Studie zur Demografie: Potsdam ist bedingt zukunftsbereit
Potsdam schneidet in einer Studie zur Demografie gut ab. Doch es werden auch Schwächen offenbar.
Potsdam - Die brandenburgische Landeshauptstadt ist vergleichsweise fit für die Zukunft. Die Bevölkerung wächst und auch in den nächsten Jahrzehnten dürften der hiesigen Wirtschaft ausreichend Arbeitskräfte zur Verfügung stehen. Das geht aus einer neuen Studie des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung zur Demografie in Deutschland hervor. Die Auswertung zeigt, dass Potsdam etwas Besonderes ist – in Brandenburg und im Osten Deutschlands. Im Osten landet die Stadt nach Dresden auf dem zweiten Platz.
Alle Kreise bundesweit geprüft
Die Berliner Wissenschaftler haben die Bevölkerungszahlen aller 401 deutschen Landkreise und kreisfreien Städte untersucht, geprüft, wie viele Menschen in den nächsten Jahren ins Rentenalter kommen, geschätzt, wie viele Babys geboren werden und wie viele Menschen zu- oder wegziehen. Auf 100 Seiten beschreiben sie, wie Deutschland im Jahr 2035 aussehen könnte. Zuletzt wurde die Untersuchung im Jahr 2011 durchgeführt. 21 Indikatoren in vier Bereichen wurden überprüft - beispielsweise, wie viele Einwohner einer Beschäftigung nachgehen oder wie viele Jugendliche die Schule ohne Abschluss beenden.
Auch die Verschuldung der Kommunen wurde betrachtet und wie viele Kitaplätze bereitstehen. Für alle Kategorien vergaben die Forscher Schulnoten, die davon abhängen, wie weit die Städte und Kreise vom Bundesdurchschnitt abweichen. Am Ende bildeten sie den Durchschnitt.
Die Unterschiede im Osten sind enorm. „Die Alterung der Gesellschaft führt dazu, dass im brandenburgischen Landkreis Spree-Neiße 2035 auf eine Geburt vier Beerdigungen kommen dürften“, schreiben die Autoren. Gleichzeitig liege im Osten aber auch die am schnellsten wachsende Stadt der Republik: Leipzig muss bis 2035 ein weiteres Einwohnerplus von rund 16 Prozent verkraften.
Nur Potsdam wächst in Brandenburg
Allerdings ist die jüngste Einwohnerprognose für Potsdam aus dem vergangenen Jahr noch gar nicht in die Berliner Studie eingeflossen. Sie hatte wie berichtet ergeben, dass die Stadt bis zum Jahr 2035 auf rund 220.000 Einwohner wachsen soll. Das wäre dann gerechnet auf das Basisjahr 2016 ein Zuwachs von sogar 25 Prozent. Auch die Berliner Forscher sagen Potsdam weiteres Wachstum voraus. Keine andere Stadt und kein anderer Kreis in der Mark wachsen so schnell wie Potsdam – bis 2035 sieht die Studie die Bevölkerungszahl überall sonst in Brandenburg schrumpfen.
Potsdam zählt zu den wenigen Leuchttürmen in den fünf ostdeutschen Flächenländern neben Leipzig, Dresden, Erfurt, Jena, Rostock, Halle und Magdeburg. In nur 31 von 401 Kreisen leben laut Studie im Jahr 2035 ähnlich viele oder mehr Menschen im Erwerbsalter als 2017 – Potsdam gehört dazu. Die Autoren stellen der Landeshauptstadt ein gutes Zeugnis aus. Mit einer Gesamtnote von 2,79 landet Potsdam deutschlandweit auf Platz 34. Davor liegen mit wenigen Ausnahmen fast nur Städte und Kreise in Süddeutschland. Im Osten bekommt nur Dresden eine minimal bessere Note von 2,63. Nur zwei weitere Kreise im Osten schaffen eine bessere Note als 3: Potsdam-Mittelmark mit 2,94 und Dahme-Spreewald mit 2,84.
Bevölkerungswachstum hohe Lebenserwartung
Die besten Noten bekommt Potsdam im Bildungsbereich mit einer glatten 2. Dafür sorgen die hohe Zahl an Hochqualifizierten, dem nur wenige Einwohner ohne Schulabschluss gegenüberstehen sowie eine niedrige Jugendarbeitslosigkeit. Mit einer 2,5 schneidet Potsdam ebenfalls gut im Bereich Demografie ab. Dafür sorgen der hohe Wanderungsgewinn und das Bevölkerungswachstum ebenso wie die hohe Lebenserwartung und ein hoher Anteil von Menschen unter 35 Jahren. Überraschend ist, dass Potsdam bei der Kinderzahl nur mit einer 5 bewertet wird. Das liegt daran, dass zwar insgesamt viele Kinder geboren werden, die Geburtenziffer pro Frau aber im bundesweiten Vergleich niedrig ist.
Etwas schwächer schneidet Potsdam im Bereich Familienfreundlichkeit ab - und das trotz Note 1 in der Kategorie Kinderbetreuung und einer 2 für den Anteil von Elterngeldbeziehern. Dass es am Ende nur zu einer 3 für die Familien reicht, liegt an der Note 6, die es für die Verfügbarkeit von Wohnraum gab. Am schwächsten steht Potsdam in den wirtschaftlichen Kategorien da: Am Ende springt dort nur eine Durchschnittsnote von 3,3 heraus. Das niedrige verfügbare Haushaltseinkommen drückt Potsdam in der Wertung ebenso nach unten wie ein nach wie vor relativ hoher Anteil an Hartz-IV-Empfängern und vergleichsweise schlechte Chancen für Migranten auf dem Arbeitsmarkt.
Geringe Strahlkraft Berlins
Im Land Brandenburg zeigt sich ein uneinheitliches Bild. „Die Strahlkraft Berlins reicht nur rund 40 Kilometer ins Umland“, heißt es in der Studie. Das macht sich in Potsdam bemerkbar. Zwischen 2011 und 2016 zogen mehr Menschen aus Berlin nach Potsdam als umgekehrt.
Dahinter hätten die ländlichen Regionen mit dem typischen Problemmix aus Landflucht, Alterung, Leerstand und schwindender Versorgung zu kämpfen, so die Forscher. Die drei südlichen Brandenburger Landkreise Elbe-Elster, Oberspreewald-Lausitz und Spree-Neiße gehören zu den zehn deutschen Kreisen mit der stärksten Abwanderung zwischen 2011 und 2016. Fast jeden vierten Einwohner dürften Elbe-Elster und Spree-Neiße bis 2035 verlieren. Der Landkreis Uckermark erreicht in der Studie gar nur Platz 396 von 401.
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