zum Hauptinhalt
Konstante im Hintergrund. Begleitet von Musikern der Kammerakademie schufen rund 380 Kinder der Drewitzer Grundschule „Am Priesterweg“ einen eigenen „Elias“.
© B. Maltry

Kultur: Der Prophet im Priesterweg

Die Grundschule in Drewitz hat gemeinsam mit der Kammerakademie Potsdam einen „Elias“ erarbeitet

Es wird drei Jahre nicht mehr regnen. Die Felder vertrocknen und die Menschen leiden Hunger und Durst. Elias, von Gott gesandt, verkündet diese Botschaft seinen Zeitgenossen. Sie fragen sich: Ohne Wasser ist Leben doch nicht möglich? Warum geschieht so etwas und gerade uns?

Die Schülerinnen und Schüler der Grundschule „Am Priesterweg“ in Potsdam-Drewitz haben sich mit dem Thema Dürre und ihren Auswirkungen szenisch auseinandergesetzt. Dafür nahmen sie das Oratorium „Elias“ von Felix Mendelssohn Bartholdy als Grundlage. Kein leichtes Unterfangen, denn die Titelfigur stammt aus dem Alten Testament, sie ist mehrere tausend Jahre alt.

„Elias“ ist bereits die vierte Ausgabe der Reihe „Stadtteil macht Oper“ – ein Projekt, in dem Schülerinnen und Schüler aus Drewitz gemeinsam mit Lehrern, professionellen Künstlern sowie Musikern der Kammerakademie Potsdam ein Musiktheaterstück auf die Beine stellen. Mit von der Partie sind auch Mitglieder vom Begegnungszentrum „Oskar“, die hinter der Bühne agieren. Grundlage für die Stadtteil-Opern sind die jährlichen Winteropern der Kammerakademie, wobei die Kinder und Lehrer aus den Vorlagen eigene Versionen entwickeln.

Für das Oratorium „Elias“ aus der Zeit der Romantik holten sie sich die Regisseurin Theresa von Halle, den Komponisten und Arrangeur Christoph Coburger, der teilweise die Mendelssohn’sche Partitur mit eigenen Noten zeitgerecht und für Kinder verständlich bearbeitete, sowie die Sopranistin Alessia Schumacher und den Bariton Jörg Gottschick mit ins Boot. Man spürte während der Aufführung am Donnerstagabend in der vollbesetzten Turnhalle der Priesterweg-Schule, dass sie die rund 380 Kinder der Grundschule bei der Entwicklung des Kunstwerkes Oper auf Augenhöhe begleiteten.

Alle Klassen waren seit einem Jahr daran beteiligt gewesen. Natürlich hatten sie auch ihre eigenen Vorstellungen von der uralten Geschichte des Propheten Elias, die in die Inszenierung Theresa von Halles einflossen. Die komplexe und nicht leicht durchschaubare alttestamentarische Geschichte hat die Regisseurin für die Priesterweg-Schulaufführung in ihrem Erzählstrang vereinfacht. Die Inszenierung konzentriert sich auf das Thema Wasser, das bei „Elias“ eine wichtige Bedeutung hat. Somit konnten die Schülerinnen und Schüler ihr Wissen um das lebensspendende Nass an die Zuschauer weitergeben. Sie begaben sich in die Wüste, wo Kakteen und Tiere für einige Zeit ohne Wasser auskommen, in ein Labor, in dem drei Professoren eine Regenwolke entwickeln. Das wurde mit viel Fantasie und Humor gespielt. Das fehlende Wasser führt aber auch zu bedrohlichen Situationen von Menschen untereinander, zu Konkurrenz und Eifersucht, hier zwischen Jugendgangs. Verschiedene Glaubensrichtungen sind zu kriegerischen Auseinandersetzungen bereit, und jede Gang führt diese im Namen ihres Gottes. Elias erlebt, welches Leid sie einander zufügen. „Es ist genug, Herr, so nimm denn meine Seele. Ich bin nicht besser als meine Väter“, singt Elias (Jörg Gottschick) reumütig. Auch die Frage nach dem richtigen Glauben wird gestellt. Sie geben sich eine Antwort, die plakativ wirken mag: Es ist egal, an welchen Gott wir glauben.

Was sich alle jungen Darsteller, die aus 17 Ländern stammen, wünschen, teilten sie ihren Zuschauern zum Finale mit: Frieden auf der Welt, einen respektvollen Umgang untereinander, jeder Mensch soll das Recht haben, seine Familie zu sehen. Und diese Wünsche wirkten nicht gestelzt. Sie kamen von Herzen. Mit ihren jeweils eigenen Temperamenten sangen und spielten die hochmotivierten Schülerinnen und Schüler unverkrampft, wobei sie am Erfinden von Szenen selbst aktiv beteiligt waren. Und Slapstick macht ihnen sowieso Spaß. Die Chorleiterinnen der Grundschule, Manuela Herrmann und Julia Stemkopf, hatten die Mitwirkenden tadellos vorbereitet und waren somit am Gelingen der insgesamt sechs Vorstellungen maßgeblich beteiligt. Die Mitglieder der Kammerakademie Potsdam bildeten im Hintergrund den Ruhepol und die musikalische Basis der Aufführung. Alle Mitwirkenden konnten sich auf sie wie immer verlassen.

In einem Gespräch im Anschluss an die Vorstellung brachte Schulleiterin Elvira Eichelbaum das Anliegen des Projektes auf den Punkt. Diese Operninszenierungen seien für die Kinder in ihrer sozialen und emotionalen Entwicklung enorm wichtig: Sie stärken das Selbstwertgefühl und fördern die Toleranz. Klaus Büstrin

Zur Startseite