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Potsdam: Mit Pottasche auf alt gemacht

Am Schloss Cecilienhof beginnt die Hüllensanierung. Vor allem das Dach ist eine Herausforderung

Nauener Vorstadt - Solides Eichenfachwerk, eine Stützkonstruktion aus genietetem Stahl, Sandsteinquader, deren Fugen seit der Erbauung keinen Millimeter breiter geworden sind: Schloss Cecilienhof, ist sich Olaf Saphörster sicher, sei nur deswegen heute noch in einem so guten Zustand, weil damals hervorragende Handwerker mit hochwertigsten Materialien eine ausgezeichnete Arbeit abgeliefert haben. Doch weil seit der Erbauung in den Jahren 1913 bis 1918 nichts Grundlegendes mehr am Schloss gemacht wurde, „hat das Haus auch gelitten“.

Saphörster ist als Projektkoordinator der Schlösserstiftung dafür zuständig, dass sich dieser Zustand ändert. 9,7 Millionen Euro aus dem Masterplan zur Rettung bedrohter Preußenschlösser gibt die Stiftung bis Ende 2017 für eine Generalinstandsetzung der für das Kronprinzenpaar Cecilie und Wilhelm erbauten Residenz im Neuen Garten aus. Im April musste bereits das von der Relexa-Kette betriebene Schlosshotel ausziehen, seitdem hat die Stiftung eine neue Abwasseranlage einbauen lassen. Ab jetzt geht es an die historische Bausubstanz.

Das Hauptproblem sei das Dach, erklärte Saphörster am Freitag bei einem Rundgang über die Baustelle. Die Dachlatten seien marode und müssten ausgetauscht werden. Die eigentliche Herausforderung aber sind die Ziegel. 350 000 Stück liegen auf der riesigen Dachlandschaft des Schlosses, das sich um fünf Innenhöfe herum erstreckt. Weil der Kronprinz ein Britannien-Fan war und seine Residenz im englischen Landhausstil bauen ließ, ist auch die Dachdeckung englisch. Das heißt, die Ziegel sind nicht abgerundet, wie beim hierzulande typischen Biberschwanz, sondern rechteckig. Woher sie ursprünglich stammten, konnte die Stiftung bislang nicht aufklären, aus England jedenfalls nicht.

Seit Monaten wird in einer pfälzischen Ziegelei nach den Wünschen der Schlösserstiftung experimentiert, um Ziegel nachzubrennen, die dem Original möglichst nahekommen. Und zwar nicht nur was die Form, sondern auch was die Farbe angeht. Denn die neuen Ziegel sollen sich von den historischen optisch so wenig wie möglich abheben. Damit sie das schwärzlich verwitterte Aussehen bekommen, würden die Ziegel vor dem Brennen mit Pottasche besprüht, sagte Saphörster. Ein knappes Drittel der historischen Ziegel müsse ersetzt werden, schätzt er. Damit das möglichst wenig auffällt, sollen bei der Neueindeckung alte und neue Ziegel gemixt werden.

Ab dem kommenden Frühjahr wird das Schloss abschnittsweise eingerüstet. Neben dem Dach wird auch die Fassade instandgesetzt. Zwar ist die Substanz auch hier zumeist noch in gutem Zustand. Doch rund um die Regenrinnen haben Putz und Eichenfachwerk durch das Wasser so sehr gelitten, dass sie erneuert werden müssen. Zudem muss die Stiftung die Natursteine des Schlosssockels neu verfugen lassen. Gleiches gilt auch für die Terrassenmauern.

Der heikelste Teil der Arbeiten beginnt allerdings erst 2016. Dann soll das Dach über der Halle repariert werden, in der 1945 die Potsdamer Konferenz stattfand. Überall sonst im Schloss ruht der Dachstuhl auf Stahldecken, über dem bereits restaurierten Konferenzsaal jedoch nicht. Um den wertvollen Raum vor Witterungseinflüssen zu schützen, soll die Reparatur unter einer Einhausung durchgeführt werden, so Saphörster. „Das ist wie eine Operation am offenen Herzen.“

Doch nicht nur an der Fassade wird gearbeitet. Bereits über den kommenden Winter soll mit der Erneuerung der Leitungen im Schloss begonnen werden. Über Putz verlegte Heizrohre aus DDR-Zeiten werden entfernt, stattdessen sollen neue Rohre in die alten Schächte aus der Erbauungszeit eingesetzt werden. Auch die Elektroleitungen werden erneuert. Alle Medien werden so verlegt, dass Schlossmuseum und Hotel künftig unabhängig voneinander gesteuert werden können, was bislang nicht der Fall war.

Nach Abschluss der Sanierung wird es auch für die Schlossbesucher ein neues Schmankerl geben. Das repräsentativste der einst zwei Appartements, in dem das Kronprinzenpaar seine Gäste unterbrachte, soll nach historischem Vorbild restauriert und anschließend Teil des Museumsrundgangs werden. In den Räumen mit exklusivem Blick auf den Ehrenhof des Schlosses wohnte einst Kronprinzessin Cecilies Schwester, Königin Alexandrine von Dänemark, deren Enkelin, Königin Margrethe II., erst an diesem Mittwoch in Potsdam weilte (PNN berichteten). Viel der originalen Einrichtung des Gästeappartements, das noch bis vor Kurzem als Büro genutzt wurde, ist erhalten geblieben. So befänden sich die kostbare Wandbespannung mit Blumenmotiven und der Teppich noch im Depot im Neuen Palais, sagte Matthias Simmich, Vize-Bereichsleiter von Cecilienhof.

Für die Besucher dürfte vor allem der Vergleich mit den benachbarten Kronprinzengemächern interessant sein. Zum Beispiel das Bad. Selbstverständlich ließ das Gäste-WC mit Badewanne, Marmorwaschtisch und Brausekopf keinen Komfort vermissen. Aber das Bad des Kronprinzen ist mindestens doppelt so groß. Und um einiges mondäner.

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