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Das "Tarquinius und Lucretia" von Artemisia Gentileschi (1593-1653) hing einst im Neuen Palais.
© Repro: Michael Lüder

Wege des Barock im Barberini: Selbstinszenierung und Selbstbehauptung

Ein Symposium im Museum Barberini bereitet die Schau der Alten Meister vor, die ab Juli 2019 zu sehen ist. Darunter sind auch zwei Werke aus dem Neuen Palais, die das Barberini restaurieren lässt.

Potsdam - Wie zu Zeiten Friedrich II. erweisen sich auch heute die aus Kunst geschmiedeten Brücken nach Italien als sehr erhebend. Sie bringen nicht nur Inspiration, sondern auch handfeste Ausstellungsereignisse. Beim gestrigen Symposium im Museum Barberini ging es um erste Spuren, bevor im Juli 2019 die „Wege des Barock“ beschritten werden sollen. Noch war Caravaggios „Narziss“ – das Titelbild der Ausstellung Alter Meister aus den Nationalgalerien Barberini Corsini in Rom – nur als Foto an der Wand zu sehen. Aber Potsdam macht sich startklar für die barocke Offensive der Originale.

Caravaggios "Narziss", 1598/99
Caravaggios "Narziss", 1598/99
© Gallerie Nazionali Barberini Corsini, Rom

Die bringt nicht nur über 50 Meisterwerke aus den Nationalgalerien der Palazzi Barberini und Corsini nach Potsdam, sondern zeigt auch drei Werke aus heimischem Bestand, von der Preußischen Schlösser-Stiftung. Für zwei davon tritt das Barberini als Sponsor auf und übernimmt die Kosten für die Restaurierung: für die von Friedrich dem Großen einst in Italien angekauften Gemälde „Bathseba im Bade“ und „Tarquinius und Lucrezia“ der italienischen Malerin Artemisia Gentileschi (1593–1653). Sie hängen im Tanzsaal des Neuen Palais, der zuletzt 2012 während der „Friederisiko“-Ausstellung einseh-, aber schon nicht mehr betretbar war. 2019 kommen sie im Barberini zur Geltung, bevor sie wieder ins Neue Palais zurückgehen, wo die Sanierung des Tanzsaals noch in den Sternen steht. „Geprüft wird derzeit jedoch, ob der Saal im Rahmen von Sonderführungen besichtigt werden kann“, sagte Pressesprecher Frank Kallensee auf PNN-Nachfrage.

Aus der Bildergalerie ins Barberini. Carlo Marattis Gemälde „Auffindung des Romulus und Remus“ wird in „Wege des Barock“ zu sehen sein.
Aus der Bildergalerie ins Barberini. Carlo Marattis Gemälde „Auffindung des Romulus und Remus“ wird in „Wege des Barock“ zu sehen sein.
© Repro: SPSG/Roland Handrick

Derweil berichtete die Kustodin für Gemälde romanischer Schulen der Stiftung, Franziska Windt, auf dem Symposium, dass die Restaurierung nur unter großem technischen Aufwand möglich sei, da beide Werke in der Wand eingebaut sind. Das Barberini lässt sie nun ausbauen und in alter Pracht erstrahlen. Erzählt wird auf den Bildern biblische und römische Geschichte. So geht es in „Lucretia und Tarquinius“ um eine Vergewaltigung. Lucretia, die Römerin, Gattin des Collatinus aus der königlichen Familie der Tarquinier, war berühmt für ihre Schönheit und Tugend. Tarquinius, ein entfernter Verwandter des Collatinus, bedrohte sie mit seinem Schwert und vergewaltigte sie. Lucretia fühlte sich entehrt und stieß sich ein Messer ins Herz. Auch Carlo Marattis „Die Auffindung des Romulus und Remus“ (1680–1692) aus der Bildergalerie wird im Barberini zu sehen sein.

Friedrich inszeniert Italien in Potsdam

Friederich II. liebte italienische Architektur – hat sie aber nie im Original gesehen, wie Franziska Windt in ihrem Vortrag „Inspiration Rom. Friedrich der Große inszeniert Italien in Potsdam“, sagte. Friedrich schickte seinen Architekten Knobelsdorff nach Italien. Aus dessen Quellen pickte er sich heraus, was er in Potsdam nachahmen könnte. Zudem stand er in regem Briefverkehr mit dem Gelehrten Algarotti, der ihm auch Architekturpläne zuschickte. Potsdam sollte zur Schule der Architektur werden, die die Künste und das Handwerk nach sich ziehe. Friedrich ging sehr frei und pointiert mit den Einflüssen um, wie beim Ruinenberg, der sich an das Forum Romanum anlehnte. Er fühlte sich in seinem Schloss wie im Kapitol: auf das Forum Romanum schauend. Warum er nicht selbst nach Italien fuhr? „Als Kronprinz durfte er nicht und als König fehlte ihm die Zeit, weil er Kriege führen musste“, so die Kustodin.

Potsdams Barberini ohne Fußballfeld

Das Museum Barberini am Potsdamer Alten Markt ist bekanntlich eine äußerliche Rekonstruktion des im Krieg zerstörten Palastes Barberini, der seinerseits nach dem Vorbild des römischen Palazzo Barberini auf Geheiß Friedrichs II. errichtet wurde. Allerdings fehlte dem Nachbau der Fußballplatz. Wie die Kunsthistorikerin Mauricia Cicconi berichtete, spiegelt sich in der Geschichte des Palastes Barberini in Rom auch die Begeisterung für den Florentiner Fußball wider. Der Palast diente den Barberinis – ein italienisches Adelsgeschlecht, das im 17. Jahrhundert zu großem Reichtum und Einfluss gelang und mit Urban VIII. sogar einen Papst stellte – auch dem körperlichen Wohlbefinden. Im Pariser Louvre existierte ein Tennisplatz, im Barberini ein Fußballfeld. Ansonsten diente der Ort nicht dem Wohnen, sondern der Propaganda: ein barocker Auftritt wie auf einer Bühne, von allen Seiten anzusehen, die Stadt beherrschend. Die Strategie hieß: Selbstinszenierung und Selbstbehauptung.

Sammeln, um zu besitzen

„Erwirb es, um es zu besitzen“, schrieb Goethe im „Faust“. So trugen auch die Barberinis ihre Schätze in ihrer „Wunderkammer“ zusammen, wie Kunsthistoriker Michele Di Monte in seinem Vortrag sagte. Anders als Friedrich 100 Jahre später. „Er sammelte nicht, um Besitz anzuhäufen“, sagte Franziska Windt. „Friedrich wollte sich als Kunstkenner darstellen.“ Er sah sich als Aufklärer und nutzte das Barocke als Bildsprache, die die Leute zu lesen verstanden. Die Bildergalerie Sanssouci war keine verschlossene Wunderkammer, sie diente als frei zugängliche Schule der Malerei. 

Die Ausstellung "Wege des Barock. Die Nationalgalerien Barberini Corsini in Rom" ist vom 13. Juli bis 6. Oktober 2019 im Museum Barberini Potsdam zu sehen.
 

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