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Eine Aufnahme vom Neuen Markt. Wann sie entstanden ist, ist unklar.
© Werner Taag

Foto-Schatz gehoben: Museum kauft Tausende alte Potsdam-Fotos

Über Jahrzehnte hat Werner Taag Potsdam fotografiert. Nun will das Potsdam-Museum sein Erbe erschließen. Dafür läuft im Internet eine Spendensammlung.

Potsdam - In Taschen und Tüten kam alles an. Jetzt steht das meiste davon im Depot – etwa anderthalb laufende Regalmeter, wie Judith Granzow vom Potsdam Museum erzählt. Inhalt des Sammelsuriums: Mehrere Ordner mit Kleinbildfilmen, darauf zigtausende Aufnahmen mit Motiven aus Potsdam, fotografiert von dem Amateurfotografen Werner Taag. Auch zahlreiche Fotoabzüge sind dabei, unter anderem Großformate, die offenbar für Ausstellungen angefertigt wurden. Entstanden sind die Aufnahmen über mehrere Jahrzehnte seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs. 

Seine letzten Fotos stammen aus den 1990ern

Die letzten Fotos machte Taag in den 1990er-Jahren, bis vor seinem Tod am 20. Oktober 1998. Hauptberuflich war der Potsdamer von 1945 bis 1980 als Elektro- und Fahrleitungsmonteur beim städtischen Verkehrsbetrieb beschäftigt – die Fotografie begleitete ihn aber ein Leben lang. Schon sein Vater, Reinhold Taag, war Hobbyfotograf und begeisterte seinen Sohn, Alltagsmomente mit der Kamera festzuhalten.

Werner Taag war jahrzehntelang in Potsdam mit seiner Kamera unterwegs. Besonders häufig fotografierte er die Entwicklungen rund um denAlten Markt.
Werner Taag war jahrzehntelang in Potsdam mit seiner Kamera unterwegs. Besonders häufig fotografierte er die Entwicklungen rund um denAlten Markt.
© Ivo Koehler

Erst im vergangenen Jahr hatte das Potsdam Museum die fotografische Fundgrube Taags ankaufen können. Nun soll die Fotosammlung fachgerecht sortiert und digitalisiert werden. Dabei sollen Honorarkräfte helfen. Um das dafür nötige Geld einzuwerben, hat der Förderverein des Potsdam Museums im Internet eine Spendenaktion gestartet. Auf der im vergangenen Dezember von den Potsdamer Stadtwerken eingerichteten Crowdfunding-Plattform www.potsdam-crowd.de wird seit vergangener Woche um Spenden für das Fotoprojekt geworben. Der Förderverein des Potsdam Museums will so bis zum 10. März mindestens 5000 Euro einwerben. Als Dankeschön gibt es limitierte Postkartensets zu den Themen Verkehr, DDR-Architektur, Abriss und Wiederaufbau oder eine Eintrittskarte zur exklusiven Vorstellung des angekauften Konvoluts.

Die Chancen der Spendensammlung stehen gut

Wird die Spendensumme erreicht, kann die Erschließung des Fotoschatzes beginnen. Wenn nicht, erhält jeder Unterstützer sein Geld zurück. Auch die Stadtwerke zahlen in den Topf ein. Bis zum gestrigen Abend verzeichnete die Plattform bereits eine Spendensumme von 2200 Euro. Da dieses Geld schon nach nur wenigen Tagen eingeworben werden konnte, stehen die Chancen wohl gut, dass die Spendenaktion erfolgreich verläuft – und die angekauften Filme und Fotoabzüge für die interessierte Öffentlichkeit erschlossen werden können.

