Potsdamer Tanztage mit kanadischem Shootingstar: „Ich habe keine Furcht“
Daina Ashbee gilt als eine der vielversprechendsten Choreografinnen Kanadas. Bei den Potsdamer Tanztagen zeigt sie ihre Deutschlandpremiere „Serpentine“. Ein Gespräch über die Corona-Pandemie, Nacktheit im Tanz und Frausein im Jahr 2020.
Potsdam - Daina Ashbee, Sie zeigen im Rahmen der Potsdamer Tanztage Ihr Solostück „Serpentine“. Ist dies die erste Möglichkeit, seit dem Lockdown aufzutreten?
Ich komme immer sehr gern zur fabrik nach Potsdam zurück, es fühlt sich an wie eine schöne, internationale Gemeinschaft. Meine letzte Vorstellung vor Covid-19 war die Welturaufführung meiner jüngsten Soloarbeit „Laborious Song“. Das war am 3. März in Brüssel, im Kaaitheater.
Wie hat die Pandemie Ihre Arbeit als Choreografin und Tänzerin seitdem beeinflusst?
Meine Karriere machte sozusagen eine riesige Pause. Viele Tourneen wurde abgesagt, auch eine weitere Welturaufführung war darunter. Ich habe die Zeit genutzt und mich auf andere Aspekte meines Lebens konzentriert. Das waren Dinge wie die Füße auf dem Boden behalten, sich um Familie zu kümmern und mich mehr meinem Körper, meinen Energie-Übungen zu widmen.
Eine positive Seite des Lockdowns, gab es das für Sie? Neue Einsichten, Fähigkeiten, Hobbies?
Zeit mit mir selbst und meiner Familie.
In Deutschland zählen Choreografen und Tänzer als freie Künstler zu den am schwersten von der Krise Betroffenen. Wie ist die Situation in Kanada, wo Sie leben?
Ich weiß, dass es Unterstützung für Künstler gab, die eine Menge Bürokratie und Papierkram bedeutete. Ich habe mich entschieden, mich stattdessen auf mein Privatleben zu konzentrieren und mich nicht um diese Quellen zu bemühen. Weil die Pandemie eine globale ist, versuche ich auch nicht zu verzweifeln und will nicht der Gruppe von Künstlern angehören, die leiden. Die ganze Welt ist betroffen und ich muss das Beste aus dem machen, was ich jetzt vor mir habe.
Welche weiteren Konsequenzen für Sie als Künstlerin sehen oder befürchten Sie?
Ich habe keine Furcht. Und obwohl es nicht leicht ist, mit der Ungewissheit zu leben, habe ich Vertrauen in die Kraft des Lebens. Ich versuche, zu akzeptieren, was ich nicht ändern oder kontrollieren kann, und den Mut nicht zu verlieren, um zu arbeiten, woran ich zu diesem Zeitpunkt arbeiten kann.
Der Titel Ihrer in Potsdam gezeigten Arbeit lautet „Serpentine“. Was verbinden Sie mit dem Begriff?
Serpentin ist ein Mineralstein, der Transformation und Heilung hervorruft, Prozesse in Bewegung setzt, Schichten freilegt. Manche bringen es auch mit weiblicher Energie, Schlangen-Energie in Verbindung.
Sie arbeiten mit gänzlich nackten Körpern auf der Bühne. Warum?
Ich habe versucht in meiner Arbeit tiefer zu gehen als nur bis zum Körper oder dem Geschlecht der Darstellerin auf der Bühne. Die Arbeit ist menschlich, emotional und spirituell für die Performerin und mich. Der kreative Prozess ist ein Austausch, von Energien, meinen Bildern, Ideen oder Geschichten. Der Körper hat eine Sprache und ist eine Form der Kommunikation – da Kostüme hinzuzufügen oder einzubauen kann die Kraft des Körpers, sich auszudrücken und Geschichten zu erzählen, zunichte machen.
Und Sie arbeiten konkret mit nackten weiblichen Körpern. Haben Sie keine Angst vor voyeuristischen Blicken – oder sind die mit einkalkuliert?
Das ist tatsächlich eine interessante Ebene, die zu der Energie im Raum dazukommt. Es gibt der Arbeit mehr Gewicht. Es liegt auch außerhalb meiner Kontrolle, was jemand in der Performance sieht oder erlebt, oder mit welchem Blick, mit welcher Linse sie auf die Bühne schauen.
Was bedeutet es für Sie selbst, im Jahr 2020 eine Frau zu sein?
Frausein im Jahr 2020 bedeutet für mich, dass es wichtig ist, alle menschlichen Wesen zu respektieren – und dass es wichtig ist, für Frauen Platz zu schaffen. Ich bin glücklich, dass ich das mit meinen Stücken tun kann: Frauen im Wortsinn Zeit und Raum zu geben, damit sie sich auf der Bühne Zeit und Raum nehmen können.
"Serpentine" hat am 13.8. um 19 Uhr Deutschlandpremiere in der Waschhaus Arena. Weitere Aufführungen am 14. und 15.8. jeweils um 19 Uhr.
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Die Künstlerin, Performerin und Choreografin Daina Ashbee lebt in Montreal. Bereits im Alter von 26 Jahren hatte sie zahlreiche Preise gewonnen, unter anderem den Prix de la danse de Montréal. Die Fachzeitschrift "Tanz" zählte sie 2017 zu den 30 vielversprechendsten Künstlern und Künstlerinnen des Jahres. 2019 gewann sie den New York Dance and Performance Award Bessie als Herausragende Choreografin. Seit 2015 tourt sie weltweit. Bis 2023 ist sie Artist in Residence im Tanzlabor Agora de la danse in Montreal.
Lena Schneider
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