Potsdams Neues Globe Theater in der Pandemie: Ja, mach nur einen Plan!
Für das Potsdamer Neue Globe Theater beginnt 2021 ambivalent: Es wird vom Bund gefördert, sucht aber dringend neue Lagerräume. Und plant sein aktuelles Stück: "Don Quijote".
Potsdam - Das neue Jahr beginnt zwiegespalten für das Neue Globe Theater. Einerseits brachte es inmitten düsterer Aussichten für die Kultur einen erfreulichen Startschuss vom Fonds Darstellende Künste: Die Potsdamer freie Gruppe erhält 2021 Bundesmittel aus dem Programm Neustart Kultur. Wie viel genau, möchte Leiter Andreas Erfurth lieber nicht sagen: Es habe Unmut in der Szene darüber gegeben, wie sichtbar diese Förderungsmöglichkeit war. Einige fühlten sich übergangen, daher will er keinen Neid schüren. Ein Blick auf den entsprechenden Fördertopf gibt Aufschluss über die Dimension: Zwischen 20.000 und 50.000 Euro gewährte die Jury im Bereich Off-Tourneetheater pro Anstragsteller.
Das Neue Globe Theater erhält genug um Planungssicherheit für 2021 zu gewährleisten, sagt Andreas Erfurth. Soll heißen: Genug, um überhaupt wieder eine Tourneetheater-Produktion stemmen, die Gagen für die Beteiligten bezahlen zu können. Normalerweise werden diese durch die Einnahmen vom Vorjahr finanziert - doch wie dieses Vorjahr finanziell für das Tourneetheater aussah, kann man sich denken. Im Jahr 2020, dem Corona-Jahr, konnte das neue Globe Theater im Wesentlichen nur von August bis Oktober??? spielen. Von wie vielen geplanten Vorstellungen???
Dass 2021 wieder getourt werden kann, ist also die gute Nachricht. Die andere ist: Das Neue Globe Theater nicht, wo es ab April seine Bühnenbilder, Kostüme und Requisiten unterbringen soll. Der Vermieter der in der Benzstraße genutzten Räumlichkeiten hat der Theatergruppe angekündigt, dass die 200 Quadratmeter in der ehemaligen Kleidermanufaktur zwecks Sanierung geräumt werden müssen. Seit 2014 konnte die Truppe die Räume in dem unsanierten Backsteingebäude zu günstigen Bedingungen als "Zwischenlösung" nutzen. Warmmiete pro Quadratmeter: 2,50 Euro.
"Dass wir so geringe Fixkosten haben, hat uns gerettet", sagt Andreas Erfurth. Anders als Gruppen mit einer eigenen Spielstätte muss das Neue Globe Theater keine hohen Betriebskosten oder Angestellte bezahlen, wenn nicht gespielt wird. "Wir können uns kleinmachen." Dazu gehörte bislang auch, dass die Gruppe in den Räumen der Benzstraße auch eine Probebühne besaß. Für zwei Monate im Jahr, für die Endproben mit Bühnenbild und Beleuchtung, hatte sich das Theater in Vorjahren bereits andere Orte dazugemietet. Im Heimathafen Neukölln zum Beispiel, einer Spielstätte der freien Szene in Berlin. Oder in der Alten Münze. Auch in diesem Jahr wird das Neue Globe Theater dort proben.
Bleibt also das Problem der Lagerräume. Andreas Erfurth hat über Facebook und den Landesverband freier Theater mobil gemacht. "Ich hoffe auf den Schwarm", sagt er. Gesucht wird Platz zwischen 150 und 250 Quadratmeter, trocken, abschließbar und gut erreichbar. Das Tourneetheater spielt für gewöhnlich vier bis fünf Produktionen im Wechsel, daher ist es wichtig, dass man Bühnenbilder und Kostüme leicht ein- und ausladen kann. Und dass das dort Verstaute nicht aufgrund von Feuchte zwischendurch von Schimmel angefressen wird.
"Eine solche Suche ist schon in Normalzeiten nicht einfach", sagt Erfurth. "In Zeiten der Pandemie ist sie ausgesprochen schwierig." Der naheliegendste Verbündete, das T-Werk in der Schiffbauergasse, hat selbst kaum Lagerfläche. Ebenso das Hans Otto Theater, wo er schon angefragt hat. Die Idee, einen Kellerraum unter dem Extavium anzumieten, zerschlug sich.
Hilfsangebote gibt es aus dem Umland: Aus Dahnsdorf in der Nähe von bad Belzig, wo Marie Golüke in einem ehemaligen Kuhstall Theaterprojekte macht. Aus Niedergörsdorf meldete sich die Hauptamtsleiterin Andrea Schütze, die dort ein Kulturzentrum ins Leben gerufen hat. Das Neue Globe Theater gastierte zweimal dort. Dort ließen sich wunderbar Kostüme und Requisiten lagern, die man nicht ständig braucht, sagt Erfurth. Eine Dauerlösung wäre das nicht.
Parallel zur Depotsuche plant Andreas Erfurth die Saison, die dank Neustart Kultur stattfinden kann. Oder stattfinden könnte. Denn wann wie wieder gespielt werden darf, weiß auch Andreas Erfurth nicht. Gerade habe wieder ein Veranstalter drei Gastspiele für 2021 abgesagt. 15.000 Euro weniger Einnahmen, heißt das. Dass auch in diesem Jahr die Einnahmen nicht für die kommende Saison reichen werden, zeichnet sich bereits ab. "Da sehe ich ziemlich schwarz." Was nicht stattfinden kann, wird freilich verschoben - teilweise ist Erfurth schon im Jahr 2023. Absurd. Aber was soll man sonst tun als eben das: Pläne schmieden?
Also, ab März wird geprobt, gegen alle Widerstände: "Don Quijote". Im Mai soll Premiere im T-Werk sein. Frei nach Brecht, sagt Andreas Erfurth, und meint es gar nicht bitter: Denn schon der kannte ja die Unzulänglichkeit des menschlichen Planens. "Ja, mach nur einen Plan!/ Sei nur ein großes Licht!/ Und mach dann noch’nen zweiten Plan/ Gehn tun sie beide nicht."
Gespielt wird die "Don Quijote"-Fassung von Jakob Nolte, die das Deutsche Theater Berlin mit Wolfram Koch und Ulrich Matthes gemacht hat. Ein Zweipersonenstück, coronakompatibel. Und auf ein Wiedersehen mit dem Neuen Globe Theater spätestens im Sommer, openair im Schirrhof, kann man sich verlassen, sagt Erfurth. Ganz bestimmt.
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