschliches Antlitz zeigte, hat er versucht zu vermitteln."
"Once we were Jews" erzählt die Geschichte einer Familie, die offenbar das Streiten gelernt hat - und darüber auch das Versöhnen. Verschiedene politische Ansichten deuten sich an, vor allem im Zusammenhang mit der Rolle Israels. Eine Gemeinsamkeit der Ost-Berliner Familie: Alle sagen, dass sie mit dem jüdischen Glauben nichts anfangen können. Die Enkel aber verteidigen Israel als Schutzort vor Antisemitismus. Und berichten, wie der Großvater sich echauffierte: "Jetzt steht ihr auf der Seite der Zionisten!". Lachend erzählen sie das.
Herkunft besteht aus tausend Einzelsplittern
"Once we were Jews" begleitet mehrere Familientreffen - kleine, nachbarschaftliche in Berlin-Pankow, ebenso wie große Begegnungen mit Familienmitgliedern aus Israel, Italien, Schweden, den USA. Das ist zum Beispiel die Cousine aus Rom, in deren Biografie Israel und die DDR ganz natürlich beide eine große Rolle spielten - verbunden über die jüdische Familie. Die sich erinnert, als Elfjährige bei Stalins Tod bittere Tränen geweint zu haben. "Weißt du, was ich dachte, als ich dich das erste Mal sah?", fragt ein israelischer Verwandter Klaus Steinitz einmal. "It was like looking at a monster." Auch darüber können sie inzwischen lachen.
Der Film erzählt Lokal- und Weltgeschichte auf einmal. Erzählt vom Werden und Sterben der DDR, davon, was eine Familie zusammenhält - und dass Herkunft immer aus tausend Einzelsplittern besteht. So ist auch das Jüdischsein für viele aus der Familie Steinitz nur ein Element. Sie mag das Wort Identität nicht, sagt Katja, die Cousine aus Rom, einmal. "Denn Identität heißt eins - und das bin ich nicht, ich bin vielseitig." Aber für ihre Enkelin will sie die jüdischen Traditionen studieren, auch die Sprache. Die Enkelin soll die Wahl haben. "Und dann kann sie damit machen, was sie will."
"Once we were Jews" hat am Dienstag, dem 8. September im Filmmuseum Potsdam Premiere und wird am 9. September nochmals gezeigt. Restkarten an der Abendkasse.
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