"Die Regentrude" im T-Werk: Die Sprache der Körper
Das Potsdamer Theater Nadi bringt Storms „Die Regentrude“ auf die Bühne.
Potsdam - Sie arbeiten mit dem ganzen Körper und sprechen mit ihnen eine Sprache ohne Worte. Sie verschwinden hinter Masken und erwecken Puppen mit ihrem Spiel zum Leben. Das Theater Nadi bewegt sich bei ihrer Inszenierung von Theodor Fontanes „Die Regentrude“ zwischen Masken-, Puppen- und Schauspiel. Am kommenden Freitag laden sie zu einer Vorabaufführung und feiern am Sonntag Premiere im T-Werk.
Mit dem Märchen von Theodor Storm von 1863 haben sich Steffen Findeisen und Noriko Seki vom Theater Nadi für ihre erste Zusammenarbeit mit der Schauspielerin Nora Raetsch ein nicht wirklich modernes Stück ausgesucht. So der erste Eindruck. Und gleichzeitig ist es kein typischer Stoff, aus dem Märchen sind. Eine verheerende Dürreperiode, ausgelöst vom Feuermann, sucht die Felder der Bauern heim, lässt ihre Ernten vertrocknen und die Tiere verdursten. Nur die alte Stine erinnert sich noch an die Geschichten der sonst längst in Vergessenheit geratenen Gottheit Regentrude, die aufgeweckt werden muss, um den Regen zurückzubringen. Ihre Tochter Maren macht sich mit ihrem Freund Andrees auf, den Feuermann zu besiegen und die Regentrude zu erlösen.
„Naturkatastrophen sind ein absolut aktuelles Thema“, sagt die gebürtige Japanerin Noriko Seki. Diesen ganz persönlichen Zugang dazu wollte sie von Anfang an in die Arbeit an dem Stück einfließen lassen. Für Steffen Findeisen ist auch die Disbalance von Natur und Menschen ein Thema. „Der Respekt für die Natur ist dem Menschen größtenteils verloren gegangen, das hat schon Fontane im 19. Jahrhundert gewusst“, so Findeisen. Die unterschiedlichen Herangehensweisen an das Stück miteinander zu verbinden fiel den drei Schauspielern jedoch von Anfang an leicht.
Die Herausforderungen lagen eher in der Umsetzung der Inszenierung. Ein Schauspiel mit Masken- und Puppentheater zu kombinieren bringe immer eigene Schwierigkeiten mit sich. „Alles, was man mit seinem Gesicht sonst ausdrückt, muss man im Maskenspiel mit dem ganzen Körper rüberbringen“, sagt Steffen Findeisen. Aber besonders die Arbeit mit der Puppe erforderte in den Proben seine größte Aufmerksamkeit. Eine Puppe kann sehr lebendig wirken, mit beinahe menschlichen Zügen die Zuschauer begeistern. „Aber wenn man einfach nur so drauflos spielt, wirkt sie meist einfach tot.“ Die kleinen Bewegungen und Feinheiten, die einer Puppe Leben einhauchen, mussten in vielen Übungsstunden eingeschliffen werden. Doch von der Präsenz einer Puppe auf der Bühne, so Findeisen, könne auch er als Schauspieler eine Menge lernen. „Häufig gerät man in die Situation, zu viel zu spielen. Durch die Puppe lernt man wieder, reduziert zu arbeiten.“ Das Spiel mit der Maske fiele ihm im Gegensatz dazu schon beinahe leicht.
Für Noriko Seki macht genau der Übergang zwischen den verschiedenen Spielarten das Besondere dieses Stücks aus. „Ich genieße es von einer Rolle in die nächste zu schlüpfen.“ Von einer menschlichen Rolle zu einer unmenschlichen zu wechseln, den Gegenstand, den man gerade noch selbst verkörperte, nun als Gegenüber zu sehen, ist für sie das Reizvolle dieser Inszenierung. Dass die Kinder mit einem Theaterstück Probleme des Verständnisses haben könnten, glauben sie jedoch nicht. Sie wollen Theater für Kinder und Erwachsene gleichzeitig machen. Die Zuschauer, ob jung oder alt, sehen sie dabei als Individuum, das unterhalten werden soll. „Ein glaubhaftes und ehrliches Spiel kann Erwachsene und Kinder gleichermaßen begeistern“, sagt Findeisen. Denn schließlich, so Noriko Seki, verstehe jeder die Sprache des Körpers, mit der sie die Zuschauer in ihren Bann ziehen wollen. Und diese sei über alle Altersgrenzen hinweg eine universelle.
>>„Die Regentrude“ am morgigen Freitag, 11 Uhr und am Sonntag, 13. Oktober, 16 Uhr im T-Werk, Schiffbauergasse
Chantal Willers