Klima-Festival an der fabrik Potsdam: Der andere Waldblick
Spaß statt Verbote: Mit dem neuen Festival Kunst und Klima will die fabrik Potsdam zu einem produktiven, interdisziplinären Dialog über den Klimawandel einladen.
Potsdam - Am Anfang dieses Projekts stand eine einfache Frage: Was tue ich persönlich eigentlich für das Klima, außer den Müll zu trennen? Eine Frage, die sich viele stellen mögen, oft ohne sichtbare Konsequenz. Bei Sabine Chwalisz, Leiterin der fabrik Potsdam, ist das anders. Aus einer anfänglichen Frage wird am Ende ein Festival. Das womöglich, ja wahrscheinlich weitere Fragen aufwerfen wird.
"Kunst und Klima" heißt das kurze Festival, das vom 10. bis 13. September auf dem Gelände rund um die fabrik in der Schiffbauergasse stattfinden wird. Erstmals. Aber, hofft Chwalisz, nicht letztmals. "Kunst und Klima" soll künftig alle ein bis zwei Jahre von sich reden machen. "Wir haben es Festival genannt, aber was hier entstehen soll, ist eigentlich eher eine Plattform", sagt Chwalisz. Ein Ort der Begegnung von Künstlern, Wissenschaftlern, Aktivisten, Interessierten. Kein Insider-Treffen, kein Experten-Panel, sondern die Möglichkeit des Austauschs, der Vernetzung von Menschen aus verschiedenen Kontexten, verschiedenen Disziplinen, verschiedenen Ländern.
Statt Verboten Spaß
Als Sabine Chwalisz sich damals die Frage nach dem eigenen Verhalten stellte, "Fridays for Future" war noch nicht geboren, stellte sie fest: Der Umgang mit dem Klima wird immer sofort mit Verboten assoziiert. Du sollst nicht fliegen, sollst kein Fleisch essen, sollst keine Plastikverpackungen kaufen. Das schien ihr nicht produktiv, auch heute nicht. Viel wichtiger war ihr die Frage: "Wie können Kunst und Kultur dabei helfen, den Klimawandel auf eine Art und Weise zu kommunizieren, die Spaß macht?"
Das Ziel also: Keine Drohszenarien, kein Zwang, sondern eine Neugierde darauf wecken, wie man anders, behutsamer mit dem Planeten umgehen könnte. Sie suchte Kontakt mit Wissenschaftlern des Potsdamer Instituts für transformative Nachhaltigkeitsforschung (IASS) und des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK). Dort war man froh über die Anfrage von ungewohnter Seite: Man wisse so viel, hieß es, "aber wenn wir darüber reden, dann meistens in Vorträgen vor unseresgleichen".
Das Herz des Festivals: ein Open Space-Format
Das soll diesmal anders sein. Sabine Chwalisz hat dafür neben Vorträgen, Workshops, Installationen und Performances das "Open Space"-Format erdacht, für sie das Herzstück des Festivals: Wissenschaftler wie der Klima-Experte Michael Jakob sollen hier in den Austausch mit anderen kommen. Jeder und Jede kann sich mit einem kurzen Motivationsschreiben um Beteiligung bewerben. Gemeinsam sollen Projekte rund um das Klima an der Schnittstelle von Kunst, Aktion und Wissenschaft entwickelt werden. Geredet wird, vier Stunden lang, im Festival-Zelt. Wie überhaupt, coronabedingt, vieles draußen stattfinden wird: im Garten der fabrik und auf der Wiese zwischen fabrik und Hans Otto Theater.
Und die Kunst? Die Beiträge waren weltumspannend gedacht, Corona hat da etwas ausgedünnt. Teilnehmer aus Mexiko, Norwegen und Burkina Faso können nicht anreisen - stattdessen kommen sie, wo möglich, über Zoom-Schaltungen dazu. Ein bescheidener Ersatz: Gerade aus Burkina Faso, wo die Übersteppung infolge des Klimawandels große Schäden anrichtet, wäre Wichtiges zu berichten gewesen, sagt Chwalisz.
Premieren von Martine Pisani, Benjamin Verdonck und Sabine Chwalisz
Aber auch so begegnet man einigen Bekannten im Programm wieder, vor allem im Tanz. Mit "grandeur nature" wird erneut eine Deutschlandpremiere der französischen Choreografin Martine Pisani gezeigt. Gemeinsam mit Oscar Loeser setzt sie ihre Auseinandersetzung mit dem Thema Landschaft fort. Mit der später ins Filmmedium übersetzten Choreografie "as far as the eye can hear" hatte sie schon 2010 die Freundschaftsinsel erobert.
Der Belgier Benjamin Verdonck war ebenfalls bereits Gast bei den Potsdamer Tanztagen. Jetzt zeigt er mit "Waldeinsamkeit" eine Miniatur-Performance - jenseits stereotyper Vorstellungen von Idylle, Blumenwiesen und Vogelsang. Chwalisz vergleicht es mit einem Kuriositätenkabinett, einem Liliput-Bühnenbild mit verblichenen Farben, kleinen Luken, die sich öffnen und schließen, mit Licht und Dunkelheit.
Ein Musikmarathon, bis die Sonne untergeht
Eine weitere Premiere ist "Weile" von Sabine Chwalisz und Sasha Amaya: die in den Rahmen einer Performance gefasste Möglichkeit für Zuschauer, sich auf der Wiese vor der fabrik eine 20-minütige Weile lang gedanklich nur mit Klima, Umwelt und sich selbst zu beschäftigen.
Begleitet werden die Performances von Workshops, in denen man die Verbindung des Körpers mit der Natur spüren, im Gras liegen oder im Park Babelsberg das der Natur abgelauschte Prinzip des Nehmens und Gebens nachempfinden kann. Auch ein JazzLab ist zu erleben: ein Musikmarathon am 11. September von 16 bis 21 Uhr. Gespielt wird im Rhythmus der Sonne. Immer der Frage nach: Was passiert, wenn sie nicht mehr scheint?
Kunst und Klima, vom 10. bis 13. September in der und um die fabrik Potsdam in der Schiffbauergasse. Das vollständige Programm finden Sie hier.
Lena Schneider
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