Die Geschichte des Ankaufs der Bilder im vergangenen Jahr begann mit einem Telefonat, wie Markus Wicke Chef des Fördervereins des Potsdam Museums berichtet. Ein Mitglied des Vereins hatte Wicke angerufen und gesagt, er wisse, bei wem sich der fotografische Nachlass Taags befinde. „Ich war natürlich sofort elektrisiert“, sagt Wicke. Das Fotomaterial befand sich im Besitz eines Familienmitglieds Werner Taags in Potsdam. Der Kontakt war schnell hergestellt. Und so konnten die historischen Aufnahmen des Amateurfotografen für das Potsdam Museum angekauft werden. Unterstützung erhielten der Förderverein und das Museum dabei von mehreren privaten Förderern und den Potsdamer Stadtwerken. Wie üblich, wenn dem Förderverein des Potsdam Museums ein solcher Coup gelingt, machen Verein und Museum auch diesmal keine Angaben zum Kaufpreis.

Einige von Taags Bildern waren bereits ausgestellt worden

Ein Unbekannter war Taag für das Museum und die Potsdamer Fotografenszene nicht. So waren einige seiner Aufnahmen beispielsweise 2006/07 in der von Peter Herrmann kuratierten Ausstellung „Auslöser Potsdam – Photographen und ihre Bilder von 1850 bis heute“ im Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte zu sehen. Das Potsdam Museum besaß zudem schon vor dem jetzigen Ankauf schätzungsweise 100 bis 200 Aufnahmen von Taag, sagt Museumsmitarbeiterin Granzow.

Sie hat sich über die nun neu erworbenen Aufnahmen bereits einen ersten Überblick verschafft. Demnach fand Taag viele Motive in der Potsdamer Innenstadt. „Abriss und Aufbau hat er sehr intensiv fotografiert“, sagt Granzow. So sind auf seinen Bildern beispielsweise die vom Krieg beschädigte Nikolaikirche und das Alte Rathaus zu sehen, aber eben auch der Neubau des noch heute als Bibliothek genutzten Hauses am Südende des Platzes der Einheit. Auch hat Taag den Alten Markt abgelichtet, nachdem dieser zu einem großen Parkplatz mit einer zum Havelufer hin gelegenen Grünfläche umgestaltet worden war. 

Er schoss auch viele Fotos von Potsdams Straßenbahntrassen

Taag fotografierte jedoch längst nicht nur das Stadtzentrum. Auch den Aufbau der Waldstadt im Potsdamer Süden dokumentierte er mit seinen Fotos. Und, seiner eigentlichen Profession beim Verkehrsbetrieb folgend, machte er überdies zahlreiche Aufnahmen von Arbeiten an Straßenbahntrassen. Den Babelsberger Oberleitungsbus hat der Amateurfotograf ebenfalls mit der Kamera verewigt. Taag war mit seinem Fotoapparat immer mittendrin im städtischen Leben: Man sieht auf seinen Bildern Verkehrspolizisten, Kinder, Radfahrer oder Bauarbeiter. Keine Inszenierungen im Stile eines Max Baur, stattdessen Alltagsszenen.

Schon Taags Vater Reinhold war leidenschaftlicher Hobbyfotograf. 1922 gründete er gemeinsam mit anderen die Vereinigung der Fotofreunde Nowawes. Anfang der 1930er-Jahre eröffnete er das Café Taag in der Siedlung Eigenheim – heute noch unter dem Namen Waldcafé in Betrieb. Das Lokal, so Granzow, sei so etwas wie die Heimstätte der Fotofreunde Nowawes geworden. Kein Wunder also, dass auch Reinholds Sohn Werner zur Fotografie kam.

Jetzt erfahren die Aufnahmen neue Aufmerksamkeit

Der machte zunächst eine Lehre als Elektriker bei der Lokomotivfabrik Orenstein & Koppel. Im Zweiten Weltkrieg war er als Soldat in Norwegen und Finnland, gründete in seiner Einheit einen Fotozirkel. Unter den frisch ins Potsdam Museum gelangten Bildern finden sich auch Fotos aus dieser Zeit. Nach dem Krieg, 1949, war Taag Mitbegründer der Fotografischen Gemeinschaft, dem späteren Fotoclub Potsdam. Seit 1952 wurden seine Aufnahmen in Ausstellungen gezeigt.

Mit der nun geplanten Erschließung seines Bestandes könnten Taags Arbeiten künftig stärker als bisher im Bewusstsein der Stadt präsent sein. „Ich freue mich schon auf das Projekt“, sagt Granzow.

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