„Scobel fragt“ am Hans Otto Theater in Potsdam: „Hat man das Volk falsch verstanden?“
Im Hans Otto Theater beginnt am heutigen Dienstag die Gesprächsreihe „Scobel fragt“ Marianne Birthler und Eugen Ruge sprechen über „Ost & West – Kommt die Zukunft von allein?“.
Potsdam - Geschieht Zukunft einfach oder kann man sie beeinflussen? Wie frei ist der freie Wille? Diese, in der Philosophie als Determinismus-Streit bekannte Fragestellung will der TV-Moderator Gert Scobel in seiner am Dienstag startenden Gesprächsreihe „Scobel fragt: Ost & West“ auf die Bühne des Hans Otto Theaters bringen. Der für die 3sat-Sendung „Kulturzeit“ mit dem Deutschen Fernsehpreis ausgezeichnete Journalist, lädt an insgesamt vier Abenden zur Beantwortung dieser Fragen renommierte Gäste ein.
Zum heutigen Auftakt kommt der Schriftsteller Eugen Ruge, dessen Stück „In Zeiten des abnehmenden Lichts“ gerade am Hans Otto Theater läuft und Anlass für das Gespräch liefert. Zum anderen ist die ehemalige Leiterin der Stasi-Unterlagen-Behörde und Bündnis 90/Die Grünen-Politikerin Marianne Birthler dabei. Sie wurde jüngst nach der Entlassung von Hubertus Knabe vom Stiftungsrat der Behörde als Vertrauensperson für die Mitarbeiter eingesetzt.
Es soll auch um die Unterschiede zwischen Ost und West gehen
Schon die Theater-Adaption von Eugen Ruges Roman, der einen Monat lang die Spiegel-Bestsellerliste anführte, verhandelt das Verhältnis von Freiheit und Zeitgeschehen. Ruges Held Alexander kann die Verhältnisse des „real existierenden Sozialismus“ nicht mit seiner Vorstellung von Freiheit in Vereinbarung bringen und flieht letztlich in den Westen. Man könnte sagen: Er gestaltet seine Zukunft selbst.
„Es soll angesichts des sich 2019 jährenden dreißigsten Jubiläums des Mauerfalls auch darum gehen, was den Osten heute noch vom Westen trennt“, sagt Gert Scobel gegenüber den PNN. Im Vordergrund, so Scobel, stehe eine detaillierte und differenzierte Analyse. Zum einen will er im Gespräch der Frage nachgehen, weshalb Fremdenfeindlichkeit und Rassismus gerade im Osten Deutschlands immer noch Konjunktur haben und eine rechtspopulistische Partei wie die AfD inzwischen in allen deutschen Landesparlamenten vertreten ist. Darüber hinaus interessiere ihn aber auch die andere, die ostdeutsche Perspektive auf die Wiedervereinigung. „Welche Fehler hat die BRD gemacht? Hat man das Volk falsch verstanden? Und war es wirklich notwendig, dass der Westen den Osten wirtschaftlich überrannte?“ Das sind Fragen, denen Scobel im Gespräch mit dem in der Sowjetunion geborenen Ruge und der in der DDR geborenen Birthler nachgehen will.
Scobel will Ur-Potsdamer wie Zugezogene erreichen
Auf die Frage, welches Publikum er mit einem solchen Gesprächsformat erreichen möchte, antwortet Scobel: „Eine gute Mischung – gebürtige Potsdamer genauso wie Zugezogene“. Er wünscht sich, „dass auch jüngere Leute in den Reihen des Hans Otto Theaters sitzen.“ Denn es solle, so Scobel weiter, bei den Gesprächen auch darum gehen, wie mit aktuellen Konflikten umzugehen sei. Angesichts der steigenden Mieten in Berlin und Potsdam müsse man sich der Frage stellen, ob man von Immobilienfirmen überrannt werde und was man, ohne in nostalgische „Früher war alles besser“-Choräle zu verfallen, tun könne, so der TV-Moderator.
Der 1958 in Aachen geborene Gert Scobel studierte Philosophie und Theologie und arbeitete zu Beginn seiner Karriere als freier Mitarbeiter bei der FAZ und wurde 1995 einer der ersten Moderatoren der Kultursensendung „Kulturzeit“, die noch immer auf 3sat läuft. Quasi nebenbei moderierte er von 2001 bis 2003 das ARD-Morgenmagazin. 2005 erhielt er für die Sendung „delta“ den Grimme-Preis. Zwei Jahre später stieg er bei „Kulturzeit“ aus und moderiert seither, dem Sender 3sat treubleibend, einmal wöchentlich die Wissenschaftstalkshow „scobel“. Neben all diesen Tätigkeiten schloss er 2013 seine Promotion zum Thema „Pluralismus – Überlegungen zu einer Theorie komplexer Systeme“ an der Universität Zürich ab.
Potsdam biete sich für die Reihe besonders an, findet Scobel
Gerade in Potsdam, so Scobel, einer Stadt wo sich alter Westen mit neuem Osten vermische, biete es sich an, über die Möglichkeiten zukunftsgestaltender Prozesse und Methoden, über Gesellschaftsentwicklung zu sprechen, die einen möglichst großen Teil der Gesellschaft einbeziehen soll und muss. Zu fatal seien die Auswirkungen gesellschaftspolitischer Resignation zwischen „Früher war alles besser!“ und „Ändern können wir ohnehin nichts!“
Ruge und Birthler, sagt er, habe er auch deshalb eingeladen, um möglichst vielfältige Perspektiven, die des Künstlers und die der Politikerin, auf das Thema „Ost & West – Kommt die Zukunft von allein?“ entwickeln zu können.
Die Veranstaltung am Dienstag, dem 13. November, im Hans Otto Theater ist ausverkauft. Sie wird aufgezeichnet und am Dienstag, dem 20. November, in der Sendung „Märkische Wandlungen“ des rbb-Kulturradio um 22.04 Uhr in voller Länge ausgestrahlt. Das nächste Gespräch im HOT findet am 22. Januar statt.
Christoph H. Winter
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