Barberini bietet Tour an: Potsdam ist Rom ganz nah
Das Museum Barberini hat eine App, die erstmals den Sprung aus dem Museum wagt. Angeboten wird eine Tour, die die vielen Italienbezüge in Potsdam aufzeigt.
Potsdam - Ist Potsdam ein kleines Rom an der Havel? Zumindest architektonisch gibt es in der brandenburgischen Landeshauptstadt zahlreiche Anleihen an die Metropole im sonnigen Süden. Wie frappierend ähnlich sich die Gebäude hier und deren Vorbilder in der „ewigen Stadt“ teilweise sind, das ist in einem Potsdam-Rundgang zu erleben, den das Museum Barberini im Zuge der aktuellen Ausstellung „Die Nationalgalerien Barberini Corsini in Rom“ erarbeitet hat. Die Tour ist als Audioguide – eingesprochen von TV-Moderator und Potsdamer Günther Jauch – und als Lesefassung über die kostenlose Barberini-App abrufbar.
Das Museum macht mit der Stadtführung erstmals den Schritt aus den Ausstellungsräumen hinaus. Das war eine naheliegende Idee, berichtet die Kunsthistorikerin Dorothee Entrup, die beim Museum für den Bereich Bildung und Vermittlung zuständig ist und neben den Audioguides für die Ausstellung auch die Stadtführung entwickelt hat. „Wir haben gemerkt, dass es selbst in unmittelbarer Nähe des Museums ganz viele Bezüge gibt“, sagt sie und verweist auf die Nikolaikirche, das Alte Rathaus und weitere wiedererrichtete Bauten am Alten Markt, die italienischen Palazzi nachempfunden sind. Mit dem Obelisken in der Mitte habe der Alte Markt „eine Piazzastruktur, die man in Rom auch kannte“, erklärt sie. Schon die Römer hätten sich mit ihrem Faible für Obelisken an historischen Vorbildern aus Ägypten orientiert.
Die Tour umfasst insgesamt 30 Stationen, in den meisten Fällen erlaubt die App dabei einen Foto-Direktvergleich der Potsdamer „Kopien“ mit den Originalen in Italien. Die Gebäude konzentrieren sich um den Alten Markt, auf den Park Sanssouci, den Pfingstberg, die Sacrower Heilandskirche und den Park Glienicke. Es handele sich um eine Auswahl, betont Dorothee Entrup. Die Führung, finanziert vom Museum Barberini und erarbeitet mit Unterstützung unter anderem der Schlösserstiftung, sei jederzeit erweiterbar – etwa um Gebäude im Neuen Garten oder die vielen Stadtvillen nach italienischem Vorbild. Denkbar sei, dass man das Angebot in Zusammenarbeit mit der Stadt und der Schlösserstiftung weiterentwickle. Die Führung werde in jedem Fall auch nach Abschluss der Ausstellung weiterhin über die App abrufbar bleiben, sagt Dorothee Entrup: „Das ist etwas, das wir für die Stadt gemacht haben.“
Für die Potsdamerin, die über Preußenkönig Friedrich II. promoviert hat und für die das italienische Potsdam eigentlich bekanntes Fahrwasser ist, gab es bei der Vorbereitung durchaus auch Überraschungen – oder Neuentdeckungen. So etwa bei der Neptungrotte im Park Sanssouci, für die Entrup ein Vorbild in der berühmten Fontana di Trevi in Rom sieht. Auf die Parallele komme man im ersten Moment gar nicht, „weil die Neptungrotte an so einem stillen, heimlichen Platz steht“, sagt sie: „Die Fontana di Trevi hat nicht diesen verwunschenen Charakter.“ Mit dem Fahrrad oder öffentlichen Verkehrsmitteln sei die Tour in einem halben Tag zu absolvieren, sagt Dorothee Entrup. Für Touristen gibt es die Führung auch in englischer und italienischer Sprache. Potsdamer könnten mit der Tour aber auch von zu Hause aus auf Entdeckung gehen – und Neues zu bekannten Bauwerken erfahren.
In einer Serie veröffentlichen die Potsdamer Neuesten Nachrichten ab heute ausgewählte Stationen des Italien-Potsdam-Stadtrundgangs zum Nachlesen und die entsprechenden Fotos. Wir danken dem Museum Barberini für die freundliche Genehmigung.
Museum Barberini
Die prächtigste Fassade des Platzes zeigt das Palais Barberini. Hell schimmert der gelbliche Sandstein in der Sonne. Eindrucksvoll erhebt sich die Fassade. Verschiedene klassische Säulenformen schmücken den Mittelteil. Große Bogenfenster lassen prächtige Säle dahinter vermuten. Ganz oben zieren riesige Vasen das Gebäude. Man fühlt sich nach Rom versetzt. Dort, am Hang des Quirinals, eines der sieben Hügel Roms, steht der Palazzo Barberini. Papst Urban VIII. aus der Familie Barberini beauftragte die besten Architekten seiner Zeit mit dem Bau eines Familienpalastes. Seit seiner Erbauung 1632 galt das Gebäude als Inbegriff des barocken Palazzos in ganz Europa.
