Zentrum für Polar- und Meeresforschung in Potsdam: Polarforscher warnen vor Ozonloch
Wissenschaftler aus Potsdam erwarten nach extremer Kältewelle über dem Nordpol einen ungewöhnlich starken Ozonabbau über der Arktis. Das Ozonloch könnte im Frühjahr bis Mitteleuropa reichen.
Potsdam - Potsdamer Forscher erwarten einen starken Rückgang der Ozonschicht über der Nordpolarregion in diesem Frühjahr. Sollten die Prognosen der Wissenschaftler des Zentrums für Polar- und Meeresforschung (AWI) eintreffen, könnte es im März/April zu einer ähnlichen Situation wie 2011 kommen. Damals war die Ozonschicht auch über Mitteleuropa so stark zurückgegangen, dass die ohnehin aggressivere Frühlingssonne besonders gefährlich war, sogar vor Sonnenbädern ohne UV-Schutz wurde gewarnt. Sollten sich die klimatischen Bedingungen über der Arktis nicht bald ändern, sei mit einer deutlich erhöhten Hautkrebsgefahr zu rechnen.
Extreme Kälteperiode in den vergangenen Wochen
Wie Markus Rex von der AWI-Außenstelle Potsdam nun erklärte, hat in den zurückliegenden Wochen eine extreme Kälteperiode in der arktischen Stratosphäre die chemischen Bedingungen dafür geschaffen, dass es im März und April zu schweren Ozonverlusten über der Arktis kommen könnte. Voraussetzung dafür ist, dass es in den nächsten Wochen nicht zu einer entscheidenden Erwärmung über der Arktis kommt. Sollte es zur Bildung eines tiefen Ozonminimums kommen, müsse damit gerechnet werden, dass dieses auch Mitteleuropa erreicht.
„In rund 20 Kilometern Höhe über der Arktis ist die Luft seit Wochen bis zu minus 90 Grad Celsius kalt“, berichtet AWI-Atmosphärenforscherin Marion Maturilli. „Über unserer Arktis-Forschungsstation auf Spitzbergen lag die mittlere Temperatur in der Stratosphäre seit Anfang Dezember acht Grad Celsius unter dem langjährigen Mittel und zwei Grad Celsius unter dem bisherigen Minimum.“ Das seien beste Voraussetzungen für einen späteren Ozonabbau.
Abkühlung der Stratosphäre als Folge des Klimawandels
Solche Kältephasen kommen normalerweise nur im antarktischen Winter vor, weshalb sich im Frühjahr stets ein Ozonloch über der Antarktis bildet. In der Arktis dagegen sind die Temperaturen in der Stratosphäre normalerweise höher und sehr viel variabler – wodurch der Ozonabbau im Normalfall begrenzt wird. Schwere Ozonverluste gibt es hier nur nach Zeiten mit besonders tiefen Temperaturen. Bisher kamen solche Perioden nur sehr selten vor, zuletzt allerdings erst nach dem kalten stratosphärischen Winter 2010/2011. Die ungewöhnliche Abkühlung der Stratosphäre könnte nach Ansicht der Polarforscher eine Folge des globalen Klimawandels sein. „Wir erwarten generell eine Abkühlung der Stratosphäre als Folge des globalen Klimawandels", sagte Markus Rex. Die Mechanismen, welche die Temperaturen der arktischen Stratosphäre regulieren, sind nach seinen Worten allerdings kompliziert und nicht vollständig verstanden. Ob die Rekordkälte der letzten Wochen in Zusammenhang mit dem Klimawandel steht, ist daher noch Gegenstand aktueller Forschung.“
Die Produktion der ozonzerstörenden FCKWs ist mittlerweile durch das Montrealer Protokoll weltweit verboten. Langfristig wird daher bis Ende des Jahrhunderts mit einer vollständigen Erholung der Ozonschicht gerechnet. „Die derzeitige ungewöhnliche Lage in der Arktis ändert diesen positiven Ausblick aber nicht, selbst wenn es in diesem Frühjahr zu einem Rekordozonverlust über der Arktis kommen sollte“, erklärte Markus Rex.
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