Auszeichnung in Stockholm: Peter Handke und Olga Tokarczuk erhalten den Literaturnobelpreis
Am Mittwochabend war die polnische Schriftstellerin Olga Tokarczuk noch für eine Lesung in Potsdam, heute wurde ihr der Literaturnobelpreis zuerkannt. So wie auch dem Österreicher Peter Handke.
Potsdam - Der Literaturnobelpreis für das Jahr 2019 geht an den österreichischen Schriftsteller Peter Handke. Und die polnische Schriftstellerin Olga Tokarczuk, die am Mittwochabend noch im Potsdamer Literaturladen Wist ihren neuen Roman vorgestellt hat, erhält den nachgeholten Literaturnobelpreis für das Jahr 2018. Dies hat die Schwedische Akademie am Donnerstagmittag in Stockholm mitgeteilt.
Fast ein Jahrzehnt Arbeit
Schon am Mittwoch ließ der Buchhändler Carsten Wist symbolisch zu Beginn der Lesung einen Korken knallen, heute gibt es noch mehr zu feiern: Denn ausgerechnet in Potsdam hat Tokarczuk die deutsche Übersetzung ihres jüngsten Romans zuallererst vorgestellt. "Wir sind Literaturnobelpreis!", schrieb der Buchhändler am Donnerstag bei Facebook und gratulierte der Schriftstellerin.
Rund neun Jahre lang arbeitete die 57-Jährige an "Die Jakobsbücher", recherchierte die Geschichte des selbsternannten Erlösers der osteuropäischen Juden aus dem 18. Jahrhunderts, Jakob Josef Frank, und verwob ebendiese mit fiktiven aber zeitgemäßen Details zu einem über 1000 Seiten langen Roman.
Als wortgewaltig beschrieb diesen am Mittwoch Carsten Wist - und diese Gewandtheit Tokarczuks wurde auch schon nach wenigen vorgetragenen Zeilen aus der Übersetzung von Lisa Palmes und Lothar Quinkenstein deutlich. Palmers war ebenfalls im Literaturladen zu Gast, um die Autorin zu übersetzen und von den eigenen Erfahrungen zu berichten. Über zwei Jahre lang habe sie gemeinsam mit ihrem Kollegen an der Übersetzung des Romans gearbeitet. Die Kapitel hätten sie untereinander aufgeteilt, dann gemeinsam gesprochen. Schlussendlich seien einzelne Kapitel unter ihnen bis zu sechsmal hin- und hergeschickt worden, erzählte sie im gut gefüllten Literaturladen.
Unzählige Details machen Franks Welt spürbar
Auch Tokarczuk berichtete von ihren Arbeitsphasen. Zum Lachen brachte sie das Publikum am Mittwoch etwa, als sie von kleinen, aber zunächst unbemerkt gebliebenen falschen Details erzählte. Sie habe beispielsweise eine Szene etwas greifbarer machen wollen, und beschrieb im Buch, wie sich das Kerzenlicht in den Nadeln von Näherinnen spiegelte. Wenig später habe sie herausgefunden, dass es zu der Zeit noch gar keine Nadel aus Metall gab, man stattdessen Holz verwendete. So sei es ihr mit vielen Details ergangen. Eine große Rolle gab sie außerdem den Frauen, die zur besagten Zeit bedeutend waren, jedoch bisher kaum Erwähnung fanden. Und warum diese jahrelange Arbeit? Sie hätte kaum etwas zu der Person Jakob Frank gefunden, sagte sie, deswegen habe sie sich berufen gefühlt.
Dass die Lesung etwas zu lang geriet, man die Autorin selbst lieber öfter gehört hätte als die beiden Gastgeber, darf angesichts der freudigen Neuigkeit in den Hintergrund rücken.