Potsdam: Oberlin wird immer größer
Zwei neue OP-Säle für die Oberlinklinik, ein „Hörpunkt“ in Wolfsburg, nunmehr 1800 Mitarbeiter: Das traditionsreiche Oberlinhaus wächst und wächst. Und will auch in Babelsberg weiter expandieren.
Babelsberg - „Organisches Wachstum“ – so nennt Matthias Fichtmüller die Entwicklung des Oberlinhauses in den vergangenen Jahren. Fichtmüller ist theologischer Vorstand der Babelsberger Institution, die längst ein großes Unternehmen ist. Das Oberlinhaus hat die Zahl seiner Mitarbeiter seit 2006 fast verdoppelt. Es beschäftigt rund 1800 Menschen, verteilt auf 13 verschiedene Gesellschaften, darunter die Oberlinklinik und die „Lebenswelten“ als Betreiber der Betreuungseinrichtungen für behinderte Menschen und von Kitas. Dazu gehören zudem die Rehaklinik, Werkstätten und das Berufsbildungswerk. Die meisten Einrichtungen befinden sich auf dem Campus in Babelsberg, doch es gibt mittlerweile auch Standorte in Berlin, Bad Belzig, Werder (Havel), Kleinmachnow und Michendorf.
Und das Wachstum bei Oberlin geht weiter. „Unsere größte Baustelle ist derzeit der Neubau, in dem zwei neue OP-Säle entstehen sollen“, sagt Fichtmüller. Bisher ist noch nicht viel zu sehen auf der Baufläche zwischen der Oberlinschule und dem bisherigen OP-Gebäude der orthopädischen Fachklinik, an das der Neubau angedockt wird. Der Plan: 2018 soll das Gebäude mit einer Fläche von 1100 Quadratmetern nutzungsbereit sein. Nach Fertigstellung sollen die Chirurgen dorthin umziehen, während die drei alten OP-Säle in den folgenden Jahren modernisiert werden. 7,2 Millionen Euro kosten Neubau und Sanierung zusammen. 2020 soll auch das abgeschlossen sein, sodass anschließend fünf Säle für Operationen zur Verfügung stehen.
Weniger Keime durch neue Belüftungstechnik?
Also auch mehr Operationen? „Nein, so einfach geht das nicht“, sagt Fichtmüller. Denn das lege die Klinik nicht allein fest. Vielmehr werden die Fallzahlen mit den Krankenkassen verhandelt. 5000 Operationen werden derzeit in der Oberlinklinik pro Jahr durchgeführt und diese Zahl werde, so der Vorstand, auch kurzfristig nicht wesentlich erhöht werden können. Deshalb seien die Wartezeiten auf Behandlung und Operationen zum Teil auch viele Monate lang, die Nachfrage sei sehr hoch. „Wir würden aber gerne mehr machen“, so Fichtmüller. Doch für mehr OPs brauche man auch mehr Betten. Die neuen OP-Kapazitäten könnten jedoch unter anderem für HNO-Patienten genutzt werden. Seit eineinhalb Jahren hat die Oberlinklinik auch eine Fachabteilung für Hals, Nase und Ohren. Diese Operationen sind oft ambulant, die Patienten können also danach direkt nach Hause.
Stolz ist Fichtmüller auf die Hightech-Belüftungsanlage, die in die neuen Operationssäle eingebaut wird, ein Patent aus Schweden. „Wie eine Dusche kommt da kühle Luft über dem OP-Tisch nach unten, es gibt weniger Verwirbelung und dadurch weniger Keime“, erklärt er. Dies sei „einmalig in Deutschland“.
Neue Wohnungen für Taubblinde
Der OP-Neubau reiht sich in eine ganze Abfolge von Projekten auf dem Gelände, bei denen saniert oder gebaut wurde und wird. Gerade beendet ist die Sanierung des sogenannten Feierabendhauses. Hier sind Wohngruppen für Taubblinde entstanden. 18 wohnten schon vorher auf dem Gelände und sind jetzt in das sanierte Haus umgezogen, zwölf weitere Plätze wurden neu geschaffen und sollen nun nach und nach besetzt werden. „Die Betreuung ist sehr personalintensiv, in vielen Fällen eins zu eins, deshalb haben wir auch gerade besonders viele Stellen ausgeschrieben“, erklärt Fichtmüller. Die erwachsenen taubblinden Menschen können, gemeinsam mit den Bewohnern eines Hauses für taubblinde Kinder und den taubblinden Schülern der Schule nebenan, den Sinnesgarten nutzen, der mit 200 000 Euro Spendengeldern angelegt wurde. Verschiedene Untergründe laden dort zum Barfußgehen ein, alle Pflanzen können gerochen und probiert werden.
Ebenfalls in den letzten Zügen liegt die Sanierung des Handwerkerhauses. „Wir wollen es bis Ende des Jahres übergeben“, so Fichtmüller. Neben einem orthopädischen Fachgeschäft, das schon im Erdgeschoss seinen Sitz hat, soll das Obergeschoss an eine externe Kinder- und Jugendpsychiatrie vermietet werden.
Ein neuer Hörpunkt soll in Wolfsburg entstehen
Einige der Häuser auf dem Gelände sind noch sanierungsbedürftig, darunter das sogenannte Mutterhaus, in dem die Verwaltung untergebracht ist. „Bisher haben wir uns auf die Leistungsbereiche konzentriert“, so Fichtmüller. Denn mit ihnen verdiene man Geld. 104 Millionen Euro Umsatz verzeichnete das Oberlinhaus 2016, davon blieben 1,5 Prozent Gewinn übrig. „Zu wenig“, so Fichtmüller.
Um neue Märkte zu erschließen, expandiert das Oberlinhaus erstmals auch außerhalb der Länder Brandenburg und Berlin. Innerhalb der nächsten sechs Monate soll in Wolfsburg eine Filiale des „Hörpunktes“ entstehen. Dort können Gehörlose, die ein Implantat bekommen haben, ihre neuen Fähigkeiten anwenden lernen. In Potsdam und Berlin gibt es einen solchen „Hörpunkt“ schon, nun habe eine Klinik in Wolfsburg angefragt, die solche Operationen durchführt.
Und es Pläne gibt weitere Pläne. Fichtmüller möchte, dass das Oberlinhaus auch in Babelsberg über den Campus hinaus wächst. „Denn das Gelände hier ist voll, da geht nichts mehr.“ Bisher sei nichts spruchreif, doch schon seit Längerem führten er und seine Kollegen Gespräche, um zusätzlich ein leer stehendes Gelände gegenüber in der Glasmeisterstraße zu erwerben. „Dort würden wir gerne eine weitere Kita bauen, Parkplätze, die Oberlin-Lebenswelten könnten ihre ambulanten Dienste weiter ausbauen und es könnten zusätzliche Wohnformen für Menschen mit Behinderung geschaffen werden“, sagt der Vorstand.
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