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Zwischen Angst und Schuld. Marie Bäumer und Denis Dercourt im Thalia Filmtheater.
©  Manfred Thomas

Filmgespräch im Thalia-Potsdam: Kein Märchen zum Wohlfühlen

Denis Dercourt sprach über „Zum Geburtstag“.

Potsdam - Märchen. Ein Wort, das bei den meisten positive Kindheitserinnerungen weckt. Wird es nun noch mit weichem französischem Akzent, wie dem des Regisseurs Denis Dercourt, ausgesprochen, ist jede negative Assoziation verschwunden. Doch man sollte sich nicht täuschen lassen. Dercourts neuer Film „Zum Geburtstag“, den er am Donnerstag im Thalia Filmtheater vorstellte, ist zwar ein Märchen. Aber keines zum Wohlfühlen.

Anna (Marie Bäumer) und Paul (Mark Waschke) führen ein harmonischen Familienleben. Bis eines Tages der ehemalige Mitschüler Georg (Sylvester Groth) wieder in ihrem Leben auftaucht. Was Anna nicht weiß: Vor etwa 30 Jahren haben die Männer einen Pakt geschlossen, der besagte, dass Paul Anna haben dürfe, Georg sie aber jederzeit zurückverlangen könne. Nun scheint es, als wolle er seinen Teil der Abmachung einlösen und dringt dabei zusammen mit seiner undurchsichtigen Frau Yvonne (Sophie Rois) immer tiefer in das Leben von Pauls Familie ein. Relativ schnell baut der Film eine beklemmende Spannung auf, die bis zum Schluss erhalten bleibt. Wie nachhaltig die Wirkung des Films ist, zeigte die angespannte Stille, die am Donnerstag den Saal des Thalia-Kinos während des gesamten Abspanns füllte. Erst als die Lichter wieder angingen, brachen die zahlreichen Zuschauer in heftigen Applaus aus.

Im anschließenden Filmgespräch mit Regisseur Dercourt, seiner Hauptdarstellerin Marie Bäumer und dem Produzenten Peter Hartwig – alle bequem auf der Bühne sitzend – kam die Sprache relativ schnell auf den sehr reduzierten Stil. Auf die Frage aus dem Publikum, ob denn kein Geld für mehr Requisite da gewesen sei, antworteten Produzent und Regisseur, dass das alles beabsichtigt gewesen sei und nichts mit den finanziellen Mitteln zu tun gehabt habe. Dercourt gab zu, dass es für die Zuschauer eine schwierige Erfahrung sein könne, die Kälte des Films zu ertragen. Aber genau diese Kälte erwirke den Nachhaltigkeitseffekt. „Sie werden noch lange darüber nachdenken“, sagte er mit einem Augenzwinkern. „Und morgen wird es ihnen schon nicht mehr ganz so kalt vorkommen und übermorgen schon ganz heiß.“ Marie Bäumer ergänzte, dass ein solcher, fast Brechtscher Stil auch ein großes Vertrauen in das Publikum voraussetze. „Es ist ein sehr gerader Weg, den wir hier eingeschlagen haben, und den muss das Publikum auch bereit sein mitzugehen“, so Bäumer.

Im Verlauf des Gespräches sagte Dercourt, dass die Franzosen sehr von Geschichten über die DDR fasziniert seien. Aus diesem Grund wurde das Thema, auf Anraten der französischen Filmverleiher, mit in den Film aufgenommen. In der ersten Fassung des Drehbuches kam es laut dem Regisseur gar nicht vor. Dercourt zeigte sich vor allem fasziniert von den unterschiedlichen Spieltechniken in Ost und West und betonte dabei, wie großartig die deutsche Schauspielausbildung sei. „In Frankreich gibt es keine solche Ausbildung“, sagte er. „Dort muss man nur charmant sein.“

Der ausschlaggebende Grund, „Zum Geburtstag“ zu drehen, war Dercourts große Faszination an Teufelsgeschichten, die für ihn typisch deutsche Themen wie Angst und Schuld mit einschließen. Der Film spielt dabei mit Prototypen wie Held und Bösewicht, die immer mehr ineinander verschwimmen und somit eine düstere Märchenatmosphäre schaffen. Für Dercourt habe der Film allerdings viele Facetten. „Es ist eine Rachegeschichte und es ist ein Märchen“, so Dercourt. „Aber auch noch etwas anderes, was genau, weiß ich auch nicht.“ 

„Zum Geburtstag“ ist täglich im Thalia-Kino in der Rudolf-Breitscheid Straße 50 zu sehen.

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