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Jonathan Meese
© dpa

Ausstellungen: Hitlergruß und Unterhosen

Überbordend, laut, absurd: In Österreich widmen sich gleich zwei Ausstellungen dem deutschen Gegenwartskünstler Jonathan Meese.

Seine Werke erinnern zuweilen an Kritzeleien in Schultoiletten: Hehre Worte über Liebe, Sehnsucht und Gott stehen neben gesellschaftspolitischen Sprüchen, gemalten Herzen und Männchen mit sehr großen Geschlechtsteilen. In Wien und Umgebung widmen sich gleich zwei Ausstellungen dem polarisierenden deutschen Shootingstar. In Klosterneuburg zeigt das Essl Museum seit heute die Schau "Fräulein Atlantis", in der Wiener Galerie Krinzinger öffnet am Samstag die kleinere Ausstellung "Don't call us, we call you".

Im Museum Essl, das mit rund 40 Arbeiten die größte Privatsammlung Meeses besitzt, eröffnete der 37-Jährige seine Ausstellung selbst mit der Performance "Milchmädch' und Jonathan Meesl: Das Ende eines Vulkanschlafes - Wem der Countdown schlägt".

"Ich lerne Macht"

In schwarzer Kluft läuft der Künstler mit wallender Mähne und Ziegenbart durch eine Rotunde in der Mitte des Museums, die er mehrere Meter hoch und am Boden mit Schrift und Figuren bemalt hat. Auf einem roten Herz steht "Ich lerne Macht" geschrieben, darunter hat der Künstler eine prall gefüllte und mit roter Farbe verschmierte Männerunterhose befestigt, Handabdrücke mischen sich mit Eisernen oder Jesuskreuzen, "Mein Schlüpfer juckt (lebt)" oder "Totales Herz" sind weitere Botschaften.

Meese läuft herum, schreit und flüstert Assoziativketten über Kunst und Macht und alles Mögliche ins Mikro und wirkt dabei wie eine Mischung aus Fernsehpfarrer und Führer-Farce, die immer wieder ins Trotzig-Kindliche kippt. Mal zeigt der Künstler den Hitlergruß und findet "Kunst ist Menschenjagd", dann kriecht er als "Ameise der Kunst" über den Boden oder steckt sich einen Lolli in den Mund, der für ihn auch ein bisschen nach der Schauspielerin Scarlett Johansson schmeckt.

"Ich habe da nichts verstanden"

Rund 600 Gäste beobachten die überbordende, laute und oft absurde Performance, die stets zwischen Obszönem, Gesellschaftskritischem und Banalem changiert. "Ich habe da nichts verstanden, aber vielleicht sollte ich das ja gar nicht", kommentiert eine ältere Dame aus Wien am Ende. Einer jüngeren Frau konnte mit der Darstellung Meeses mehr anfangen: "Er hat auf seine Weise viele wichtige Themen angesprochen, das Ganze hatte ein Konzept."

Das Essl Museum charakterisiert Meese als "sanftwütigen Kunstberserker", der die Ausstellungshalle in eine überbordende Druckkammer verwandelt habe. Neben Leinwänden sind in der Schau auch Bühnenbilder und Skulpturen zu sehen. Unter anderem hat Meese ein Dorf aus bemalten und mit Fotos, Pflastern oder Plastik beklebten Holzhäuschen aufgebaut, in dessen Mitte eine Satyr-ähnliche Gestalt thront. Andere Bronzefiguren wecken in ihrer düsteren Mystik Erinnerungen an Science-Fiction-Filme oder Videospiele, der Besucher fühlt sich bisweilen in die Atmosphäre eines schlecht gelüfteten Jugendzimmers versetzt.

Alchemie an Bord

Meese selbst versteht seine Ausstellung, wie er etwas rätselhaft in der Einladung schrieb, als "Raketenabschussplattform der Totalkunst". Und er fügt hinzu: "Hier, inmitten der Kommandozentrale der Kunst, hebt im Essl Museum die Getreiderakete "De Babysavonarola" ab, mit dem neuen Lady Ben Gun Hur + unendliche Tiermenschenbabys + Alchemie an Bord."

Die Expostion bleibt bis zum 3. Februar 2008 geöffnet, die Schau in der Wiener Galerie Krinzinger bis 10. November 2007.

Miriam Bandar[dpa]

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