Sport: Paddelpause
Potsdams Kanu-Doppelweltmeister Sebastian Brendel ist am Montag in Berlin gelandet und legt nach den intensiven Wettkämpfen kurz die Beine hoch. Am Sonntag beim Kanalsprint ist er auf jeden Fall dabei
Einen richtigen Plan für die nächsten Tage hat Sebastian Brendel noch nicht. Klar scheint nur: Sie haben wenig mit Wasser und erstmal auch nichts mit Paddeln zu tun. Als der Potsdamer Kanute, der am Wochenende bei den Weltmeisterschaften zwei Gold- und eine Silbermedaille im Einer-Canadier erkämpft hatte, gestern gegen 14 Uhr in Berlin-Schönefeld landete, wurde er von der Familie empfangen. Tochter Hanna und Sohn Edwin freuten sich auf den Papa, gemeinsam mit seiner Freundin Romy Leue.
Ein aufregendes Wochenende liegt hinter Brendel, der mit seinen Medaillen die schlechte deutsche Bilanz in Moskau entscheidend aufgehübscht hatte. Er blieb in der russischen Hauptstadt der einzige deutsche Weltmeister, über die olympische 1000-Meter-Distanz und die nichtolympischen 5000 Meter holte er den Sieg, dazu wurde er über 500 Meter knapp geschlagener Zweiter. Insgesamt acht Medaillen gewann wie berichtet das deutsche Team auf olympischen und nichtolympischen Strecken, an sechs davon waren die Potsdamer Kanuten beteiligt.
„Ich habe alles gegeben, bin ans Limit gegangen“, sagte Brendel, der über 1000 Meter so schnell war wie noch nie jemand zuvor auf der Strecke und doch nur knapp gewann. Er war damit der einzige Deutsche, der seine Erfolge von der Europameisterschaft einige Wochen zuvor auf dem Brandenburger Beetzsee bestätigen konnte. Und er hatte wohl am meistens zu feiern, als die Kanuten am Sonntag in einem Restaurant am Fluss Moskwa saßen, gemeinsam mit Jürgen Eschert, Olympiasieger in Tokio 1964 und Vorsitzender des Kanuclubs Potsdam (KCP), sowie Gerd Harms und Reiner Rabe vom Förderverein des KCP.
Aus Verbandssicht, sagt der Weltmeister, sei es natürlich eine enttäuschende WM. Das müsse analysiert und die richtigen Schlüsse gezogen werden. „Ich hoffe, dass einiges passiert“, alles müsse auf den Tisch. „Ich hoffe, dass nichts schöngeredet wird“, sagte Brendel.
Was vielleicht den sportlichen Unterschied zu Teamkollegen ausgemacht hat, darüber wollte Sebastian Brendel kurz nach dem Wettkampf nicht spekulieren. Dass Heimtrainer Ralph Welke einen großen Anteil an den Erfolgen der letzten Wochen hat, steht für ihn außer Frage. „Er hat das richtige Gespür für die Sportler“, sagt Brendel. Welke war in Moskau vor Ort und betreute neben dem Doppel-Weltmeister auch den Potsdamer Stefan Kiraj und die Karlsruherin Sabine Volz. „Sensationell“ fand Welke die Leistung, „Sebastian war voll auf der Höhe des Geschehens. Er ist in der Form seines Lebens.“
Eines ist beiden, dem Sportler Brendel wie dem Trainer Welke, klar: Der 19-jährige Brasilianer Isaquias Queiroz dos Santos war am Samstag über 1000 Meter lange auf Siegeskurs , ehe er vom herannahenden Brendel bedrängt kurz vor dem Ziel den Halt verlor, aus dem Boot kippte und disqualifiziert wurde. Er, der am Sonntag dann die 500 Meter knapp vor Brendel gewann, er wird auch in den nächsten Jahren wohl der stärkste Konkurrent sein. Die olympischen Spiele 2016 in seinem Heimatland sind sein erklärtes Ziel. „Er wird uns in der nächsten Zeit gewaltig ärgern“, sagte Trainer Ralph Welke, und: „Sebastian muss zulegen.“ Trotz zweier Titel, trotz Weltbestzeit – es geht noch mehr.
Auch Sebastian Brendel sieht sich durch die nachdrängende Konkurrenz motiviert. „Ich freue mich, nächstes Jahr wieder gegen ihn zu fahren. Das ist, was den Sport spannend macht: Dass man jemanden hat, mit dem man sich messen kann. Es ist das, was mich antreibt, am Ende wieder ganz oben zu stehen.“
Einen Plan für die nächsten Tage habe er nicht – „vor Donnerstag werde ich bestimmt nicht paddeln gehen“. Sondern entspannen, regenerieren, Füße hochlegen. Vor seinen Starts beim traditionellen Kanalsprint am Sonntag um 14 Uhr im Potsdamer Stadtkanal will er sich vielleicht noch zweimal ins Boot setzen. Und dann stehen in der folgenden Woche auch noch die Deutschen Meisterschaften an. Da will der Weltmeister nicht fehlen.
Ingmar Höfgen
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