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Geigen- und Gambenbauer Tilman Muthesius und Christiane Gerhardt legen den Fokus im Havelschlösschen auf historische Instrumente und Spieltechniken.
© promo

Musik in Potsdam: Musikalisches Programm des Havelschlösschens

Alte Instrumente und neue Musik, finstere Stunden und eine untreue Cleopatra. Das Klein Glienicker Havelschlösschen startet in seine Konzertsaison.

Potsdam - Hackbrett, das klingt eher nach Zwiebelchen und Petersilie als Musik. Und doch ist es ein Instrument, sogar ein sehr melodisches. „Es ist eine Kiste mit Saiten drauf, nach dem Bauprinzip vieler urgriechischer Instrumente“, erklärt die Potsdamer Gambistin und Musikwissenschaftlerin Christiane Gerhardt. Die Saiten bringt man mit Schlägeln oder Hämmerchen zum Klingen, daher Hackbrett. Wenn es in Pizzicato-Technik mit Fingern gezupft wird, heißt das Hackbrett Salterio.

Was man damit machen kann, zeigt im Mai die österreichische Salterio-Spielerin Franziska Fleischanderl im Kammermusiksaal Havelschlösschen. Das klangvolle und vielseitige Instrument war im 18. Jahrhundert sehr verbreitet und wurde als „dolce conforto“, als „sanfter Tröster“, bezeichnet. Dann geriet es in Vergessenheit. Die Musikbeispiele aus mehreren Jahrhunderten werden im Konzert unterhaltsam mit Erklär-Moderationen ergänzt, wie es das Publikum der seit 2007 etablierten Klein Glienicker Kammermusikreihe kennt.

Stunden der Finsternis

Der Fokus liegt jeweils auf historischen Instrumenten und Spieltechniken. Vergessene Instrumente, wiederentdeckte Komponisten und ihre Werke werden vorgestellt. Veranstalter sind der Potsdamer Geigen- und Gambenbauer Tilman Muthesius und Christiane Gerhardt. Das Publikum lässt sich gerne überraschen: „Sie wissen, dass wir Ihnen immer ein kleines Juwel präsentierten“, sagt Muthesius.

Das nächste Juwel am 5. März sind „Virtuose barocke Entdeckungen“ von Telemann, Hotteterre und anderen. Es spielen Sabine Erdmann, Cembalo, und Susanne Ehrhardt, Chalumeau, ein heute seltenes Holzblasinstrument, das in der Antike von Schafhirten genutzt wurde. Später entwickelte sich daraus die Klarinette.

Im April begleiten Christiane Gerhardt, Gambe, und Jia Lim, Cembalo, die Sopranistinnen Sarah Fus und Ella Schmidt in den „Leçons de ténèbres“, den Stunden der Finsternis, die François Couperin zur Karwoche schrieb. Weiter geht es im Mai mit Hackbrett und Salterio, bevor im Juni das junge Ensemble La Meraviglia erklärt und demonstriert, dass es auch früher unter Komponisten um Urheberrecht, Plagiat und Datenklau ging. „Le Tournoi Musical“, der musikalische Wettbewerb, ist das traditionelle Wunschkonzert im Juli, wenn Zuhörer das Programm mitbestimmen. Es spielt das Ensemble Les Timbres mit Yoko Kawabuko, Violine, Myriam Rignol, Gambe, und Julien Wolfs, Cembalo.

Die untreue Cleopatra

Dramatisch geht es im September weiter: Die untreue Cleopatra, „Cleopatra infelice“, ist eine Barockkantate des italienischen Komponisten Benedetto Marcello, es singt die Berliner Sopranistin Christina Roterberg, am Cembalo begleitet Torsten Johann.

Gesang und Gamben, gespielt von Rust Pozyumsky, Gerhardt und Muthesius, werden im Oktober präsentiert. Die Sängerin Alisa Ten verbindet Elemente aus Folk, Jazz, Ethno und Minimalismus. Ihr erster Auftritt in Klein Glienicke im vergangenen Jahr verzauberte Gastgeber und Publikum, nun ist sie wieder dabei: mit einem sinnlich-verspielten Programm von Barock bis Moderne. An diesem Abend stellt Christiane Gerhardt auch eigene Kompositionen vor.

„Freiheit, Gleichheit, Schwesterlichkeit!“ ist das Konzertmotto im November. Das Les Salonnieres Ensemble widmet sich mit Kammermusik von Raphael Dressler, Joseph Haydn und Jean-Baptiste Breval der umstrittenen Rolle der Frau bei Rousseaus sowie der Kritik durch die englische Frauenrechtlerin Mary Wollstonecraft. Schatten und Licht, „Ombra e Luce“, setzen im dunklen Dezemberkonzert der Violinist Georg Kallweit und Björn Colell mit Laute in Szene.

Zwischen Alt und Neu

Was sich durch alle Konzerte zieht, ist die Spannung zwischen Alt und Neu, zwischen Wiederentdeckungen und neuen Kompositionen für historische Spielpraxis. Das zu kombinieren und zu erleben sei der besondere Reiz, so Geigenbauer Muthesius. Die mitteltönige Stimmung der historischen Instrumente, bei der einzelne Stimmlagen in sich rein waren, sich dabei jedoch über mehrere Oktaven Abweichungen ergaben, klinge weicher und angenehmer als die heutige, von Bach wohltemperiert genannte Stimmung.

Historische Instrumente klingen angenehm rund und weich, sind allerdings technisch weniger versiert und weniger flexibel einzusetzen. Das macht das heutige Komponieren von Stücken für alte Instrumente zur Herausforderung. Aber das Interesse an solchen Aufführungen wachse, sagt Muthesius. Manche der von ihnen gebuchten Nachwuchskünstler spielen heute auf viel größeren Bühnen.

>>„Virtuose barocke Entdeckungen“ am 5. März um 20 Uhr, im Havelschlösschen, Waldmüllerstraße 3a. Karten für 25 Euro, ermäßigt 15 Euro, sind unter Tel.: (0331) 748 1496 erhältlich

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