Und Friedrich wollte so etwas auch haben. Seit 1750 ließ er den Alten Markt in eine italienische Piazza verwandeln, gesäumt von Fassaden der italienischen Renaissance und des Barock. Aus eigener Anschauung kannte Friedrich die italienischen Bauten nicht, denn eine Italienreise hat er nie unternommen. Während seine Zeitgenossen als junge Edelleute bei einer Grand Tour nach Italien reisten, stand der junge Friedrich als Kronprinz nach einem missglückten Fluchtversuch unter Arrest und anschließend unter strenger Überwachung seines Vaters. Eine Bildungsreise ins Ausland, bevor die beruflichen Pflichten riefen, war für ihn ausgeschlossen. So verschaffte er sich seine Vorstellung von Italien, für das alle Reisenden und Kunstliebhaber schwärmten, mit Hilfe von Büchern, Bildern und Reiseberichten.
Der Ästhet Friedrich wollte sich am Alten Markt, an dem sein Stadtschloss stand, mit Meisterwerken italienischer Architekten umgeben. Carl von Gontard und Georg Christian Unger erhielten 1771 von ihm den Auftrag, das Potsdamer Palais Barberini nach einer Vorlage eines Kupferstichs von Piranesi zu errichten. Den Stich fand Friedrich in seiner Bibliothek.
Während der römische Palazzo Barberini ein Adelspalais war, wohnten in seinem Potsdamer Pendant bürgerliche Familien. Die prächtige Fassade war nur eine Kulisse. Die dahinter liegenden Etagen entsprachen nicht der äußeren Gliederung. In den Zwischengeschossen befanden sich teils niedrige und schlecht belichtete Räume.
Der Potsdamer Oberhofbaurat Heinrich Ludwig Manger kritisierte 1786, dass der König bei seinen Repräsentationsbedürfnissen leider keine Rücksicht auf die Bedürfnisse seiner Bürger nähme. Für Friedrich den Großen war das Palais Barberini der wichtigste Baustein für die römische Inszenierung des Alten Markts. Die beiden Seitenflügel auf der Rückseite wurden erst Mitte des 19. Jahrhunderts von Ludwig Persius, dem Architekten Friedrich Wilhelms IV., angefügt.
1945 wurde das Schmuckstück des Alten Marktes von Bomben zerstört. 70 Jahre danach ist das Palais Barberini wiederaufgebaut. Über den Fenstern der Beletage ist die neue Nutzung des Hauses in den Stein gefräst: Museum Barberini.
Friedenskirche mit Glockenturm
Malerisch spiegelt sich die Basilika mit ihrem hochaufragenden Campanile aus gelblichem Backstein im Wasser des Teiches, der das Kirchenschiff umgibt. Dieses Bild kann man von einer halbrunden Sitzbank aus genießen, linker Hand vom Obeliskportal des Parks Sanssouci.
Wer den Parkeingang am Grünen Gitter, vom Luisenplatz kommend, wählt, betritt das Kirchenareal wie der frühere Kirchgänger zwischen Kabinett- und Pförtnerhaus. Die klösterliche Ruhe dieses Ortes nimmt einen sofort gefangen. Der Besucher hat das Gefühl, sich in südlichen Gefilden zu befinden.
Über einen Kreuzgang mit hohen Arkadenbögen, der einen Innenhof schattenspendend umschließt, gelangt man zum eigentlichen Kirchengebäude. Der Vorhof, ein von Säulen umgebenes Atrium mit einem rituellen Brunnen in der Mitte, stimmt ein auf die innere Einkehr.
Die große Figur des Segnenden Christus von Bertel Thorvaldsen aus dem 19. Jahrhundert macht den klassischen Eindruck perfekt. Für das Ensemble der Friedenskirche, entworfen von Ludwig Persius und weiteren Baumeistern, sollten römische Kirchenbauten Modell stehen. Zitat: „Sie soll nach der Größe und dem Muster der Kirche St. Clemente in Rom erbaut werden. Das Mosaik von St. Cipriano ist zu employieren.“ So verfügte es Friedrich Wilhelm IV. im Jahr 1841. Vor Augen hatte er dabei italienische Kirchen, die von frühen christlichen Gemeinden aus den römischen Markt- und Gerichtshallen umgestaltet worden waren.
Die Front vom Marlygarten aus und der freistehende Turm mit seinen offenen Obergeschossen sind dem Eingang und Campanile von Santa Maria in Cosmedin in Rom nachempfunden. Für das Innere des Kirchenschiffs stand San Clemente Pate.
Beim Betreten des Kirchenraums fühlt man sich zurückversetzt in frühchristliche Zeit. Das liegt an der Architektur mit dem offenen Dachstuhl, dem Marmorfußboden mit farbigen Intarsien und den romanischen Bögen im Inneren und an den Fenstern. Der Blickfang in der Apsis ist ein 600 Jahre altes Mosaik aus der baufälligen Kirche San Cipriano auf der Insel Murano vor Venedig. Dieses hatte Friedrich Wilhelm IV. während seiner zweiten Italienreise 1834 ersteigert. In 50 Kisten verpackt, gelangte es auf dem Seeweg nach Potsdam. Persius musste sich bei den Proportionen der Friedenskirche also nach der Größe des Mosaiks richten.
Der Grundstein für die Friedenskirche wurde übrigens am 14. April 1845 gelegt, genau einhundert Jahre nach der Grundsteinlegung für Schloss Sanssouci. Sie sollte die neue Hofkirche sein, auf die der Freigeist Friedrich II. beim Bau von Sanssouci verzichtet hatte. Und zugleich diente sie für die wachsende Brandenburger Vorstadt als neue Gemeindekirche, in der der Regent gemeinsam mit seinem Volk Gottesdienst feierte.
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