Kommentar | Neubau der Synagoge: Neues Wahrzeichen in Potsdams Mitte
Im Potsdamer Synagogenstreit wurde ein Durchbruch erzielt. Der Baubeginn ist für das Frühjahr 2021 angepeilt. Ein Kommentar von Rabbiner Prof. Walter Homolka.
Heute ist endlich der Architekturentwurf Jost Haberlands angenommen worden, der Potsdams Neue Synagoge zu einem Wahrzeichen in Potsdams Mitte machen wird. Kann sich überhaupt noch jemand an den Anfang der Debatten um diesen Neubau erinnern? Einen bitteren Nachgeschmack werde ich nicht los, wenn ich an die zehn Jahre innerjüdisches Hin und Her denke, die dem Angebot des Landes Brandenburg gefolgt sind, eine Synagoge an zentraler Stelle zu errichten. Das liegt auch daran, dass vor allem über diese Frage die jüdische Gemeinschaft in mittlerweile vier Gemeinden zerfallen ist, die sich zwar in verschiedenen Schattierungen orthodox ausrichten, aber eben zu keiner Einheit gefunden haben.
Eine scheinbar unlösbare Aufgabe bot sich den vier Ministerinnen, die die Genehmigung des Architekturentwurfs beschäftigt hat: Johanna Wanka, Sabine Kunst, Martina Münch und nun auch Manja Schüle. Sie hat jetzt in einer Mischung aus Empathie, Charme und Courage die Quadratur des Kreises vollbracht und das Projekt damit einen großen Schritt vorangetrieben.
Was ist eigentlich eine Synagoge?
Vor Jahren bereits war das Grundstück an der Schloßstraße baufertig gemacht worden. Seit 2018 wird dort jedes Jahr der Pogromnacht des 9. November gedacht. Und so können wir hoffen, dass 2021 der Grundstein für eine Heimstätte jüdischen Lebens in Potsdam gelegt werden kann, rechtzeitig zum Jubiläum „1700 Jahre Jüdisches Leben in Deutschland“, 30 Jahre nach Wiedergründung einer Jüdischen Gemeinde in Potsdam und 20 Jahre nach Errichtung des Abraham Geiger Kollegs an der Universität Potsdam.
Was ist eigentlich eine Synagoge? Vor allen Dingen ein würdiger Saalbau zur Aufbewahrung der Torarolle, auf denen in hebräischer Sprache die fünf Bücher Mose geschrieben stehen. Ist diese Rolle anwesend, verleiht sie dem Gebäude Heiligkeit, ohne sie ist das Gebäude profan.
Also eigentlich kein so schwieriges Bauvorhaben sollte man meinen: ein Gemeindezentrum für Verwaltung, Aktivitäten aller Altersstufen mit einem zentralen Sakralraum zur Versammlung für Gebet und Lernen der jüdischen Tradition. Dennoch schienen die Ansichten unüberbrückbar, obwohl sich viele Moderatoren versucht hatten, darunter auch die Zentralwohlfahrtsstelle des Zentralrats der Juden in Deutschland – und auch ich. Ich meine, der Entwurf von Jost Haberland, zumal nach den vielfältigen Änderungen, verbindet auf harmonische Weise alle religiösen und säkularen Erfordernisse mit moderner architektonischer Formsprache. Wir dürfen auf die weitere Ausführung des Vorhabens gespannt sein und freuen uns auf eine zeitnahe Realisierung.
Das ist nun erforderlich
Das große Interesse aus Medien und Zivilgesellschaft macht deutlich, dass jüdisches Leben in Potsdam und ganz Brandenburg große Solidarität und Wertschätzung erfährt. Mit dem Gebäude erhält die jüdische Gemeinschaft hier einen Focus nach innen, eine äußere Sichtbarkeit und damit eine Chance für die Zukunft.
Was nun erforderlich ist: innerjüdische Einheit muss wachsen, damit der Bau nicht zum Mausoleum wird. Wir brauchen eine Einheitsgemeinde im besten deutschen Sinn: ein Ort der Sammlung von Juden mit unterschiedlichen Traditionen, die unter einem Dach respektvoll miteinander umgehen, statt sich in aller Öffentlichkeit zu bekriegen und herabzuwürdigen.
Das liberale Judentum hat derweilen die letzten zehn Jahre des Streits dazu genutzt, ihre Synagoge im Kontext der beiden Rabbinerseminare und der Jüdischen Theologie an der Universität Potsdam einzurichten. Dort und nicht in der Schlossstrasse wird nun 2021 die erste Synagoge Potsdams nach der Schoa eröffnet.
Rabbiner Prof. Walter Homolka ist Geschäftsführender Direktor des Instituts für Jüdische Theologie der Universität Potsdam
Walter Homolka
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