Filmorchester Babelsberg vor dem Aus?: Baulärm kontra Musik
Wegen einer Baustelle neben dem Aufnahmestudio, bangt das Filmorchester Babelsberg um seine Existenz. Und das ausgerechnet im Feierjahr des 100. Geburtstages.
Potsdam - Es ist eine verfahrene Situation, in der ein Kompromiss schwierig scheint. Das Filmorchester Babelsberg, das gerade seinen 100. Geburtstag feiert, bangt um seine Existenz. Der Projektentwickler KW Development plant keine 50 Meter vom Sitz des Filmorchesters entfernt ein Bürohaus mit 7000 Quadratmetern Fläche und möchte bereits im August mit der Baustelleneinrichtung beginnen. Anderthalb Jahre Bauzeit sind veranschlagt, neun Monate davon im lärmverursachenden Hochbau. Baukrach kontra Musik, die nur in aller Stille aufgenommen werden kann.
Wie die Märkische Allgemeine am Donnerstag berichtete, könnte der Baulärm dazu führen, dass keine Aufnahmen mehr möglich seien. Das denkmalgeschützte Filmorchester-Gebäude stammt aus den 1930er Jahren und die Außenschale sei einwandig. Der Lärm des Baggers würde also ins Innere dringen. „Ich versuche, in einen Dialog zu kommen, um Kompromisse zu finden“, sagt Intendant Klaus-Peter Beyer auf PNN-Nachfrage. Ein Kompromiss könnte, so Beyer, nur so aussehen, dass die anstehenden Bauarbeiten auf dem jetzigen Parkplatz an der August-Bebel-Straße, nicht mit den Arbeitszeiten der Musiker kollidierten. Das dürfte schwierig werden. Jan Kretzschmar, Gründer der KW Development, betonte den PNN gegenüber, dass sich die Arbeitszeit seiner Bauarbeiter von etwa 7 bis 17 Uhr nicht verschieben ließe. „Am Abend und Wochenende würden dann die Anwohner aus dem Dianapark protestieren, wenn wir Lärm machen. Und wenn wir nur halbtags arbeiten, würde sich die Bauzeit unnötig in die Länge ziehen.“
Aufeinander zugehen
Die Kernarbeitzeit der Musiker sei wiederum von 10 bis 17 Uhr, so Beyer und ließe sich auch nicht in die Nacht verschieben. Nachtzuschläge seien teuer. „Es ist ja von der Stadt ehrenwert, Gewerbe anzusiedeln, aber das darf doch nicht bedeuten, dass ein Traditionsunternehmen wie das Filmorchester seine Arbeit dafür einstellen muss. Das betrifft ebenso Rotor Film, die neben uns angesiedelt sind. Über vier Millionen Euro öffentliches Geld haben Rotor und wir in den Ausbau gesteckt und mehrere Schippen eigenes dazu gegeben. Man schafft vielleicht 120 Arbeitslätze, aber vernichtet ebenso viele“, befürchtet Beyer.
Stefan Frerichs, Chef der städtischen Wirtschaftsförderung, betonte, dass beide aufeinander zugehen müssten und nichts zu Lasten von nur einer Seite passieren dürfe. „Wir haben zu wenige Gewerbeflächen und unterstützen Herrn Kretzschmar. Gleichzeitig wollen wir unbedingt auch das Orchester erhalten. Keiner von beiden hat ein überzogenes Geltungsbedürfnis. Beim Orchester geht es um Kundenbindung und damit um die Existenz.“ Beide Seiten hätten aber signalisiert, dass sie miteinander reden würden. „Ich stelle mir vor, dass bei besonderen Musikproduktionen die Ruhe vor Ort verbindlich organisiert werden muss. Gerade die Tiefbauten werden aber ein Problem sein“, so Frerich.
„Die Probleme des Klangkörpers gehen nicht an uns vorbei."
Jan Kretzschmar verwies darauf, dass er bereits die Baustelleneinrichtung und Anlieferung auf die andere Straßenseite gelegt hätte. Und den Schutz der Baugrube durch Stahlträger, die in die Erde gerammt werden, verlegte er von September auf August, also in die Sommerpause des Orchesters. „Die Probleme des Klangkörpers gehen nicht an uns vorbei. Zudem rüsten wir unsere LKW so um, dass sie beim Rückwärtsfahren nicht mehr laut piepen, sondern zischen.“
Nie hätte er geglaubt, so wiederum Beyer, dass dieses noralgische Gebiet auf dem Filmstudio-Gelände bebaut werden würde. „Wir sind vor zehn Jahren bewusst auf das Mediengelände gezogen und nicht auf die grüne Wiese. Und jetzt stehen wir vor solchen brachialen Problemen, die unsere Existenz gefährden.“ Der Bebauungsplan sehe schon sehr lange vor, dass dort irgendwann gebaut werde, betonte indes Frerichs.
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