Stadtwerke-Skandal: Korruptionsverdacht in Potsdam: „Nicht plausibel“
Nicht nachvollziehbare Kostensteigerungen und fehlende Vertragsgrundlagen: Wirtschaftsprüfer beanstanden zurückliegende Bauprojekte der Stadtentsorgung (Step) unter Führung von Ex-Chef Holger Neumann und Prokuristin Petra V.
Potsdam - Die überdurchschnittlich bezahlte Step-Prokuristin Petra V. war vor ihrem Ausscheiden aus der Stadtwerke-Tochter für Bauvorhaben zuständig – bei denen es laut aktuellen und den PNN vorliegenden Stellungnahmen der weltweit aktiven Beeh & Happich Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Standort Potsdam, zu zahlreichen erheblichen Unregelmäßigkeiten gekommen ist. Konkret geht es um die Sanierung der Kantine der Step und der Sanitärräume – und einen Rahmenvertrag mit der in der Vergangenheit schon mehrfach im Auftrag der Stadtwerke tätigen Gneise Planungsgesellschaft aus Berlin.
Dieser Vertrag wurde laut Prüfern im Dezember 2007 mit der Stadtentsorgung (Step) über vor allem Architekten-, Ingenieur- und Technikleistungen geschlossen. Verlängert wurde er von den Step-Chefs Enrico Munder und Holger Neumann für 2010 und 2011 und dann noch einmal von Petra V. und Neumann – bis er im Dezember 2015 endete. Bis dahin waren 1 046 424 Euro geflossen. Speziell die letzte Verlängerung des Vertrags durch V. und Neumann verstoße gegen im Unternehmen geltende Unterschriftenregelungen als auch gegen den Gesellschaftsvertrag, so Beeh & Happich in einer vertraulichen Stellungnahme an die Stadtwerke vom 18. Mai 2016. Ebenso hätte mindestens bei der zweiten Verlängerung des Vertrags zwischen Step und Gneise eine Ausschreibung erfolgen müssen – daher sei gegen Vergaberegeln für öffentliche Auftraggeber verstoßen worden.
Kostensteigerung von über 100 Prozent
Für Fragen sorgt auch die Sanierung der Kantine selbst im Zeitraum 2012 bis 2014 in Verantwortung von Neumann, Petra V. und einem weiteren Step-Objektverwalter. Zunächst sei gemeinsam mit der Gneise von bis zu 45 000 Euro Kosten ausgegangen worden. Tatsächlich hätten die Kosten aber dann bei 114 500 Euro gelegen. „Aus den vorgelegten Unterlagen lässt sich diese Kostensteigerung (über 100 %) nicht nachvollziehen“, so die Prüfer. Auch sei die Höhe der Steigerung „nicht plausibel“.
Für offene Fragen sorgt auch die Sanierung der Step-Sanitärräume inklusive der Behebung eines Wasserschadens in den Jahren 2012 und 2013 – mit denselben Protagonisten inklusive dem Gneise-Baumanagement. Auch für dieses Projekt attestieren die Prüfer „falsch abgerechnete Massen“, „nicht nachvollziehbare Preiserhöhungen“, „fehlende Vertragsgrundlagen“ und „lückenhafte Dokumentation“.
Wegfall der Vertrauensbasis zu Petra V.
Speziell nach einer ersten Untersuchung der Sanitärtrakt-Sanierung hatte der damalige Step-Technikchef Enrico Munder am 11. Dezember 2014 dem Minderheitsgesellschafter Remondis in einem Schreiben angezeigt, er beantrage wegen des eingetretenen Wegfalls der Vertrauensbasis zu Petra V. den „sofortigen Widerruf der Prokura.“ Das sei nötig, um den Betriebsfrieden zu sichern und künftig Schaden von der Step und dem Unternehmensverbund abzuwenden. Das selbe Schreiben mit der Forderung nach personalrechtlichen Schritten sei auch an Stadtwerke-Chef Böhme gegangen.
Die Stadtwerke teilten auf PNN-Anfrage zu den beanstandeten Bauprojekten lediglich mit, die Untersuchungen dazu seien nicht abgeschlossen – daher könnten noch keine Aussagen zum Schaden für das Unternehmen getroffen werden.
Abfindung von 169.000 Euro
Frau V. ist inzwischen nicht mehr bei der Step. Für sie gilt ein Aufhebungsvertrag bis Ende des Jahres. Die Höhe ihrer Abfindung betrug laut eines Berichts der Berliner Kanzlei Raue 169 000 Euro. Im Geschäftsjahr 2014 erhielt sie laut internem Bezügebericht Gesamtzuwendungen von 159 974,48 Euro.
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